Er sei, so sagt man von Iqbal Khan, sehr nahe am CEO der CS. Dass dies auch wörtlich so ist, weiss kaum jemand: der junge Vermögensverwaltungschef kann seinem CEO Tidjane Thiam bald jeden Morgen durch den Gartenzaun zuwinken – er hat das Grundstück neben Thiam erworben. In Herrliberg, hoch über dem Zürichsee, grenzt seine Parzelle unmittelbar links an jene seines Chefs.

Natürlich ist das Haus wie das Grundstück etwas kleiner als bei Thiams benachbarter 10-Millionen-Villa mit 25-Meter-Pool und Rundbibliothek – die Relationen wollen schliesslich gewahrt bleiben. Khan, derzeit noch mit Frau und den beiden kleinen Kindern in einem Terrassenhaus im Steuerparadies Feusisberg wohnend, setzt mit dem geplanten Umzug jedoch ein starkes Zeichen: Ich weiss, wo ich hinwill.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Glänzende Zahlen

Der Schweizer pakistanischer Abstammung, im Herbst 2015 mit erst 39 Jahren von Thiam zum Chef der Internationalen Vermögensverwaltung erhoben, gilt als aufsteigender Stern bei der Bank. Sein Bereich glänzt mit hervorragenden Zahlen: Ergebnis deutlich verbessert, verwaltete Vermögen gestiegen, Kosten im Griff (siehe Grafiken unten). Sogar das einst von Bankanalysten als überambitiös kritisierte Ziel eines Vorsteuerergebnisses von 1,8 Milliarden Franken dürfte er nach neuesten Schätzungen erreichen. Dies im Gegensatz zu einzelnen Kollegen in der Konzernleitung, Schweiz-Chef Thomas Gottstein etwa, der nach Analystenschätzungen Mühe haben könnte, seine Vorgaben zu erreichen. Wobei Kritik daran wohl etwas unfair wäre: Schliesslich hat Thiam die Ziele für Khan einmal deutlich reduziert, im Gegensatz zu jenen von Gottstein. Doch auch das sind Zeichen.

Das Grundstück von Iqbal Khan (im Bild in der Mitte oben) in Herrliberg über dem Zürichsee grenzt direkt an jenes von Tidjane Thiam, CEO der Credit Suisse (in der Mitte unten).
Quelle: Reportair

Intern steigt derzeit die Nervosität. Denn per Ende Jahr wird Bilanz gezogen, wie weit der 2015 neu angetretene CEO Thiam mit seinem Dreijahreplan zur Restrukturierung der Bank gekommen ist. Das Gesamtbild sieht gut aus: Die neuesten Zahlen markieren eine deutliche Verbesserung. Auch der Kurs zeigt endlich wieder nach oben. Dies ist wichtig, denn die Gesamtperformance bleibt bis jetzt aus Börsensicht miserabel: Seit dem Antritt von Thiam hat die Bank xy Prozent an Wert eingebüsst.

Doch nach Jahren der Kritik, ausgelöst durch ein strategisches Hin und Her, durch Fehleinschätzungen und Boni-Possen, sieht sich die CS nun in der weitaus angenehmeren Situation, mit der Stabilisierung der Bank und guten Zahlen bald einen entscheidenden Etappensieg zu feiern. Jetzt dreht sich alles um die Frage, wer in die Lorbeeren ernten darf.

Keiner darf reden – ausser einem

Für dieses Porträt hat die BILANZ bei der CS angefragt, mit Iqbal Khan persönlich zu sprechen, wie dies nach journalistischen Grundsätzen üblich ist. Die Anfrage wurde von den Presseverantwortlichen kategorisch abgewiesen, mit dem Argument, man wolle derzeit niemanden aufs Podest stellen. Vielmehr wolle man am Ende des Dreijahreplans den Erfolg gemeinsam manifestieren. Der strikte Grundsatz laute, dass niemand aus der Führungsetage der Bank für Auftritte in der Presse zur Verfügung stehe.

Nur: Einer konnte es offenbar nicht lassen, auszuscheren: Verwaltungsratspräsident Urs Rohner gönnte sich in einem ausführlichen Interview in der «Handelszeitung» einen grossen Auftritt und sparte nicht mit Eigenlob.

