Experten rufen nach dem Staat, um der CS beizuspringen

Er versucht es immer und immer wieder. Aber seine Botschaft verfängt nicht. Sichtlich blass und mit Stressflecken im Gesicht trat Credit-Suisse-Chef Ulrich Körner am Mittwoch vor die Kamera des asiatischen Senders CNA. Die Probleme der kollabierten Silicon Valley Bank (SVB) hätten nichts mit der Credit Suisse zu tun, sagte er. «Wir sind eine starke Bank, wir sind eine globale Bank unter Schweizer Regulierung, wir erfüllen und übertreffen im Grunde alle regulatorischen Anforderungen», sagte Körner. Die im Geschäftsbericht vermerkten Kontrollmängel würden adressiert, doch diese hätten keinen Einfluss auf die Finanzergebnisse, die ohne Einschränkung testiert worden seien. Doch es half nichts: Die Credit-Suisse-Aktie rauschte am Mittwoch in die Tiefe und fiel bis auf 1,55 Franken. Erst am späten Nachmittag erholte sich der Kurs wieder etwas. Die Kreditausfallversicherungen erreichten neue Höchststände, und die Schulden der CS werden unter ihrem Nennwert gehandelt. «Investoren meinen, dass diese Bank gerettet werden muss», sagte Joost Beaumont, Leiter Research der niederländischen Bank ABN Amro, gegenüber dem «Wall Street Journal». Und ergänzte: «Wenn die Regulatoren die Situation der Credit Suisse nicht gut meistern, wird das Schockwellen durch den gesamten Sektor schicken.» Im Schlepptau der CS fielen weltweit die Aktienkurse von Grossbanken wie BNP Paribas oder der Deutschen Bank. Die «Financial Times» vermeldete, die CS hätte bei der Notenbank um verbale Unterstützung gebeten. In Frankreich forderte gar die Premierministerin Élisabeth Borne die Schweizer Behörden auf, endlich zu handeln. Finanzminister Bruno Le Maire solle «in den nächsten Stunden» mit seiner Schweizer Amtskollegin Karin Keller-Sutter Gespräche in der Sache aufnehmen. Was ist da los? Die Ratlosigkeit ist mit Händen zu greifen. Den jüngsten Kursrutsch löste ausgerechnet der eigene Grossaktionär der Credit Suisse aus. Der Präsident der Saudi National Bank, Ammar Al Khudairy, erklärte auf einer Finanzkonferenz am Mittwoch, dass sein Institut aus aufsichtsrechtlichen Gründen keine frischen Mittel in die CS einschiessen werde. Das löste an den Märkten eine Panik aus. An der finanziellen Lage der CS hat sich per se nichts geändert. Die Eigenkapitalquote liegt über 14 Prozent, weit oberhalb der Anforderungen. Und am Dienstag hatte Körner noch versichert, dass auch in Sachen Liquidität die Bank sehr solide aufgestellt sei. Betrug die Liquiditätsquote Ende Jahr noch 144 Prozent, seien es mittlerweile über 150 Prozent. In der Schweiz bisher keine Anzeichen für Bankrun Dabei hatte die CS Ende Jahr schon eine Art Bank-Run erlebt, als Kunden und Kundinnen über 100 Milliarden Franken abzogen.Die Credit Suisse gerät in den Strudel der US-Bankenkrise, die vergangenen Freitag mit dem Kollaps der Silicon Valley Bank begonnen hatte. Die CS galt schon vor den neuen Turbulenzen im Bankensektor als angezählt. Sollte die Nervosität der Finanzmärkte erneut die Kundinnen und Kunden verscheuchen und sollten diese erneut Milliarden abziehen, könnte es tatsächlich eng werden. Zumindest in der Schweiz gab es am Mittwoch aber noch keine Anzeichen für einen Bank-Run. «Wir verzeichnen derzeit keine Auffälligkeiten», heisst