Der 21-Jährige, der am 31. März 2015 seinen 67-jährigen Vater mit einem Schuss in den Hinterkopf getötet hat, muss für fünf Jahre ins Gefängnis. Das Bezirksgericht Pfäffikon ZH sprach ihn am Freitag einstimmig des Totschlags schuldig und nicht des Mordes, wie die der Staatsanwalt gefordert hatte.

Mit seinem Urteil blieb das Gericht noch unter dem Antrag der Verteidigung: Rechtsanwalt Valentin Landmann hatte auf Wunsch seines Mandanten für eine zehnjährige Freiheitsstrafe wegen vorsätzlicher Tötung plädiert. Er sei sehr erleichtert, sagte Landmann nach der Urteilseröffnung. Die mündliche Begründung lobte er als «ausgezeichnet».

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«Klassischer Fall»

Staatsanwalt Markus Oertle hatte den Beschuldigten wegen Mordes verurteilt sehen wollen und eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren gefordert. Er meldet nach eigenen Angaben vorsorglich Berufung an, will vor einem definitiven Entscheid aber die schriftliche Urteilsbegründung studieren.

Die Gerichtsvorsitzende Yvonne Mauz bezeichnete die Tat als «klassischen Fall» für die Variante von Totschlag, die das Gesetz als «Handeln unter grosser seelischer Belastung» umschreibt. Das Strafgesetzbuch sieht dafür eine ein- bis zehnjährige Freiheitsstrafe vor.

Reue als glaubhaft eingestuft

Mauz verwies auf die verstörende Geschichte des Beschuldigten. Dessen Kindheit und Jugend habe «mit einer normalen Eltern-Kind-Beziehung nichts zu tun» gehabt.

Das Bezirksgericht stufte das objektive Verschulden des jungen Mannes als mittel ein. Das subjektive Verschulden liege auch im mittleren Bereich. Es werde erschwert durch den direkten Tötungsvorsatz, aber erleichtert durch das umfassende Geständnis und die glaubhafte Reue.

Katastrophale Kindheit

Als «eher speziell» bezeichnete Mauz die Anklageschrift. Sie enthalte Elemente der Tatbestände vorsätzliche Tötung, Mord und Totschlag. Das Gericht habe damit für seinen Entscheid «die grösstmögliche Freiheit» gehabt.

Die Gerichtsvorsitzende rollte nochmals die desaströsen Verhältnisse auf, unter denen der Beschuldigte von klein auf leben musste. Er habe seine Kindheit schon als kleiner Bub ablegen müssen. Das Zusammenleben mit der alkoholkranken Mutter sei «eine einzige Katastrophe» gewesen.

Keine Ansprechperson

Als er nach deren Tod mit dem ablehnenden Vater zusammen wohnte, ging das Elend weiter. Der Teenager «muss sich unglaublich danach gesehnt haben, Nähe zum Vater zu spüren», die dieser ihm aber verweigerte.

Sowohl von der Mutter als auch vom Vater habe der Sohn gelernt, dass man familiäre Probleme ausserhalb der Familie niemals anspreche. Auch wenn der Beschuldigte Freunde hatte – er behielt seinen Kummer für sich.

Völlig verzweifelt

Mauz widersprach dem Staatsanwalt, der den Streit, welcher schliesslich zum Todesschuss führte, als normale Auseinandersetzung zwischen Vater und heranwachsendem Sohn bezeichnete. Das sei «geradezu zynisch» angesichts der jahrelangen Erfahrungen des Sohnes, sagte die Gerichtvorsitzende.

Laut Mauz war der Konflikt «in nichts zu vergleichen mit Problemen in normalen Familien». Der Sohn habe einen langen, intensiven Leidensprozess bis zur völligen Verzweiflung durchgemacht, an dem er «auch nicht ansatzweise» selbst schuld gewesen sei.

Nur Teilkosten zulasten des Verurteilten

Im Anschluss an die Urteilsbegründung richtete die Gerichtsvorsitzende persönliche Worte an den Beschuldigten, der sichtlich unter seiner Tat leidet. Diese sei erklärbar mit seiner Lebensgeschichte. Wenn er das erkannt habe, könne er das Geschehen verarbeiten.

Er müsse erkennen, dass er nichts für das Umfeld könne, in dem er aufgewachsen sei. Mit Hilfe einer Therapie müsse er lernen, sich selbst wahrzunehmen, Vertrauen zu anderen Menschen aufzubauen und Probleme nicht zu verdrängen, sondern sich ihnen zu stellen und darüber zu reden.

«Es gibt viele Menschen, die Sie gern haben», sagte die Gerichtsvorsitzende. Freunde und deren Familien hielten nach wie vor zu ihm. Damit der junge Mann nach Verbüssung der Strafe nicht mit einem Schuldenberg von gegen 100'000 Franken dasteht, auferlegte ihm das Gericht nur 30'000 Franken aller Kosten und nahm den Rest auf die Staatskasse.

(sda/jfr)