Wie dies bei dem sich brav an die Stillhaltevorgabe haltenden CEO Thiam und seinen Konzernleitungsmitgliedern angekommen ist, ist BILANZ nicht bekannt – wohl aber, dass sich die beiden Chefs der Bank längst nicht mehr nur grün sind. Während Rohner sich im Interview dafür preist, wie er den begehrten Manager zur CS habe lotsen können, soll dieser die Episode mit mehr als nur gemischten Gefühlen sehen. Thiam sei von Rohner bei der Einstellung über den tatsächlichen – viel schlechteren – Zustand der Bank nicht informiert worden, berichten enge Vertraute des CEO. Thiam fühle sich «trapped» (in die Falle gelockt), hat er intern wissen lassen.

Wusste Rohner nicht Bescheid über den wahren Zustand der Bank? Das wäre nicht gut. Wusste er es, legte es aber Thiam nicht in ausreichender Offenheit dar? Wäre auch nicht gut. War der Zustand der Bank gar nicht so dramatisch, und Thiam behauptet das nur, um seine eigene Sanierungsleistung aufzuwerten? Das wäre ebenfalls problematisch.

Starke Bereichchefs sind gefragt

Es ist eine heikle Situation, vor allem auch für die neuen Hoffnungsträger der Bank wie Iqbal Khan, die für die nächste Etappe der CS entscheidend sind und nun befürchten müssen, zwischen die Fronten zu geraten. Klar ist: Nach der Sanierung muss der Wiederaufstieg kommen – dann sind starke Bereichchefs wie Khan gefragt. Der Chef der Internationalen Vermögensverwaltung ist nach der von Thiam gepushten strategischen Neupositionierung der Bank, welche die CS stärker weg vom Investment Banking und hin zum Private Banking geführt hat, eine der entscheidenden Drehscheiben.

Mit seinem überzeugenden Auftritt und seinem modernen Führungsstil gilt er als Mann der Zukunft, ja gar als Kronprinz, sollte Nachbar Thiam irgendwann seine Zeit bei der CS für beendet erklären. Khan muss vorsichtig lavieren – als Chef und Förderer ist Thiam derzeit seine wichtigste Bezugsperson, doch dem Verwaltungsrat unter Präsident Rohner obliegt es, das Topmanagement zu bestimmen. Khan, vor drei Jahren noch ein Nobody im Banking, sieht sich plötzlich als entscheidender Faktor in der zukünftigen Positionierung der Bank.

Gelernter Buchprüfer

Dabei hatten bei dessen Berufung nur wenige dem in Frontsachen nicht sehr erfahrenen CFO des Bereichs einen derartigen Aufstieg zugetraut: Im Gegenteil, Khan, gelernter Buchprüfer und lange in Diensten des Beratungsunternehmens Ernst & Young (E&Y), galt als einer jener Theoretiker, die das Banking vornehmlich von aussen kennen, als Quereinsteiger, der nie ein Finanzprodukt kreiert, nie einen Kredit gesprochen oder einen Börsendeal unter Dach und Fach gebracht hat. Nun gilt er als der «Rising Man». Was ist das Geheimnis des Iqbal Khan?

Iqbal Khan

Iqbal Khan, im Herbst 2015 mit erst 39 Jahren von CEO Tidjane Thiam zum Chef der Internationalen Vermögensverwaltung erhoben, gilt als aufsteigender Stern bei der Credit Suisse. Sein Bereich glänzt mit hervorragenden Zahlen. Der Schweizer pakistanischer Abstammung ist gelernter Buchprüfer und stand lange in Diensten des Beratungsunternehmens Ernst & Young. Im Alter von zwölf Jahren kam er in die Schweiz, aus der Millionenstadt Karachi ins ländliche Dübendorf. Sein Vater ist Pakistaner und war in Karachi ein angesehener Kaufmann, seine Mutter ist Schweizerin aus Rohrbach, Bern. Mit knapp 15 Jahren bewarb sich Khan als KV-Lehrling bei der Treuhandfirma Revor in Dübendorf. Gezielt ergänzte er seine Ausbildung und liess sich zum Treuhänder ausbilden, 1999 schloss er mit dem eidgenössischen Diplom ab. 2002 folgte der nächste Schritt: diplomierter Wirtschaftsprüfer, 2004 zertifizierter Finanzanalyst. Erst 2012 holte er mit dem Advanced Master of International Business Law (LLM) in Zürich auch universitäre Weihen nach. Da stand er aber längst in beruflichen Diensten bei Ernst & Young, wo er 2001 eingestiegen war und rasant Karriere gemacht hatte.

