Ganz im Gegensatz zur obligatorischen Grundversicherung haben die Krankenkassen in den Zusatzversicherungen Spielraum bei der Prämiengestaltung. Alle grossen Kassen nutzen dies und bieten Unternehmen so genannte Kollektivrahmenverträge (KRV) an. «Die KRV haben bei uns eine grosse Bedeutung», erklärt ÖKK-Sprecher Hans-Ruedi Huber. Diese Aussage wird von der ganzen Branche nur unterstrichen.

Dass fast sämtliche Krankenversicherer dieses Geschäft forcieren, ist leicht nachvollziehbar. «Wir können, wenn wir ein Kollektiv anpeilen, gezielter und mit weniger Aufwand akquirieren», verrät Etienne Habegger, Leiter des Bereichs Versicherungen bei der KPT. Über Firmen gelangten die Krankenkassen effizient an ihre Kunden heran, sagt der Versicherungsexperte Stefan Thurnherr vom VZ Vermögenszentrum. Die Marketing-Abteilungen hätten weniger Streuverluste zu beklagen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Viele Vorteile

Weiteres Argument: Es gibt kaum Ärger mit säumigen Prämienzahlern, denn das Inkasso wird bei den KRV an die Firmen delegiert. Diese ziehen die Prämien direkt vom Lohn der Arbeitnehmer ab. Für die Krankenversicherer ist dies, bedenkt man die sich generell verschlechternde Zahlungsmoral, ein nicht zu unterschätzender Vorteil. «Die Verwaltungskosten insgesamt sind bei Kollektivversicherten deutlich geringer als bei Einzelversicherten», lässt Helsana-Sprecher Christian Beusch durchblicken. Zudem schliessen die meisten Kollektivversicherten auch die obligatorische Grundversicherung bei der gleichen Krankenkasse ab, bei der Helsana sind es 90%.

Tendenziell beanspruchten Kollektivversicherte mehr Zusatzversicherungen als Einzelversicherte, wirft Huber weiter in die Waagschale. Die Wechselintensität - ein wichtiger Faktor der Verwaltungskosten - ist überdies geringer als bei Einzelversicherten.

Die Kollektivbestände wiesen eine günstige Risikostruktur auf. «Es handelt sich ja ausschliesslich um Personen im erwerbsfähigen Alter», gibt Innova-Sprecher Sergio Pradera zu bedenken. Unternehmen mit überwiegend jungen Mitarbeitern sind deshalb besonders im Visier der Krankenversicherer, auch wenn das offiziell niemand bestätigen möchte.

Kostendeckende Prämien oder Dumpingpreise

Natürlich besteht bei der Akquisition einer Firma eine gewisse Gefahr einer Kannibalisierung. Die Versicherer müssen damit rechnen, dass Kunden, die sie bereits als Einzelversicherte hatten, nach Abschluss eines Rahmenvertrags für gleiche Leistungen weniger Prämien abliefern. «Dieser Verlust kann aber meistens durch Neuzugänge kompensiert werden», betont Concordia-Sprecherin Louise Leserri. Anders tönt es bei der Visana. «Die Gefahr der Kannibalisierung des eigenen Versichertenbestandes lässt sich nicht abstreiten», räumt Sprecher Jean-Blaise Defago ein.

Für die Firmen bilden die Kollektivrahmenverträge auf jeden Fall interessante «Fringe Benefits». «Sie können sich damit als attraktive und fortschrittliche Arbeitgeber profilieren», ist Christian Feldhausen von der Groupe Mutuel überzeugt. Gewisse Firmen setzen die Krankenversicherung bewusst als Instrument der Mitarbeiterbindung ein. Einige richten sogar als freiwillige Sozialleistung Beiträge an die Prämien aus.

Der verwaltungstechnische Aufwand für die Abwicklung des KRV ist relativ gering, zumindest bei einem ruhigen Prämienverlauf, was bekanntlich nicht immer der Fall ist. «Gewisse Krankenversicherer fahren Achterbahn; sie ködern neue Kunden mit Dumpingpreisen, müssen wenig später mangels Kostendeckung sanieren und schon bald die Prämien massiv erhöhen», schlägt Beusch einen Seitenhieb gegen die Konkurrenten. Das kontert Feldhausen mit dem Hinweis, alle Prämien unterlägen der Prüfung durch das Bundesamt für Privatversicherungen. Folglich müsse mit risikogerechten und kostendeckenden Prämien operiert werden. ÖKK-Sprecher Huber ergänzt: «Die Schmerzgrenze ist den meisten Marktteilnehmern bekannt, weshalb Dumping-Angebote ausbleiben. Es wird ziemlich einheitlich tarifiert.»

Eine Win-win-Situation

Die deutlichsten Vorteile springen beim KRV für die Versicherten selber heraus: Sie profitieren von vereinfachten Aufnahmebedingungen und erhalten auf begehrte Zusatz- und Ergänzungsversicherungen Prämienrabatt. Dabei sind in die Vergünstigungen nicht nur die Firmenmitarbeiter, sondern auch deren Familienangehörige eingeschlossen.

