Ein Ausbau des Verkaufsnetzes von 115 auf 150 Filialen schwebte Marionnaud-Firmengründer und Hauptaktionär Marcel Frydman vor, als er den Schweizer Marktführer Alrodo übernahm. Drei Jahre sind seither verstrichen, und das Expansionsziel ist in so weite Ferne gerückt, dass der Chef davon gar nichts mehr wissen will. Seit der Übernahme wurden mehr unrentable Läden geschlossen, als neue eröffnet wurden. Im Moment ist Marionnaud noch an 104 Verkaufspunkten in der Schweiz aktiv. «Wir stecken in der Restrukturierung», erklärt Firmensprecherin Ghislaine Derrien zur Entwicklung, die man bestenfalls als Treten an Ort interpretieren kann. Bei der Frage nach dem Geschäftsgang verweist sie auf Pressemitteilungen des börsenkotierten Konzerns. Fürs erste Halbjahr 2003 wird für die Schweizer Filialen ein Umsatz von 40,8 Mio Euro ausgewiesen. Das sei im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode ein Plus von 6%.

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Die Zahl überrascht angesichts des geschrumpften Filialnetzes und der lahmen Konjunktur in der Schweiz. Soll man gutgläubig annehmen, dass die Konsumenten ausgerechnet in schlechteren Zeiten mehr Geld für teure Parfüms ausgeben? Bei den Konkurrenten von Marionnaud jedenfalls tönt es bezüglich Konsumentenstimmung nicht gerade euphorisch. «Die Käufer drehen den Franken mindestens zweimal um», sagt Ernst Hopfgartner, Geschäftsführer von The Body Shop.

Es lohnt sich, den alten Marionnaud-Geschäftsbericht fürs erste Halbjahr 2002 genauer zu lesen. Dort wird ein Umsatz von 48,7 Mio Euro für die Schweiz ausgewiesen. Wer jetzt genau nachrechnet, kommt zum erstaunlichen Schluss: Statt mit 6% im Plus liegt Marionnaud in der Schweiz in diesem Jahr mit 16% im Minus. Man habe eben auf vergleichbarer Basis gerechnet, lässt Derrien dazu verlauten. Das heisst: Die inzwischen geschlossenen Filialen wurden aus dem Halbjahresvergleich gekippt.

Discounter im Vormarsch

Ohne Zahlenakrobatik bleibt ein ernüchterndes Resultat: Die Umsätze von Marionnaud sind 2003 drastisch eingebrochen. Der bisherige Marktführer in der Schweiz wird seine Leader-Position an die Import-Parfümerien verlieren. Das dürfte umso mehr schmerzen, als Marionnaud bereits im letzten Jahr ein Minus von 3,8% zu verkraften hatte. Die Import-Parfümerien (Impo) als grösster Konkurrent steigerten sich hingegen um 2,9%. Die Rechnung der Franzosen, die den einstigen Discounter Alrodo in eine Kette von Fachgeschäften für gehobene Kundschaft umgewandelt haben, ist bisher also nicht aufgegangen.

Laut Derrien hat man viel Zeit und Geld in die Schulung des Personals investiert, und das soll eines Tages doch noch Früchte tragen. Marionnaud bietet zwar den Kunden ein komplettes Sortiment mit je nach Ladengrösse 12000 bis 20000 Produkten an, mit allen Klassikern von Armani über Chanel bis Yves Saint Laurent. Doch beim Konkurrenten Impo sind die duftenden Produkte um 20% günstiger. Impo kauft 40% via billigeren Parallelimport ein. Bei Migros und Denner, wo die Parfüms gar 40 bis 60% günstiger als im Fachgeschäft angeboten werden, ist der Parallelimport der normale Bezugskanal. Marionnaud hingegen deckt sich ausschliesslich über die selektiven Distributionskanäle der Hersteller und Importeure ein. Diese geben verbindliche Preisempfehlungen heraus, und Preisbrecher werden sofort boykottiert.