Iqbal Khan
Quelle: Reportair

Mit 12 Jahren kam er in die Schweiz, aus der Millionenmetropole Karachi ins ländliche Dübendorf. Sein Vater ist Pakistaner und war in Karachi ein angesehener Kaufmann, doch die politischen Wirren und das Terrorregime Ende der achtziger Jahre führten dazu, dass die Familie beschloss, dem Land den Rücken zu kehren. Die Schweiz als neue Heimat lag auf der Hand: Die Mutter von Iqbal Khan ist Schweizerin, aus Rohrbach, Bern. Sie hatte ihren späteren Mann als Au-pair-Mädchen in London kennen gelernt und war mit 21 Jahren nach Karachi emigriert.

Für den kleinen Iqbal soll der Wechsel in die Schweiz zunächst ein Kulturschock gewesen sein. Doch er assimilierte sich erstaunlich schnell. Als er sich mit knapp 15 Jahren als KV-Lehrling bei der Treuhandfirma Revor in Dübendorf bewarb, habe er akzentfrei Schweizer Dialekt gesprochen, erinnert sich sein damaliger Lehrmeister René Fitzi. Fitzi weiss auch noch, dass der junge Iqbal unter den damals rund 50 Bewerbern herausgestochen sei: «Ein extrem aufgeweckter Bursche – er hat mich in kurzer Zeit völlig überzeugt.» Er habe ihm die Lehrstelle gegeben und dies nie bereut: «Iqbal zeigte grosse Sozialkompetenz – er war überall in der Firma beliebt.»

Jüngster diplomierter Wirtschaftsprüfer der Schweiz

Gezielt ergänzte Khan seine Ausbildung und liess sich zum Treuhänder ausbilden, 1999 schloss er mit dem Eidgenössischen Diplom ab. 2002 folgte der nächste Schritt: Diplomierter Wirtschaftsprüfer, 2004 dann Zertifizierter Finanzanalyst. Erst 2012 holte er mit dem Advanced Master of International Business Law (LLM) in Zürich auch universitäre Weihen nach. Da stand er aber längst in beruflichen Diensten bei Ernst & Young, wo er 2001 eingestiegen war und rasant Karriere gemacht hatte: Mit 26 Jahren war er der jüngste diplomierte Wirtschaftsprüfer der Schweiz, mit 31 Jahren der jüngste Partner bei E&Y.

Auch dort ist man des Lobes voll über ihn. «Ein guter, frischer Typ, eine eindrückliche Persönlichkeit und ein toller Kollege» sei Iqbal Khan, sagt Marcel Stalder, CEO von E&Y in der Schweiz, der viele Jahre mit ihm zusammengearbeitet hat. «Er ist fachlich versiert, down-to-earth, kein Blender und dabei doch locker.» Auch die Kunden sollen voller Lob gewesen sein: In Detailfragen sattelfest, immer gut vorbereitet, eloquent, perfekt zweisprachig (Deutsch und Englisch), der Anzug massgenau sitzend, bewegte er sich bei Präsentation stets souverän.

2011 wechselte er intern von der Buchprüfungs- in die Beratungsabteilung und leitete den Kernbereich Financial Services. Schon zu E&Y-Zeiten entstand Kahns Kontakt zur CS, für die er verschiedene Beratungsmandate ausübte, unter anderem im MiFid-Dossier, jenen EU-Richtlinien, die eingeführt wurden, um die Effizienz und Integration des innereuropäischen Finanzmarktes durch Harmonisierung zu fördern. In diesem Zusammenhang habe er auch mit Rohner zu tun gehabt, der ebenfalls sehr beeindruckt von der Kompetenz des jungen Beraters gewesen sein soll.

Mut zu Widerspruch

Auch sonst war er bei der CS positiv aufgefallen, und als der damalige Private-Banking-Chef Hans-Ulrich Meister 2013 einen neuen CFO für den Bereich suchte, stand sein Name ganz oben auf der Liste. Khan wechselte zur Bank und bewies schnell, dass mit ihm zu rechnen ist. Bei der CS ist ebenfalls von den grossen fachlichen Fähigkeiten die Rede und einem sachbezogenen Auftritt, der sich auch darin äusserte, dass er selbst vor den ganz grossen Chefs nicht kuschte. Manch einer erinnert sich, wie Khan an Sitzungen sogar dem damaligen CEO Brady Dougan offen widersprach, wenn er in der Sache anderer Meinung war.

Es war die Zeit, als die CS wegen des grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungsgeschäfts unter Kritik stand, nicht zuletzt aus den USA, und Khan sich als Finanzchef des Bereichs eng mit dem damaligen CEO auszutauschen hatte. «Den in Bankführungen oft vorherrschenden machtpolitischen Spielchen wollte er sich nicht unterwerfen», so ein Beobachter.