Die Höhe des gewährten Rabatts schwankt je nach Krankenversicherer, Zusatzversicherungsprodukt und Rahmenvertragspartner zwischen 5 und 25%. «Der Durchschnitt liegt bei rund 10% Prämienrabatt, wobei bei gutem Risikoverlauf maximal bis zu 25% möglich sind», sagt CSS-Sprecher Stephan Michel. Helsana-Vertreter Beusch zieht eine rundum positive Bilanz: «Es handelt sich bei den KRV um eine typische Win-win-Situation, von der alle drei beteiligten Partner Krankenversicherer, Firmen und Mitarbeiter nur profitieren.»

Rund die Hälfte aller Zusatzversicherten in der Schweiz dürften inzwischen unter KRV fallen und von günstigeren Prämien profitieren, schätzt Thurnherr. Diese Zahl wird allerdings von den einzelnen Krankenversicherern nach unten korrigiert: Bei der CSS, die neuerdings unter der Marke «CSS-Partner-Plus» die KRV positioniert, fallen 27% der Zusatzversicherten unter die Kollektivverträge. Das dürfte guter Branchendurchschnitt sein.

Gewisse Kassen bieten standardisierte Verträge an, wie zum Beispiel die Concordia, die ein einheitliches Modell für alle Firmen hat. Weit häufiger wird bei den Konditionen jedoch genau auf die Grösse, das Potenzial und den bisherigen Risikoverlauf einer Firma geschaut. KPT und Innova offerieren KRV für Firmen ab 50 Mitarbeitern. Die Sanitas unterscheidet bei den standardisierten Angeboten, ob es sich um Firmen mit 50 oder mit 100 Mitarbeitern handelt. Tendenziell gilt quer durch die Branche: Je grösser ein Unternehmen, desto verhandelbarer die Tarife, desto individueller auch die Verträge. Allerdings gibt es auch Kassen wie etwa die ÖKK, die KMU mit besonders vorteilhaften Konditionen zu ködern versuchen.

Weil in den Details der KRV durchaus Vielfalt herrscht, schliessen grössere Firmen solche Rahmenverträge gleich mit mehreren Krankenkassen ab, die IBM Schweiz zum Beispiel mit fünf Versicherern. Für die Arbeitnehmer hat dies den Vorteil, dass sie aus einem breiteren Angebot genau jene Zusatz- oder Ergänzungsversicherung auswählen können, die ihren Bedürfnissen am besten entspricht. Die Produkte sind bekanntlich je nach Krankenversicherer verschieden geschnürt.

Gleiche Produkte wie in der Einzelversicherung erhältlich

Über die Kollektivrahmenverträge sind aber letztlich die gleichen Versicherungsprodukte wie in der Einzelversicherung erhältlich. Die Kollektivversicherten wünschen schliesslich die gleichen Leistungen wie die Einzelversicherten. Besonders gefragt sind für den Spitalaufenthalt halbprivat und privat, für den ambulanten Bereich Zahnstellungskorrekturen, Beiträge an Brillen, Alternativmedizin, Notfälle im Ausland sowie Kur- und Pflegeversicherung.

Als sicher gilt bei sämtlichen Krankenversicherern: Das Potenzial der KRV ist noch längst nicht ausgeschöpft. «Wir bearbeiten deshalb diesen Markt weiterhin sehr aktiv», heisst es bei der Helsana. Und bei der CSS ist Michel überzeugt: «Das Segment wird in Zukunft noch weiter wachsen.»



Wechsel: Das gilt es zu beachten

Wer auf Ende Jahr die Versicherung wechseln will, muss Folgendes beachten:

- Bei der Mitteilung einer neuen Prämie können Sie den Versicherer mit einer nur einmonatigen Kündigungsfrist wechseln. Es betrifft dann den Monat, der der neuen Prämie vorangeht (meist der Dezember).

- Der Wechsel zu einer andern Versicherungsform oder einer andern Franchise ist nur auf Anfang Jahr möglich.

- Bei den Zusatzversicherungen gelten die Bestimmungen der jeweiligen Versicherung. Die Kündigung muss aber in jedem Fall per eingeschriebenem Brief am letzten Tag der Kündigungsfrist bei der Versicherung eintreffen. Aufgepasst, wenn der letzte Tag auf ein Wochenende fällt!

- Kündigen Sie nie eine Zusatzversicherung, ohne sich bei einer andern Kasse über die Aufnahmebedingungen (allfälliger Vorbehalt) informiert zu haben. Es sei denn, Sie wollen Ihre Zusätze aufgeben. (res)



Kollektivrahmenverträge (KRV) für Zusatz- und Ergänzungsversicherungen

Krankenkasse Anzahl Firmen* Anzahl Versicherte Prämienvergünstigung

unter KRV (Angestellte inklusive auf Zusatzversicherungen

deren Angehörige) (in %)

Concordia 2600 246000 bis 25

CSS 2300 300000 5 bis 25

Groupe Mutuel 1973 90000 5 bis 15 für KMU

grössere Firmen individuell

Helsana 3000 200000 bis 20

Innova 20 2700 10 bis 20

KPT 108 72000 10 bis 15

ÖKK 600 60000 5 bis 20

Sanitas 1400 117000 5 bis 20

Swica Angaben verweigert

Visana 2500 10 und mehr

Wincare 550 35000 15

*inklusive Institutionen und Verbände

Quelle: Krankenkassen