Management

Mit allen Wassern gewaschen», ruft das Inserat dem Leser zu, «Bellheim-Typ hat wieder Lust, in freier Mitarbeit Probleme anzugehen». Der Mann, der da für sich wirbt, ist 60 Jahre alt, Ökonom, war viele Jahre Geschäftsführer. Mehrfach hat er dabei auch hart anpacken müssen und sich als Sanierer bewiesen.

Typen wie diese sind gefragt: Manager auf Zeit, die für Unternehmen in schwierigen Zeiten Probleme lösen personifiziert etwa durch Mario Adorf. Der Schauspieler schlüpfte in die Rolle eines Interimsmanagers, um in der TV-Serie «Der grosse Bellheim» das Warenhaus gleichen Namens zu sanieren. Der erfahrene Chef stieg in das Turnaround-Projekt ein und holte zwei weitere Managerkollegen aus dem Ruhestand, die sich ebenfalls auf Zeit an der Sanierung des Kaufhauses Bellheim beteiligten.

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Ähnliche Geschichten gibt es auch im wirklichen Leben. Ein Beispiel von SIG Pack Systems: Dem Verpackungsanlagenhersteller fehlten zwei Manager, um einen 20 Mio. Fr. schweren Grossauftrag zu bearbeiten. Es musste, wie oft in solchen Fällen, schnell gehen. Die Lösung brachten zwei Interimsmanager: Über einen spezialisierten Vermittler, die Zürcher Brainforce AG, wurden Beschaffungsexperten genau mit der gesuchten Qualifikation angeheuert. «Diese Investition hat sich für uns sehr gelohnt», sagt Andreas Steiner von SIG Pack Systems.

Interimsmanagement entspricht dem Zeitgeist. «Viele Unternehmen brauchen flexiblen Personaleinsatz», beschreibt Markus Meyer von der Ad Interim Management AG, Zürich, die Bedarfslage. Fest angestellte Mitarbeiter werden nur noch für die Kernkompetenz bereit gehalten der Rest der Aufgaben muss aus anderen Quellen abgedeckt werden. Dann ist Interimsmanagement der Weg der Wahl. Typische Fälle, in denen der Manager auf Zeit zum Einsatz kommt: «Krisenmanagement, Sanierung, Überbrückung, Spezialprojekte», zählt Carlo von Ah von der Top Fifty AG in Zug einige der üblichen Einsatzgebiete auf. 1500 bis 2000 Interimsmanager arbeiten in der Schweiz, mit steigender Tendenz, fand Marcel Schill in seiner Studie «Management auf Zeit eine Alternative» für das Institut für Organisation und Personal (IOP) der Universität Bern heraus.

Spitzenjobs auf Zeit

Oft werden auch Jobs an der Spitze mit Interimisten besetzt. Beispiele: Apple etwa wurde eine Zeitlang von Steve Jobs, dem schon aus dem operativen Geschäft ausgeschiedenen Gründer des Computerunternehmens, übergangsweise geführt.

Die Deutsche Telekom holte nach dem Abgang ihres Vorstandschefs den 71-jährigen Helmut Sihler an die Führungsspitze um die Vakanz auf dem Chefsessel so lange zu überbrücken, bis der neue Chef Kai-Uwe Ricke gekürt war. Der Interimsmanager Manfred Stania absolvierte bei Leica Geosystems, Heerbrugg, gleich drei Spitzenjobs in Folge: Erst als Projektleiter, dann als Projektcontroller und als Technischer Direktor.

In den meisten Fällen kommt der Interimsmanager, um wieder zu gehen. «Wenn die Aufgabe erledigt ist, ist auch der Job zu Ende», berichtet Rolf Dangers, der als Manager auf Zeit seit 1990 in Südamerika, Asien und Europa unterwegs ist. Meist dauern die Einsätze beim Kunden drei bis 12 Monate. Der Spezialist kommt als Honorarkraft ohne feste Anstellung. Das zeigt seine besondere Position: Er ist unabhängig von den Ränkespielen einer Hierarchie und bekommt den Auftrag, sich ganz einem bestimmten Ziel zu widmen. Mal ist das die Integration einer neu erworbenen Tochtergesellschaft, mal ist es die Unterstützung einer Produkt-Neueinführung und mal wird eine Vakanz überbrückt.

Teil der Strategie

Das Bild vom Interimsmanager allein als Krisenhelfer stimmt nicht mehr. Denn: Der Boss auf Honorarbasis gehört in manchen Unternehmen schon zur Strategie. «Oft werden im Management kaum noch Personalreserven gehalten. Es gibt immer mehr Projektarbeit, wo kurzfristig zusätzliche Führungskräfte gebraucht werden», beschreibt Christof Meier-Preschany, der für TMP Worldwide, Frankfurt/Main, Interimsmanager vermittelt, die Lage. Hierarchien werden weiter verschlankt, die Leistungsdichte bei angestellten Managern steigt für Zusatz-Jobs sind dann kaum noch Zeitfenster frei: «Nicht zu viele eigene Mitarbeiter, die aber möglichst zu 100% und mehr auslasten», diagnostiziert Markus Meyer von der Ad Interim Management AG, Zürich, die Praxis.

Das sind ideale Bedingungen für die Zugvögel des Managements. Sie schwärmen ein, wenn es Zusatzaufgaben zu erledigen gibt. Ihren Weg in die Unternehmen finden sie in vielen Fällen über Vermittler: Brainforce, 1979 gegründet, ist einer der Klassiker am Schweizer Markt. Daneben gibt es Vermittler wie Ad Interim Management (Gründung im Jahr 2000) und Fifty Plus, Zug (Gründung: 1997). Jeder Vermittler führt in einer Kartei jeweils einen ganzen Pool von Interimsmanagern, für die er Aufträge beschafft.

Wer einen Interimsmanager bucht, zahlt meist in Tagessätzen. Üblich sind Preise zwischen 1700 und 2200 Fr. am Tag - und je nach Qualifikation kann dieser Durchschnittswert auch über- oder unterschritten werden. Ein Coach in einem Kleinunternehmen erhält nur 1200 Fr., während der Interims-CEO in einem internationalen Unternehmen mit 4000 Fr. zu Buche schlägt. Vom Honorar gehen 25 bis 33% an den Vermittler viele Manager auf Zeit verzichten aber auch auf dessen Unterstützung: Rolf Dangers etwa arbeitet auf eigene Rechnung und beschafft sich seine Aufträge selbst.

Die Profession ist ein ideales Einsatzfeld für Manager mit Silberhaar. «Respektable, erfolgreiche Führungserfahrung», beschreibt Carlo von Ah von Top Fifty eine der Anforderungen an seine Kandidaten: Der ideale Manager auf Zeit des Zuger Dienstleisters ist mindestens 50 Jahre alt, muss aber in seinem Fach hochaktuell sein. «Der Job ist einer der wenigen, wo graue Haare eine Art Qualifikationsmerkmal sind», sagt Meier-Preschany von TMP.

Das wird auch durch eine Studie bestätigt: Der typische Interimsmanager ist 51 Jahre alt, hat ein Hochschulstudium abgeschlossen und eine Management-Karriere bei drei und mehr Unternehmen gemacht, so eine Marktuntersuchung von Impact, einem Manager+Vermittler mit Hauptsitz in London. Unbedingte Eingangsvoraussetzung für den Job: Führungsfähigkeit, Macher-Mentalität, Stresstoleranz und konsequente Zielorientierung. Zudem erwarten Kunden eine robuste Psyche und gute Gesundheit denn: Viele Einsätze sind keine Schönwetterfahrt.