es von einer namhaften Konkurrenzbank. Was die CS dringend braucht, sind gute Nachrichten. Doch die haben Körner und Co. derzeit nicht im Angebot. Dass der CS-Chef im asiatischen TV auftrat, dürfte kein Zufall sein, gelten doch gerade die asiatischen Reichen als eine besonders scheue Kundengruppe. Auch Ökonom Klaus Wellershoff sieht nun den Bund in der Pflicht: «In einer solchen Phase braucht es von Regulatoren, Notenbankern und natürlich auch von den Bankern eine sehr gute Kommunikation, um zu verhindern, dass aus dem angeschlagenen Vertrauen eine Vertrauenskrise wird», so der Chef des Beratungsunternehmens Wellershoff & Partners. «Ohne die staatlichen Stellen geht es jetzt nicht mehr. Es braucht jetzt Leadership auf breiter Front.» Doch bis zum Abend waren die Schweizerische Nationalbank und die Aufsicht Finma kommunikativ auf Tauchstation: «Kein Kommentar.» Beim Finanzdepartement waren nur Mailboxen erreichbar. Jordans Intervention verpuffte Eine erste verbale Intervention vom Finanzministerium und von der Notenbank Mitte Dezember war wirkungslos verpufft. Bei einem Mediengespräch Ende Jahr hatte SNB-Chef Thomas Jordan die Umbaupläne der Grossbank explizit begrüsst. «Mit dieser Neuausrichtung wird es auch über die Zeit zu einer massgebenden Reduktion der Risiken kommen, was auch aufgrund der Finanzstabilität zu begrüssen ist», hatte Jordan erklärt. Kurz zuvor hatte sich ähnlich der damalige Finanzminister Ueli Maurer im Interview mit SRF geäussert. Es darf als sicher gelten, dass jetzt angesichts der Krise die Drähte zwischen Finma, Notenbank und dem Finanzdeparement heiss laufen. Doch die staatlichen Stellen werden kaum Lust verspüren, der CS finanziell unter die Arme zu greifen. Denn zum einen besteht Stand jetzt von den Kennzahlen her dazu kein Grund. Zum anderen wäre es ein peinliches Eingeständnis, dass die Aufsicht im Fall CS erneut versagt hätte. Und dass die ganze Bankenregulierung, die seit der Finanzkrise 2008 entwickelt wurde, nutzlos ist. CS-Präsident Axel Lehmann erklärte am Mittwoch trotzig, dass Staatshilfen für seine Bank «kein Thema» seien. Doch auch in den USA obsiegte am Ende der Pragmatismus bei den zuständigen Stellen: Die US-Notenbank Fed und das Finanzministerium retten zwar nicht die Silicon Valley Bank, pauken aber die Kunden und Kundinnen raus. In Sachen Credit Suisse ist derzeit nur sicher, dass nichts sicher ist.UBS profitiert von SVB-Pleite – Kauf der CS kein Thema Die jüngsten Marktverwerfungen haben der Schweizer Grossbank UBS Zuflüsse von Kundengeldern beschert. «In den letzten Tagen haben wir, wie zu erwarten war, Zuflüsse verzeichnet», sagte Konzernchef Ralph Hamers am Mittwoch auf einer Anlegerkonferenz. «Aus dieser Perspektive ist es eindeutig eine Flucht in die Sicherheit, aber ich denke, drei Tage ergeben noch keinen Trend.» Der Kollaps der kalifornischen Silicon Valley Bank (SVB) hatte zum Wochenstart Schockwellen an den Finanzmärkten ausgelöst und auch in Europa den Bankensektor mit nach unten gezogen. Unter besonderem Druck standen die Aktien des UBS-Konkurrenten Credit Suisse. Zu einer möglichen Übernahme der krisengeplagten Credit Suisse sagte Hamers, die UBS konzentriere sich auf sich selbst und habe eine Strategie des organischen Wachstums. Mehr hier.