Er bekam unter Thiam die Chance

Als im Sommer 2015 mit Tidjane Thiam ein neuer CEO kam, liess dieser seine Konzernleitungsmitglieder eine Liste mit Namen von aussichtsreichen Schlüsselfiguren aus der zweiten Führungsebene erstellen. Natürlich war auch Khan von seinen Chefs auf diese Liste gesetzt worden. Thiam liess Einzelne zum persönlichen Gespräch antraben. Eine Chance, die sich Khan nicht entgehen liess.

Nebst ihm war der neue Schweiz-Chef Gottstein, lange einer der führenden Investment Banker der CS, im Management-Revirement vom Herbst 2015 der zweite Hoffnungsträger, vor allem auch weil ihm ein Kernstück der neuen Strategie Thiams, der Teilbörsengang des Schweizer Geschäfts, anvertraut worden war. Als das Projekt nach Kritik von Grossaktionären gestoppt wurde, stand Gottstein im Regen. Khan indes genoss in jeder Hinsicht Rückenwind. So wurde der hochrentable Handel der Bank aufgrund einer Weisung der Finanzmarktaufsicht nicht bei Gottstein, sondern bei ihm angesiedelt. Auch das Schweizer Asset Management wurde Khan unterstellt. «Er hat alle Filetstücke bekommen», urteilt ein Kenner der Bank.

Khan legte mit Vollgas los. Er scharrte ein Team von Topleuten um sich. Er sei ein hervorragender Chef, ein guter Motivator, einer, der zu seinen Leuten stehe, hört man in seinem Umfeld. Er setzte dabei auf einen verschworenen Kreis von Leuten, die direkt mit ihm zu tun haben und die er fördert und aufbaut. Er schaffe es leicht, ein Wir-Gefühl aufzubauen, sagt einer, der lange mit ihm zusammengearbeitet hat. Als wichtige Leute in seinem engsten Umfeld gelten heute etwa seine Regionen- und Bereichschefs Claudio de Sanctis, Robert Cielen oder Gianpiero Galasso. Auch der für die weltweite Anlagestrategie der Bank so wichtige Michael Strobaek ist Khan direkt unterstellt.

Bei E&Y habe er ähnlich funktioniert, sagte Ex-Kollege Stalder. Fast wie eine mittelalterliche Burg baue er einen Schutzwall um die Leute in seinem inneren Kreis und verteidige diese gegen aussen durch dick und dünn. Andererseits sei es nicht immer leicht, in diese Burg zu gelangen. Man sagt Khan auch nach, dass er bei Leuten, welche die Leistung nicht bringen, nicht lange fackle und sie, ohne zu zögern, rausstelle. Der Vorteil: Seine Abteilungen funktionieren in der Regel sehr effizient.

Grosszügig – auch in Lohnfragen

Er gilt als grosszügig seinen Leuten gegenüber, auch in Lohnfragen. Er selber dürfte ebenfalls einen gehörigen Lohnsprung gemacht haben. Die CS weist die Löhne der Konzernleitungsmitglieder nur in der Gesamtheit aus – zieht man den Lohn von Thiam ab, waren dies für die restlichen elf GL-Mitglieder insgesamt 60 Millionen Franken.
Trotz gutem Lohn ist er zurückhaltend geblieben, ist in der Bank aufgefallen.

Dennoch gönnt er sich auch Luxus: Er mag schöne Uhren, trägt eine Patek Philippe und besitzt zudem Exemplare der angesagten Marken Rolex und IWC. Auch schöne – und vor allem schnelle – Autos haben es ihm angetan. Khan fährt einen Mercedes-AMG S-Klasse Coupé, ein Kraftprotz von Wagen mit 6,3 Liter Hubraum. Vorher kurvte er im Aston Martin herum. Die Tempoleidenschaft hatte er schon als junger Mann und teilt sie wohl mit seinem ehemaligen Lehrmeister, wie die «Handelszeitung» in einem Porträt über Khan beschreibt: Lehrling Kahn durfte einst mit zur Testfahrt im Ferrari Testarossa seines Lehrmeisters.

Erfolgreiche Geschwister

Ansonsten wird nicht von ausschweifenden Hobbys berichtet. Khan macht regelmässig Fitness und geht auch mal mit ein paar Freunden auf ein Trekking. Vor allem aber sei er ein Familienmensch, der so viel Zeit wie möglich mit dem Sohn und der Tochter, die beide noch im Vorschulalter sind, verbringt. Seine Frau Andrea, eine ausgebildete Dentaltechnikerin, ist Schweizerin. Er, der für seinen Job viel in der Welt herumreisen müsse, sei, wenn er in der Schweiz weile, am liebsten einfach zu Hause.

