Welche Lehren soll die Schweiz aus dem Kollaps der Credit Suisse vor einem Jahr ziehen? Diese Debatte läuft auf Hochtouren. Nun schaltet sich der Verwaltungsratspräsident der UBS, Colm Kelleher, in der «NZZ am Sonntag» in die Diskussion ein. Und bringt einen brisanten Vorschlag.

Kelleher plädiert dafür, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) mehr Kompetenzen in der Bankenaufsicht bekommen soll. «Die Finanzstabilitität ist eine Aufgabe der Zentralbank. Zu einem stabilen Finanzsystem gehört auch die Bankenregulierung», sagte Kelleher der «NZZ am Sonntag». 

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Auch der UBS-Präsident plädiert zwar dafür, dass die Finma neue Instrumente bekommen soll. «Eine Kernfrage ist aber, welche Rolle die Aufsichtsbehörden und die Zentralbank spielen und ob sie besser koordiniert werden müssen, wie dies in den USA und Grossbritannien der Fall ist. Wird es eine 'Doppelspitze' geben, mit einer Aufsichtsbehörde, die der Zentralbank unterstellt ist? Das muss jetzt geklärt werden», so Kelleher.

Soll die Finma der SNB unterstellt werden?

Mit seinem Vorschlag greift der UBS-Präsident einen Punkt auf, der bereits im Experten-Bericht der vom Bund eingesetzten Kommission zu finden ist. Diese Kommission unter der Leitung des Wirtschaftsprofessors Yvan Lengwiler kritisiert ebenfalls, dass die Zusammenarbeit zwischen Finma, SNB und dem Finanzdepartement nicht klar genug geregelt sei. Das führe dazu, dass jede Behörde nur auf ihren Bereich schaue und niemand die Gesamtverantwortung trage. Anders als Kelleher schlägt die Lengwiler-Kommission als Idee vor, die SNB bei einer Bankenrettung der Finma zu unterstellen. Denn wenn die Finma eine Bankensanierung anordne, die SNB aber nicht die dazu nötige Liquidität zur Verfügung stelle, sei die Aufsicht am Ende machtlos.

Kelleher plädiert nun de facto für den umgekehrten Weg: Dass die Finanzaufsicht mehr in die Notenbank integriert wird. So ist es bereits in der Eurozone geregelt, dort wurde die Aufsicht der grössten Finanzinstitute in die Europäische Zentralbank integriert. Die SNB hat bisher dagegen null Interesse daran bekundet, die Bankenaufsicht übernehmen. Derzeit heisst es im Nationalbankgesetz lediglich, dass die SNB zur Stabilität des Finanzsystems «beiträgt». 

Die Zurückhaltung der SNB ist verständlich: Bankenaufsicht ist ein undankbarer Job. Viele Beobachter werfen der Finma vor, nicht rechtzeitig reagiert zu haben, um den Crash der CS zu verhindern. Die Finma selbst beklagt, dass ihr wirksame Instrumente dazu gefehlt hätten, etwa, Banker persönlich mit Bussen haftbar zu machen. Der UBS-Präsident unterstützt die Anliegen der Finma, der Aufsicht mehr Instrumente zu geben.

UBS bereitete CS-Übernahme seit November 2022 vor

Aber auch Kelleher verpasst in dem Interview der Finma subtil einen Hieb. Auf die Frage, ob die Aufsicht nicht ihren Job so gut gemacht habe, wie sie konnte, antwortete Kelleher: «Die Finma hat zwischen 15. und 19. März sehr gute Arbeit geleistet.» Im Klartext: In der Zeit davor, also als die CS ins Taumeln geriet, offenbar nicht.

Der Ire berichtet in dem Interview zudem über die Zeit der Übernahmegespräche. Die UBS habe sich bereits im Juli 2022 mit externen Beratern besprochen, im November hätten dann die konkreten Vorarbeiten für eine Übernahme begonnen. «Als die CS im Oktober 2022 ihren Strategieplan vorstellte, war mir klar, dass die keine Zukunft mehr haben würde», sagte Kelleher.

Spannend ist auch, was der UBS-Präsident zur umstrittenen Entscheid der Aufsicht sagt, AT1-Anleihen der CS im Wert von 16 Milliarden Franken abzuschreiben. Dieser Entscheid wird von Investoren vor Gericht angefochten. Letztlich floss das Geld dann der UBS zu, welche die CS übernahm. Kelleher betont zwar, dass die Entscheidung von der Finma getroffen worden sei, die UBS habe damit nichts zu tun. 

Gleichzeitig betont er aber auch, wie wichtig diese Kapitalstärkung war, damit der Deal zustande kam. «Die Frage ist, was wir getan hätten, wenn die AT1-Anleihen nicht abgeschrieben worden wären. Ich denke nicht, dass wir zu einer praktikablen Einigung gekommen wären, denn es klaffte eine Kapitallücke von 16 Milliarden Franken.»  

Holger Alich
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