Manor und Douglas erfolgreicher

«Bei uns finden die Kunden ihr Lieblingsparfüm immer, während es beim Parallelimporteur vom Zufall abhängt, ob das gewünschte Duftwasser gerade vorrätig ist», betont Derrien. Doch die stete Verfügbarkeit ist bei den Konsumenten nur ein Argument. «Noch wichtiger ist vielen Käufern ein günstiger Preis», sagt Denner-Einkaufschef Hans-Rudolf Brauchbar. Dafür nehmen sie eine eingeschränkte Auswahl und den Verzicht auf Beratung gerne in Kauf. Die Discounter haben, weil die Margen im normalen Fachhandel bei 40 bis 70% liegen, grossen Spielraum. Laut Denner-Chef Philippe Gaydoul kostet ein Parfüm, für das der Kunde im Laden 100 Fr. bezahlt, in der Herstellung lediglich ein paar Fr. Wenn also Denner die Duftwasser zum halben Preis anbietet, bleibt immer noch ein hübscher Profit in der Kasse.

«Preisbrecher machen uns kein Bauchweh», gibt sich Derrien gelassen. Zudem werde jedem, der das gleiche Parfüm innert 30 Tagen irgendwo billiger kriege als bei Marionnaud, die Differenz rückvergütet. Sie stellt klar: «Wir distanzieren uns von der Parallelimport-Philosophie.» Das Gleiche gilt auch für Konkurrenten wie Globus, Manor und Douglas, die ebenfalls im mittleren und oberen Segment angesiedelt sind, aber offenbar glücklicher operieren als Marionnaud. Manor-Marketingleiter Maurice Calanca spricht von einem guten Jahr 2003 in der Parfümerie und rechnet mit einem Wachstum von 2%. Douglas hat in diesem Jahr die zehnte Filiale (in Spreitenbach) eröffnet und wird 2004 mit weiteren Shops in Lausanne und Luzern das Dutzend vollenden.

Die Konkurrenten heizen Marionnaud also ein. Mit einem internationalen Konzern im Rücken mögen die Franzosen zwar über den langem Atem verfügen, den es für eine schleppende Restrukturierung braucht. Die Zahlen sehen auf dem Heimmarkt Frankreich und in verschiedenen weiteren Ländern zum Glück deutlich besser aus als in der Schweiz. Wie lange allerdings die Zentrale Geduld hat mit dem schwierigen Schweizer Markt, der immerhin 9% des gesamten Umsatzes bedeutet, ist umstritten. Fürs Halbjahr 2003 ist zwar ein bescheidener Gewinn von 0,6 Mio Euro für die Schweizer Läden ausgewiesen worden, was allerdings mit Vorsicht zu geniessen ist: Wer will es einem Parfümkonzern schon verargen, dass auch nüchterne Zahlen etwas besser duften sollen!

The Body Shop

Wie Marionnaud hat auch The Body Shop sein Filialnetz innert Jahresfrist verkleinert, von 53 auf 48 Läden. Geschlossen wurden Shops in Chur, Frauenfeld, Genf, La Chaux-de-Fonds und in Sierre. «Der Markt ist deutlich härter geworden; wir sind zufrieden, wenn wir die Umsätze in diesem Jahr wenigstens halten können», so Geschäftsführer Ernst Hopfgartner. Im letzten Jahr tätigte The Body Shop einen Umsatz von 37 Mio Fr., genau so viel wie im Jahr 2001. Die Kosmetik- und Parfümkette stösst in der Schweiz offensichtlich an Grenzen. Expansion und Umsatzwachstum drifteten seit längerem auseinander. Vor zehn Jahren erzielte die Kette mit 27 Verkaufsstellen einen Umsatz von 23 Mio Fr. Dieser konnte trotz einer Verdoppelung der Verkaufsstellen bis Ende 2002 nur noch um ein Drittel gesteigert werden. (ps)

Die grössten Parfümerien

Umsatz 2002 in Mio Fr.

Marionnaud 151

Import-Parfümerien AG 140

Manor *110

Douglas *58

Globus *55

The Body Shop 37

*Schätzungen (geben keine Umsatzzahlen bekannt) Quellen: IHA/«Handelszeitung»