Unter den mittelgrossen Schweizer Unternehmen, die auch international «una bella figura» machen, ist Sonova vorne zu finden. Der Hersteller von Hörgeräten, Hörimplantaten sowie drahtlosen Kommunikationslösungen bietet eine der umfassendsten Produktpaletten in der Branche an. Die Marken Phonak, Unitron und Connect Hearing geniessen in über 90 Ländern hohes Ansehen. Doch seit einigen Monaten bekundet das erfolgsverwöhnte Unternehmen Mühe. Sonova bekommt zunehmend die Konkurrenz zu spüren, die technologisch Boden gutmacht. Probleme bereiten vor allem die Hörimplantate; da haben sich die einst hohen Wachstumsraten abgeflacht.

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Der Rückgang der Nachfrage nach Implantaten hat die Resultate im ersten Semester des Geschäftsjahres 2015/16 belastet. Zudem kappte die oberste Führung, CEO Lukas Braunschweiler (59) und Präsident Robert Spoerry (61), die Wachstumsziele für dieses Jahr. Das hat den Aktien zugesetzt.

Zu Unrecht vernachlässigt

Nur werden die einstigen Highflyers zu Unrecht vernachlässigt. Einmal sind die neuen Wachstumsraten – sechs bis acht Prozent beim Umsatz, sieben bis elf Prozent beim Ebita – immer noch ansehnlich. Zudem ist das Segment der Hörimplantate eher klein, 90 Prozent vom Umsatz werden mit Hörgeräten erwirtschaftet. Und da bleibt das Unternehmen aus Stäfa ZH der technologische Schrittmacher. Das hat sich jüngst erneut gezeigt: am Hörgerätekongress im amerikanischen Phoenix konnte Sonova eine beachtliche Bandbreite neuer Hörlösungen präsentieren.

Über die nächsten Monate bieten Sonova kaum Kurspotenzial. Die Titel sind mit einem für dieses Jahr geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20,1 satt bewertet. Unter langfristigen Gesichtspunkten jedoch sind die Aktien attraktiv. In den Industrieländern haben etwa 15 Prozent der Einwohner Hörprobleme. Doch nur ein Fünftel von ihnen verfügt über eine Hörhilfe. Das verspricht ein gewaltiges Wachstumspotenzial.

Alte Lorbeeren

160 Milliarden Dollar war Pfizer für die Mega-Übernahme des irischen Konkurrenten Allergan willens zu zahlen. Doch als die US-Regierung neue Massnahmen gegen die Steuerflucht respektive gegen inverse Übernahmen ankündigte, platzte der Deal. Denn genau das war der Plan von Ian Read (62); der Pfizer-CEO wollte nach der Fusion den Hauptsitz nach Irland verlegen und damit in den USA zig Milliarden an Steuern einsparen. Und wie hat die Börse auf die geplatzte Hochzeit reagiert? Pfizer schossen in die Höhe, Allergan brachen ein. Die Pfizer-Aktionäre waren also alles andere denn glücklich mit den Akquisitionsplänen.

Dessen ungeachtet wird Read wohl weiterhin nach dicken Akquisitionszielen Ausschau halten. Dabei täte er besser daran, sich auf die Stärken des Unternehmens zu besinnen. Denn da liegt einiges im Argen. Die Resultate der letzten Jahre waren durchmischt, die einst hohe Innovationskraft erlahmt zusehends, in der Pipeline lassen nur Biosimilars, also Nachahmerprodukte eines Biopharmazeutikums, aufhorchen.

Vorbei die goldenen Zeiten, als der 1849 von Charles Pfizer gegründete US-Konzern mit neuen Produkten wie Viagra oder Sortis den Neid der Konkurrenz hervorrief. Zwar sind die Aktien mit einem geschätzten KGV von 14,7 günstig bewertet, auch die Dividendenrendite ist mit 3,7 Prozent attraktiv. Doch die grossen Kurstreiber fehlen. Das könnte sich ändern, wenn Pfizer in zwei Unternehmen aufgespalten würde; das eine würde etablierte Medikamente, das andere innovative Aktivitäten umfassen. Doch bis dahin bleibt noch Zeit.

Botox fürs Depot

Weitaus besser als Pfizer gefallen mir Allergan. Die verschmähte Braut will sich nun ihrerseits nach Gelegenheiten für Zukäufe umsehen. Am nötigen Cash für ausgedehnte Shoppingtouren soll es nicht scheitern; im Sommer wird die Generikasparte an den israelischen Pharmakonzern Teva verkauft. Mit dem Nettoerlös von 36 Milliarden Dollar will Allergan-Chef Brenton Saunders (46) Schulden abbauen, eigene Aktien zurückkaufen und Firmenteile von Konkurrenten respektive Produkte einkaufen.

Nur schon die bestehende Produktpalette kann sich sehen lassen. Das Unternehmen mit Sitz in Dublin ist vor allem bekannt durch sein Paradeprodukt Botox. Zwar als Mittel gegen Falten bekannt, findet es auch in der Medizin Anwendung. Dazu kommen weitere Arzneien für die Behandlung von Augenkrankheiten oder gegen Alzheimer.

Neben diesem starken Portfolio verfügt Allergan über eine solide Pipeline mit vielversprechenden, vor der Markteinführung stehenden Produkten. Alle diese Faktoren sollten «in den nächsten Jahren Gewinnsteigerungen um etwa 15 Prozent jährlich ermöglichen», bilanziert die Aktienanalystin Chi Tran-Brändli von J. Safra Sarasin. In Allergan steckt damit deutlich mehr Musik als in Pfizer. Und nach dem jüngsten Kurssturz sind die Allergan-Valoren mit einem geschätzten KGV von 15,1 für dieses und 12,5 für nächstes Jahr wohlfeil zu haben. Einziger Wermutstropfen: Die Aktionäre erhalten keine Dividende.

Saure Anleger

Noch Mitte Januar hiess es aus dem Biotech-Unternehmen Evolva: «Die Vorbereitungen für die Einführung von EverSweet im Jahr 2016 verlaufen nach Plan.» Worauf die Aktien innert eines Tages um acht Prozent zulegten. Wenige Wochen danach liess CEO Neil Goldsmith (53) verlauten, die Markteinführung des neuartigen Süssstoffes erfolge voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahr. Worauf die Aktien um 22 Prozent abstürzten. Zwar forscht das Unternehmen an weiteren Zusatzstoffen für Nahrungsmittel. Doch matchentscheidend ist der zusammen mit dem US-Konzern Cargill entwickelte, auf der Pflanze Stevia basierende Süssstoff. Denn im Gegensatz zu anderen kalorienfreien Süssstoffen hat EverSweet keinen bitteren Nachgeschmack und damit eine grosse Zukunft.

«Evolva sind eine attraktive Spekulation, doch nur für risikofähige Investoren geeignet», habe ich im Sommer letzten Jahres geschrieben. Seither haben die Papiere gut die Hälfte an Wert verloren. Die Aktienkurse werden erst dann anziehen, wenn die Marktlancierung von EverSweet klar ist. Ein Einstieg eilt nicht. Wer schon einige Zeit dabei ist, sollte die Titel halten.

Die Kontributoren sind externe Autoren und wurden von bilanz.ch sorgfältig ausgewählt. Ihre Meinung muss nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.