Die pakistanische Familie, der er entstammt, soll ebenfalls einen grossen Familiensinn haben. Er hat zwei Brüder und eine Schwester. Auffallend ist, dass sein jüngerer Bruder Yousuf Khan eine fast identische Karriereausrichtung hat: Jener ist wie Iqbal Wirtschaftsprüfer und arbeitet für eine der Big-Four-Beratungsfirmen, für PwC. Sogar der Tätigkeitsbereich ist der gleiche: Der jüngere Bruder leitet die Financial Services, wie Iqbal einst bei E&Y. Einen Namen gemacht hat sich auch die ältere Schwester Nadia Khan, die als Neurochirurgin am Universitäts-Kinderspital Zürich tätig ist und als eine der weltweit führenden Spezialistinnen für die seltene Hirnkrankheit Moyamoya gilt.

Befolgt die Regeln seiner Religion

Khan ist muslimischen Glaubens, stellt seine Religion aber nicht stark heraus, wie berichtet wird. Er befolge jedoch die Regeln seiner Religion, faste zur Zeit des Ramadans und esse kein Schweinefleisch. Im Restaurant soll er jeweils besonders darauf geachtet haben, ob nicht doch noch irgendwie Schweinefleisch auf den Teller gelangt sei, erinnert sich einer, der oft mit ihm zum Lunch war.

Er wird als Chrampfer mit 70-Stunden-Woche beschrieben, der dennoch kaum je gestresst oder unter Druck wirke. Kahn gilt als ehrgeizig, und viele in seinem Umfeld glauben, dass er durchaus anstrebe, dereinst oberster Chef der zweitgrössten Schweizer Bank zu werden.

Auf dem Weg dahin muss er nicht nur weiter gute Zahlen liefern, er darf sich auch keinen Fauxpas leisten. Gerade im Vermögensverwaltungsgeschäft lauert stets das Risiko, dass irgendwo problematische Gelder oder zweifelhafte Kunden auftauchen. Wenn es bisher Meldungen mit negativer Konnotation im Zusammenhang mit Khan gab, dann stammten sie aus dieser Thematik. Je länger Khan selber für den Bereich, den er 2015 von seinen Vorgängern geerbt hat, zuständig ist, desto grösser wäre dann natürlich auch seine persönliche Verantwortung für derlei Vorkommnisse.

Was macht Thiam?

Ob sich für ihn die Frage, eine weitere Stufe nach oben zu steigen, schon bald stellen wird, ist unklar. In der Bank wird gemutmasst, Thiam werde nach dem erfolgten Umbau abtreten und den Wiederaufbau einem anderen überlassen. Schliesslich wurde sein Name in der Vergangenheit schon mit anderen prestigeträchtigen Jobs wie etwa jenem des Chefs des Internationalen Währungsfonds in Verbindung gemacht.

Präsident Rohner winkte im «Handelszeitung»-Interview ab: «Nein, Tidjane wird die Firma weiterentwickeln und kann jetzt auch die Früchte seiner Arbeit ernten.» Intern soll er seine Macht ausgebaut haben, wird berichtet. Die Credit Suisse sei, sagt ein ehemaliger Verwaltungsrat der Bank, der auch in Gremien anderer Schweizer Konzerne Einsitz hatte, stark CEO-geprägt, stärker als andere Schweizer Grossunternehmen.

Khan hat keine Eile

Klar ist, dass für den noch jungen Khan keine Eile besteht. Informiert über das geplante Porträt über ihn, soll er keine Freude bekundet haben. Zu früh als Kronprinz zu gelten, erzeugt oft einen Schwall von Widerstand, und schon manch früher Hoffnungsträger wurde vorzeitig zerrieben. So gebe er sich intern bewusst «low-profile», was wiederum ein Zeichen seines feinen Gespürs ist.

Klar ist, dass er als Nachbar seines Chefs einen Zugang hat, den kein anderes Konzernleitungsmitglied für sich beanspruchen kann. Wenn man den Chef nicht nur mit guten Zahlen beeindrucken kann, sondern im Bedarfsfall auch gutnachbarschaftlich mit ein paar Eiern oder einer Flasche Milch aushelfen darf, kann das jedenfalls kaum schaden.

Dieser Text erschien in der Juli-Ausgabe 07/2018 der BILANZ.

Abonnieren
BILANZ Abonnement

Das führende Schweizer Wirtschaftsmagazin deckt alle Facetten des Wirtschaftsgeschehens ab und betreibt personalisierten, recherchierten Wirtschaftsjournalismus.