Der Begriff «Compliance» ist eines dieser unsäglichen Worte, für die es keine sinnvolle Übersetzung gibt – am ehesten wäre es vielleicht «Regelkonformität» oder «Einhalten von Regeln», wobei auch damit nicht der wirkliche Sinn widerspiegelt wird. Zudem ist «Compliance» ein Begriff, der in der Finanzwelt wohl schon beinahe als Schimpfwort verstanden wird. Die Art und Weise, wie Finanzdienstleistern auf der ganzen Welt gewisse Aufgaben auferlegt werden, dürfte massgeblich zu dieser Abneigung gegenüber «Compliance» beigetragen haben.

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Das typische Beispiel ist der Bereich der Geldwäscherei: Beim Kampf gegen die Geldwäscherei ist das Ziel, die Verfolgung von Delikten zu vereinfachen beziehungsweise nicht zu vereiteln. Im Strafgesetzbuch ist der Artikel zur Geldwäscherei – vielleicht für viele etwas überraschend – auch unter dem Titel «Verbrechen und Vergehen gegen die Rechtspflege» zu finden. Die Absicht hinter den Geldwäschereibestimmungen ist es somit, dass die Finanzdienstleister den Strafverfolgungsbehörden die Arbeit erleichtern – oder teilweise vielleicht sogar abnehmen.

Der Outsourcing-Trend zieht Kreise

Ähnlich sieht es sodann bei Sanktionen oder der Einziehung bzw. Blockierung von Geldern im Strafverfahren aus: Mithilfe der Banken sollen Vermögenswerte gewisser Personen blockiert und unter Umständen eingezogen werden. Es handelt sich somit um behördliche Massnahmen, welche von den jeweiligen Finanzintermediären umgesetzt werden (müssen).

Dieser «Outsourcing-Trend» zieht gegenwärtig weitere Kreise: Im Rahmen der Massnahmen gegen den Klimawandel sollen Finanzintermediäre eine zentrale Rolle spielen. Der Begriff «Green Finance» und die Finanzintermediäre als Hebel im Kampf gegen den Klimawandel sind diesbezüglich in aller Munde.

Die Übernahme solcher Aufgaben durch Finanzintermediäre mag auf den ersten Blick ungerechtfertigt erscheinen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass die Umsetzung von Massnahmen wie der Kampf gegen Geldwäscherei, Sanktionen oder Klimaschutzmassnahmen durch Finanzdienstleister nicht (nur) eine unnötige Bürde sind.

Was Banken besser können

Zentral ist an erster Stelle die Effizienz: Finanzintermediäre verfügen über das Know-how und die Ressourcen, um komplexe Aufgaben wie die Überprüfung von Kundeninformationen oder die Umsetzung von Sanktionen schnell und effektiv durchzuführen. Faktisch wäre die Wahrnehmung dieser Aufgaben dem Staat selber gar nicht möglich – zumindest nicht im selben Ausmass.

Zudem würde sich ein Finanzintermediär, der bewusst Geld eines Geldwäschers zu übertragen hilft, einer bekannten Terrororganisation Vermögenswerte zukommen lässt oder bei der Finanzierung eines Unternehmens, dessen Tätigkeit gravierende Umweltschäden verursacht, involviert ist – wenn nicht rechtlich, dann zumindest moralisch –, mitschuldig machen. So scheint es doch wichtig, zu betonen, dass Finanzintermediäre auch eine Verantwortung haben, wenn es um die Umsetzung von Massnahmen geht, die der Gesellschaft insgesamt zugutekommen.

Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Schaffung eines funktionierenden Finanzsystems und können durch ihre Arbeit dazu beitragen, den Klimawandel zu bekämpfen oder die Strafverfolgung zu verbessern. Dies rechtfertigt sich durchaus – haben Banken als «Geldschöpferinnen» doch auch eine quasi-staatliche Aufgabe inne, für welche sie eine durch den Staat ausgestellte Bewilligung verfügen, mit der eine gewisse Verantwortung einhergehen soll und darf.

Insgesamt ist es also durchaus sinnvoll, dass Finanzintermediäre Aufgaben von staatlichen Behörden übernehmen. Gerade weil aber deren Umsetzung mit Aufwand und Ressourceneinsatz verbunden ist, sind die entsprechenden Bemühungen der Finanzbranche umso mehr zu schätzen – gerade in den aktuellen Diskussionen um den Bankenplatz.