BILANZ: Aufgrund welcher Parameter entstehen an Ihrer Fachhochschule neue Weiterbildungsangebote?

Andreas Poplutz: Zwei Aspekte stehen für uns immer am Anfang: Was will der Markt? Und was braucht die Gesellschaft? Als Fachhochschule ist uns die Praxisorientierung sehr wichtig; durch Forschungsaufträge, Rückmeldungen von Arbeitgebern und Studenten entwickeln wir ein Sensorium für Marktbedürfnisse. Daneben gehen wir mit neuen Lehrgängen auf gesellschaftliche Entwicklungen ein, beispielsweise zum Thema Demografie.

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Wie schneidet die Schweiz ab im Vergleich mit dem internationalen Weiterbildungsbereich?

Sie steht grundsätzlich gut da. Einen Unterschied sehe ich darin, dass in der Schweiz noch stark auf formale Vorbildung geachtet wird, bevor Studierende zugelassen werden. In anderen Ländern geht der Trend dahin, Hochschulen für weitere Gruppen zu öffnen.

Die politische Schweiz forciert in der Weiterbildung die Themen IT, Gesundheit und Cleantech. Sind das die richtigen Branchen für die Jobs von morgen?

In diesen Bereichen besteht ein zusätzlicher Bedarf an qualifizierten Mitarbeitenden. Wobei es in der Weiterbildung nicht nur darum geht, Wissen für neue Berufsbilder zu fördern. Ein wichtiger Aspekt ist auch, sich in bestehenden Berufen mit der allgemeinen Entwicklung auseinanderzusetzen. Weil sich das kollektive Wissen auf der Welt alle vier bis fünf Jahre verdoppelt, sind alle Berufsleute gut beraten, sich weiterzubilden.

China und Indien bringen jährlich Zigtausende von blitzgescheiten und hungrigen Ingenieuren auf den Markt, die für einen Bruchteil unserer Kosten arbeiten. Lohnt es sich da noch, hierzulande Ingenieure auszubilden?

Auf jeden Fall. Die Ingenieurskunst hat bei uns Tradition und ist Motor vieler Innovationen in der Wirtschaft. Das Wissen muss unbedingt hier bleiben und auch hier genutzt werden. Nebst der Vermittlung fachlicher Qualifikationen beinhaltet dies auch die Förderung der Persönlichkeitsbildung.

Gemäss dem US-Futurologen Thomas Frey existieren 60 Prozent der Jobs, die in zehn Jahren aktuell sein werden, heute noch gar nicht. Stimmen Sie dem zu?

Mit dieser Grössenordnung tue ich mich schwer. Solch absolute Aussagen erinnern mich an den damaligen IBM-Chef Thomas Watson, der vor über 60 Jahren den weltweiten Bedarf an Computern «auf vielleicht fünf Stück» schätzte. Natürlich wird es laufend neue Berufsbilder geben. Aber Ärzte, Lehrer und Gastronomen etwa gab es schon immer – und es wird sie auch weiterhin geben.

Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) ist mit 28 Instituten in acht Departementen, 9700 Studierenden und über 4200 Weiterbildungsteilnehmenden eine der grössten Fachhochschulen der Schweiz.