Über die Privatbank J. Safra Sarasin ist nur wenig zu lesen. Die Website listet für das Jahr 2022 gerade mal fünf Medienmitteilungen auf. Das ist ganz im Sinne des diskreten Safra-Clans, der allerdings derzeit mit einem hässlichen Erbschaftsstreit selbst Schlagzeilen produziert.

In der Schweiz zählt die Privatbank J. Safra Sarasin zum Imperium. 2011 übernahm die libanesisch-brasilianische Familie die Traditionsbank Sarasin. Seitdem haben die Safras keinen Rappen aus der Bank als Dividende bezogen. 

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Familie bezieht keine Dividende

Die Gewinne werden vollständig im Unternehmen belassen. 2022 verdiente Safra Sarasin 440,2 Millionen Franken, 4 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch dieses Geld wandert ins Eigenkapital, sodass die Bank mittlerweile über eine harte Kernkapitalquote von 44,1 Prozent verfügt. Zum Vergleich: Die auch nicht dünn kapitalisierte Privatbank Pictet weist über 20 Prozent Kernkapital aus, die Grossbank CS liegt derzeit bei 14 Prozent.  

Jürg Haller, Verwaltungsratspräsident der Bank J. Safra Sarasin, kommentiert die hohen Polster lakonisch: «Die Solidität der Bank ergibt sich aus der konsequenten Leistung, die sich in einer soliden Finanzlage niederschlägt.»  

Auf jeden Fall hat Safra Sarasin dank der dicken Kapitaldecke immer mehr Feuerkraft, um Zukäufe zu tätigen. Derzeit sei aber nichts spruchreif, versichert Haller. «Zukäufe bleiben eine Option, vom Budget her sind wir hier nicht eingeschränkt.» Beim Wachstum setzt die Bank auch auf Neueinstellungen: 86 neue Mitarbeitende kamen netto vergangenes Jahr an Bord, rund die Hälfte davon Kundenberaterinnen und Kundenberater. 

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Gerüchte um Übernahme der EFG

Vergangenen Sommer waren Gerüchte aufgekommen, Safra Sarasin könnte nach der Bank EFG greifen, die bekanntlich einen umtriebigen Verwaltungsrat namens Boris Collardi hat. Haller will zu den EFG-Gerüchten nichts sagen. Allen Anschein nach ist da aber nichts dran.

Zum Thema Zukäufe ergänzt Haller: «In guten Zeiten gibt es eher weniger gute Möglichkeiten für Zukäufe.» In den vergangenen Jahren boten sich deshalb keine günstigen Gelegenheiten. «Das könnte sich jetzt ändern.» Denn mit den stark schwankenden Märkten und der Angst der Börsen vor weiter steigenden Zinsen könnte möglicherweise eine interessante Privatbank auf den Markt kommen. 

Beim Neugeld wuchs die Bank letztes Jahr um 4 Milliarden Franken, einen sichtbaren Effekt von den Problemen der Credit Suisse hat es dem Anschein nach bei Safra Sarasin nicht gegeben. Man sei in allen Märkten gut gewachsen, ist nur zu hören. Wegen der Börsenbaisse sanken die verwalteten Vermögen auf 197,9 Milliarden Franken (Vorjahr: 224,7 Milliarden).

Erbenstreit sorgt für Schlagzeilen

Die Bank sieht einen Wettbewerbsvorteil darin, dass sie der Unternehmerfamilie Safra gehört. Doch von der kam zuletzt mediales Störfeuer. Nach dem Tod von Familienpatron Joseph Safra im Dezember 2020 kam es zum Streit unter den Erben, der vor Gericht enden könnte.

Josephs Sohn Alberto Safra wirft seiner Mutter Vicky und seinen Brüdern Jacob und David vor, seine Anteile an der Holdinggesellschaft der Safra National Bank mit unlauteren Mitteln verwässert zu haben. Schon 2019 war Alberto im Streit aus dem Verwaltungsrat der Banco Safra ausgeschieden. 

Das Gesamtvermögen der Familie wird auf rund 23 Milliarden Dollar geschätzt, darin enthalten ist auch die Schweizer Bank J. Safra Sarasin.

Hat der Erbenstreit die Bankkunden verunsichert? Bank-Präsident Haller winkt ab: «Wir haben hierzu keine Fragen vonseiten der Kunden bekommen.»

Holger Alich
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