Zum zweiten Mal poliert Tidjane Thiam sein Fünf-Jahre-Regnum bei der Credit Suisse auf und präsentiert es in der Öffentlichkeit als Glanzstück höchster Managementkünste. Zum ersten Mal, am Banking Summit der «Financial Times» vor ein paar Wochen, als er verkündete, wie «extrem stolz» er auf seine Arbeit bei der Credit Suisse sei. Und jetzt also in der «Financial Times», nach dem Notverkauf der Bank. 

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Hier verkündet er, wie erfolgreich seine Zeit doch war, wie mutig er beim Investmentbanking durchgegriffen habe und wie stark er das Risikomanagement ausbaute – um geschlagene 40 Prozent habe er den Personalbestand erhöht, rechnet er vor.

Zweifellos hat Thiam einiges richtig gemacht, neue Impulse gebracht – aber vieles hat er nicht oder falsch angepackt. Das Investmentbanking hat er nicht wirklich gezähmt. Als er 2015 anfing, stand der Personalbestand bei 19’000 Mitarbeitenden, heute, sieben Jahre später, sinds immer noch 17’000. Nun wird der Personalbestand wohl unter dem Duo Ralph Hamers/Colm Kelleher gnadenlos auf unter 10’000 gedrückt.

Und ja, er hat die Zahl der Risikomanagerinnen und -manager gewaltig hochgefahren, doch sicherer wurde die Bank deshalb nicht. Der Grund: Tidjane Thiam. Sein Schlachtplan, die Bank zu regionalisieren, hat intern viele Silos geschaffen, in denen die Linke nicht realisierte, was die Rechte tat. Wie sich exemplarisch am Beispiel vom Umgang mit Betrüger Lex Greensill zeigte: So verwaltete das Wealth Management Millionen von Greensill, das Assetmanagement fiel auf seine faulen Supply-Chain-Produkte herein, und das Investmentbanking gewährte ihm kurz vor dem Zusammenbruch seines Firmenimperiums im Frühling 2021 noch einen Kredit über 150 Millionen Dollar.

Und das Risikomanagement, das Thiam für Millionen hochgefahren hat: Es merkte nicht, welch Klumpenrisiko Greensill längst war. Weil es dysfunktional war und weil es von einer überforderten Chefin geleitet wurde (Lara Warner), die Thiam inthronisiert hatte und sie bei ihrer Amtseinführung als «rising star» verklärte. 2021, mit dem Implodieren der Greensill-Farce, war der Glanz ab und sie ihren Job los.

So wurde aus der Credit Suisse ein Sanierungsfall

Geblendet vom Geschäftserfolg und vom Meistern der Finanzkrise ohne Staatshilfe, verpasste es die Credit Suisse, die Zähmung der Investmentbank frühzeitig anzupacken und die dominierende Risikokultur auszumerzen. Schon seit zehn Jahren verdient die Sparte ihre Kapitalkosten nicht mehr. Mehr dazu lesen Sie hier.

Und auch den Mosambik-Skandal, den Thiam gemäss seinem FT-Stück frühzeitig anpackte und bewältigt hat, lässt viele Fragen offen. Die Einigung mit der US-Justiz in diesem Bestechungsfall kam erst im Herbst 2021 zustande, fast zwei Jahre nach seinem Abgang. Und der millionenteure Case ist längst nicht ausgestanden. Im Herbst 2023 steht der nächste Gerichtstermin vor dem höchsten Handelsgericht in London an. Der Staat Mosambik ist der Kläger, es könnten nochmals Hunderte Millionen fällig werden. Erledigt ist der Fall auch Jahre nach Thiams Abgang nicht.

Und auch über seine Performance kann man seine Zweifel haben. Unter Thiam hat die Bank dreimal Jahresgewinn eingefahren und dreimal Verluste ausgewiesen, nur etwas blieb stabil: Der Bonuspool, der verharrte stets bei 3 Milliarden Franken. 

Kurzum: Man kann sein Schulterklopfen Thiam also auch etwas skeptischer betrachten. Zum Beispiel so: Unter Thiam hat sich der CS-Aktienkurs halbiert. «Extrem stolz» kann er darauf nicht wirklich sein.

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Karin Bosshard, Chefredaktorin von HZ Banking, und ihr Bankenexpertenteam liefern Ihnen die Hintergründe zu Themen, welche die Schweizer Bankenszene bewegen. Jeden Tag (werktäglich) in Ihrem E-Mail-Postfach. Jetzt anmelden!
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