Einiges in Davos ist am diesjährigen Weltwirtschaftsforum WEF gleich wie immer: übel verstopfte Strassen, entsprechend schlechte Luft, überhöhte Preise für die Unterkünfte und Häuserfassaden voll von Werbung für Länder und Konzerne. Das Publikum ist geschäftig und meist gut gelaunt. Doch hinter dieser Fassade ist eine enorme Verunsicherung über die weitere Zukunft der Welt zu spüren. Viel wird von einer Zeitenwende gesprochen, in der wir uns aktuell befinden würden.

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«Die Welt befindet sich jetzt in einer Ära der Konflikte, Konfrontationen, Risiken und Ängste», erklärte etwa EU-Präsidentin Ursula von der Leyen. Die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd sprach davon, wie schlecht es international um das gegenseitige Vertrauen bestellt sei. Spielregeln würden infrage gestellt, autoritäres und totalitäres Gedankengut würde verbreitet und bisweilen akzeptiert. Menschenrechte würden immer mehr missachtet, und Demokratien befänden sich global auf dem Rückzug. Die Sorge um die Zukunft des vom Westen geprägten Regierungssystems der Demokratie und seiner Spielregeln hat bei vielen Themen, die in Davos debattiert werden, grosses Gewicht.

Der Abwehrkampf der Ukrainer und Ukrainerinnen gegen die russischen Invasoren geht uns deshalb alle an, weil es der Abwehrkampf einer Demokratie gegen einen Despoten ist, der sich um keine Regeln schert. Das hat Wolodimir Selenski zu Recht in Davos deutlich gemacht. Ähnliches gilt für den Konfliktherd Taiwan. Die Insel, die China für sich beansprucht, hat diese Woche gewählt und jener Partei die meisten Stimmen verschafft, die auf Unabhängigkeit und Demokratie setzt. China hat bereits erklärt, dass dieser Wahlausgang für die Grossmacht einer Provokation gleichkommt. Dessen Ministerpräsident Li Qiang ist in seiner Rede in Davos weder auf Taiwan noch auf die Ukraine mit auch nur einem Wort eingegangen. Dagegen forderte er den freien Austausch von technologischem Wissen. Von der Leyen wies in ihrer Rede darauf hin, dass China diesen Krieg indirekt befördere, indem es Russland unterstütze. US-Sicherheitsberater Jake Sullivan machte klar, dass ein freier Zugang zu westlicher Spitzentechnologie letztlich bedeutet, Diktaturen Waffen zu ermöglichen, die Demokratien gefährden.

Auch beim anderen grossen Thema in Davos, der künstlichen Intelligenz, wird intensiv darüber debattiert, wie gefährlich sie für Demokratien werden kann, wenn sie für Desinformationskampagnen eingesetzt wird. Gemäss dem auf Umfragen unter Spitzenkräften basierenden «Global Risk Report» des WEF sind Falschinformationen das aktuell grösste Risiko überhaupt. Kein Wunder, 2024 wird das grösste Wahljahr der Geschichte. Rund die Hälfte der Weltbevölkerung wird an die Urnen gerufen, auch in den USA. Kehrt dort Trump an die Macht zurück, haben Autokraten noch mehr Grund zum Jubeln.

Dass es in Davos zu einer Ernüchterung bezüglich des eigenen Einflusses gekommen ist, hat eine gute Seite. Es gilt, wieder verstärkt auf die Erfolgsfaktoren unseres Systems zu fokussieren und es nach innen wie nach aussen zu verteidigen.

Markus Diem Meier
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