Die Schweiz kann endlich ein neues Freihandelsabkommen abschliessen: Am Donnerstag wird Finanzministerin Karin Keller-Sutter mit dem britischen Schatzkanzler Jeremy Hunt ein Finanzabkommen unterzeichnen, wie aus einer Medieneinladung hervorgeht. 

Das Abkommen basiert darauf, dass die Finanzdienstleister beider Länder leichter Zugang zum anderen Markt bekommen sollen, indem beide Länder ihre Finanzregulierung für bestimmte Bereiche als gleichwertig anerkennen (Fachbegriff: Mutual Recognition Agreement, kurz MRA). Laut Finanzkreisen ist der Umfang des Abkommens aber auf Profikunden beschränkt. 

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So sollen zum Beispiel Schweizer Banken leichter britischen Vermögensverwaltungskunden und -kundinnen bedienen dürfen; dem Vernehmen nach definiert der Vertrag eine Mindestanlagesumme, ab der ein Anleger oder eine Anlegerin als qualifizierte Investorin gelten soll.

Umgekehrt war die britische Versicherungsindustrie scharf darauf, leichter in der Schweiz geschäften zu können, daher waren die Schweizer Versicherer bis dato zurückhaltend und forderten enge Grenzen, für welche Kundengruppe die Marktöffnung gelten soll. Die hiesige Versicherungsbranche war recht zufrieden mit der bis dato geltenden Regelung, dass ein ausländischer Versicherer physisch mit einer Schweizer Tochter präsent sein muss, um Schweizer Kundschaft Policen verkaufen zu dürfen.

Nach Informationen der «Financial Times» sieht das Abkommen unter anderem Lockerungen für britische Versicherungsmakler vor. Diese sollen künftig ohne physische Präsenz in der Schweiz Risiken von ihren Kunden bei Schweizer Versicherern platzieren können. Details zum Vertrag werden Donnerstag dann bekannt gegeben. 

Finanzzentren London und Zürich/Genf rücken zusammen

Die Verhandlungen über das Finanzabkommen liefen seit dem Jahr 2020. Der Abschluss ist für beide Länder auch ein politischer Erfolg. Die britische Regierung kann nach dem Brexit endlich ein Freihandelsabkommen mit einem wichtigen Partnerland abschliessen. 

Auch für die Schweiz ist der Abschluss ein wichtiger Erfolg. Denn der Vertrag zeigt, dass es eine Alternative zum Vorgehen der EU-Kommission gibt. In den Verhandlungen mit der EU geht es primär um die Frage, ob und wie stark die Schweiz EU-Regeln übernehmen muss, um vom Binnenmarkt zu profitieren. Der Vertrag mit der gegenseitigen Normenanerkennung mit Grossbritannien zeigt, dass es auch anders geht.

Zudem rücken mit dem Vertrag die Finanzzentren London und Zürich/Genf zusammen, was ihre Bedeutung im Wettbewerb mit Plätzen wie Frankfurt oder Paris tendenziell stärkt.

Holger Alich
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