Was für eine vertane Chance, was für ein hageres Sprachpüree, weitgehend pointenfrei und ohne grosse Emotion. Angela Merkel hat dieses am Ende ziemlich glanzlose Duell gewonnen, und Martin Schulz hat es nach einem ziemlich beeindruckenden Anfang verloren, weil er nicht bei seinen intellektuellen Leisten blieb.

Seinen Schlussgag hatte er am Anfang verbraten und danach mit Machismo und heiterer Ruppigkeit versucht, die Kanzlerin unter Druck zu setzen. Das gelang auch, ein paar Treffer sassen. Aber sie reichten nicht, um die Kanzlerin ins Wanken zu bringen und schon gar nicht reichte es, um sich selbst als einen Politiker zu präsentieren, dem die noch unschlüssigen Wähler zutrauen, Deutschland als europäische Führungsmacht in schwierigen Zeiten zu führen.

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Wie ein rückwärtsgewandtes Therapiegespräch

Deprimierend war der Abend am Ende aber auch, weil es wie ein rückwärtsgewandtes Therapiegespräch erschien, ohne jede Aura des Zukünftigen und Vorstellbaren. Es waren zwei Politikprofis, die sich pragmatisch und erdnah verhockt in altbekannten Ansichten verschanzten. Oft genug nur durch die Tonart des Vortrags zu unterscheiden. Die Moderatoren fragten gut und pointiert, aber der Sendung fehlte der Bogen und die Hingabe an den Eros der Debatte.

Deutschland ist eines der interessantesten Länder Europas, die Welt blickt nach Berlin, aber die Staatsform, das ästhetische Gleissen der Politik, bleibt seltsam karg und provinziell. Über die Zukunft wurde nicht gesprochen. Nicht über Bildung, nicht über Digitalisierung, nicht über künstliche Intelligenz, nicht über die Bedrohung unseres Wohlstands durch aufstrebende Länder wie China, nicht über die auf uns zurasenden Technikrevolutionen... Es war zum verrückt werden. Besonders am Ende, als klar war, dass es mehr nicht geben wird, als einen Schlagabtausch ohne Überraschungen und Pointen.

Gewinner sind auch die kleineren Parteien

Die Gewinner des Abends sind Merkel und die CDU, aber wohl auch die kleineren Parteien. Am Ende sprach Merkel von sich als die Kombination von Erfahrung und Neugier, von der Neugier war aber wenig zu hören in den 97 Minuten, dafür wählen Bürgerliche dann wohl gerne die FDP. Die ökologische Frage wurde auch von Schulz nicht gestreift, das dürfte die Grünen freuen. Und vor allem werden die Scharfmacher und Ultrarechten der AfD jubeln, die das großkoalitionäre Allerlei wohl problemlos als Überkommenes vorstellen können.
 
Schade, es hätte soviel mehr sein können. Der Wahlkampf hat jetzt die Chance, in den kommenden drei Wochen ein paar Themen neu zu akzentuieren. Alles in allem war das nur ein Versuch, sich den Bürgern und Wahlwilligen vorzustellen. So richtig begeistern konnte keiner. Es war eine unsinnliche, uncharmante, unelegante Form der Vermittlung. Hoffentlich hat das keine jungen Wähler verschreckt, die gerade anfangen, sich für Politik zu interessieren.

Aber Merkel darf für sich in Anspruch nehmen, dass sie lieber regiert als wahlkämpft. Schulz ist nur Wahlkämpfer. Deswegen ist es zu wenig, was er geboten hat.

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