Die jüngsten Finanzergebnisse der Zürcher Kantonalbank (ZKB), beflügelt durch die Zinserhöhungen der Schweizerischen Nationalbank, haben die Bank in eine bemerkenswert starke Position gebracht. Mit 104 Milliarden Franken an Kundeneinlagen und 98 Milliarden Franken an ausgegebenen Hypotheken hat sich das Zinsgeschäft als Hauptertragsquelle der Bank verstärkt, mit einem Nettoertrag von 946 Millionen Franken im ersten Halbjahr 2023.

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Strategischer Schachzug

Die kürzlich erfolgte Entscheidung, die Gebühren für Privatkonten und Debitkarten abzuschaffen, wird als strategischer Schachzug betrachtet. Diese Massnahme könnte der Bank signifikante Wettbewerbsvorteile bei der überregionalen Kundengewinnung verschaffen und ihre Refinanzierungsmöglichkeiten stärken. Darüber hinaus regt sie eine vertiefte Diskussion über die Gebühren im Bankensektor im Allgemeinen und im Bereich der Anlagekosten im Besonderen an, was eine bedeutende Entwicklung für den gesamten Finanzsektor in der Schweiz darstellen könnte.

Kleinsparer profitieren am meisten

Dank den Gewinnen aus dem Zinsdifferenzgeschäft ist die ZKB in der Lage, diesen kostenintensiven Entscheid zu tragen. Indem die ZKB ihre Position als die Kantonalbank mit der grössten Bilanzsumme nutzt, übt sie Druck auf kleinere Mitbewerber im Markt aus, was zu einer Veränderung in der Gebührenstruktur im Schweizer Bankensektor führen könnte.

Zur Person

Alain Beyeler ist Asset-Management-Spezialist und seit Februar 2020 CEO der Finpact AG.

Der Entscheid der ZKB, die Gebühren für Privatkonti und Debitkarten abzuschaffen, kommt vor allem den Kleinsparern zugute, die mehr als die Hälfte der rund 700’000 Kundinnen und Kunden der Bank ausmachen. Diese Kundengruppe stellt einen bedeutenden Anteil der Schweizer Bevölkerung dar. Gemäss der «Swiss Affluent Studie» von Deloitte aus dem Jahr 2023 verfügen 74 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer über ein Vermögen von weniger als 200’000 Franken. Für diese Kundengruppe bedeutet die Abschaffung der Gebühren eine spürbare finanzielle Entlastung.

Anlagekosten ökonomisch bedeutsamer

Der gesamtwirtschaftliche Einfluss dieser Massnahme ist jedoch als begrenzt einzuschätzen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist das Zusammenspiel von Gebühren und Zinsen zu betrachten. Die ZKB ist aufgrund ihrer starken wirtschaftlichen Position – insbesondere vor dem Hintergrund der Herausforderungen bei der Credit Suisse – in der Lage, eine eher defensive Zinskonditionenstrategie zu verfolgen.

Diese Position ermöglicht es der ZKB, Gebührenerlasse zu gewähren, ohne ihre finanzielle Stabilität zu gefährden, was die Bank in einer sich verändernden Bankenlandschaft weiter stärkt. Dies eröffnet eine breitere Diskussion über Kostenstrukturen im Finanzsektor, insbesondere im Bereich der Anlagekosten.

Eine Studie der Hochschule Luzern, die in Kooperation mit der Finpact AG Ende Januar 2024 veröffentlicht wird, zeigt, dass Kostentransparenz und kostengünstige Lösungen ein wichtiges Bedürfnis der Anlegerinnen und Anleger der Altersgruppe 50 plus sind.

Einfachere Vergleichbarkeit ist gefragt

Diese Präferenzen widerspiegeln sich jedoch nicht immer in der Realität. Die Kostenstruktur im Anlagegeschäft ist oft komplex und schwer durchschaubar, mit verschiedenen Ebenen von Gebühren, darunter Vermögensverwaltungskosten, Transaktionsgebühren und Währungswechselkosten. Vergleichsportale wie Comparis haben bisher nur begrenzt dazu beigetragen, Anlagelösungen für Privatvermögen transparenter zu machen. Die mangelnde Transparenz und die Schwierigkeit, relevante Informationen zu erhalten, erschweren es für Privatkunden eine fundierte Entscheidung zu treffen und zeigen die Notwendigkeit auf, die Vergleichbarkeit und die Informationsbeschaffung in diesem Bereich zu vereinfachen.

Anlagekosten wirtschaftlich bedeutsam

Um das finanzielle Wohlergehen von Retail- und Affluent-Kunden nachhaltig zu verbessern, sollte den Anlagekosten vermehrt Beachtung geschenkt werden. Diese Kundengruppe hält gemäss einer Deloitte-Studie rund 45 Prozent des Vermögens, was rund 900 Milliarden Franken entspricht.

Gemäss Moneyland.ch betragen die durchschnittlichen Vermögensverwaltungskosten bei einem Anlagevermögen von 250’000 Franken 1,37 Prozent pro Jahr, wobei viele Anlagelösungen für Retailkunden deutlich höhere Gesamtkosten aufweisen. 

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Die Relevanz dieser Kosten wird insbesondere im Zusammenhang mit dem Zinseszinseffekt bei langfristigen Anlageergebnissen deutlich. Ein vereinfachtes Rechenbeispiel: Eine jährliche Einsparung von 0,5 Prozent der Anlagekosten auf das Gesamtvermögen dieser Kundengruppe über einen Zeitraum von 10 Jahren würde eine kumulierte Mehrrendite von 50 Milliarden Franken über diesen Zeitraum ergeben.

Digitale Plattformen bieten günstige Lösungen

Diese Einsparungen hätten einen erheblichen volkswirtschaftlichen Nutzen. Digitale Anlageplattformen bieten bereits heute effiziente Vermögensverwaltungslösungen, mit denen solche Kosteneinsparungen realisiert werden könnten. Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Kommissionserträge ist eine Nullkostenpolitik im Anlagegeschäft kaum vorstellbar. Eine breite Sensibilisierung und Aufklärung könnte jedoch das Anlagegeschäft verändern und einen signifikanten Mehrwert für die Kundinnen und Kunden schaffen.

Ein wesentlicher Aspekt, der beim Vergleich von Anlagelösungen fehlt, sind zugängliche und leicht verständliche Informationen über Leistungen und Gebühren. Der Aufwand für einen umfassenden Vergleich von verschiedenen Angeboten erweist sich oft als zeitaufwendig und komplex.

Vor diesem Hintergrund ist der Entscheid der ZKB, die Gebühren für Privatkonti und Debitkarten abzuschaffen, ein wichtiger Schritt hin zu einer transparenteren und kundenorientierteren Gebührenstruktur im Bankensektor. Dieser Schritt könnte weitreichende positive Auswirkungen auf die gesamte Finanzbranche haben. Ein weitaus grösserer wirtschaftlicher Nutzen für die Kundinnen und Kunden könnte jedoch durch mehr Transparenz und Fairness im Bereich der Anlagekosten erzielt werden.

 

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