Pascale Bruderer blickt als ehemalige Ständerätin und Nationalrätin auf eine langjährige politische Karriere zurück. Als Gründerin der Swiss Stablecoin AG macht sie sich nun für die Einführung eines Digitalfrankens stark. Weshalb sie das Thema so beschäftigt und wie sie auf die Haltung der Schweizerischen Nationalbank blickt, erklärt sie im Interview am Digital Finance Forum in Vaduz. 

Als Politikerin befassten Sie sich mit verschiedenen gesellschaftlichen Themen. Digitalwährungen sind hingegen deutlich spezifischer. Wie kam es, dass Sie ihren Fokus ausgerechnet darauf legten?

Es war ja nicht so, dass ich keine Lust mehr auf Politik hatte. Aber nach 20 Jahren Parlament freute ich mich auf die Möglichkeit, mich nicht nur weiterhin für gute Rahmenbedingungen zu engagieren, sondern auch konkrete Projekte umzusetzen. Technologie hat mich immer interessiert. Insbesondere die Frage, wie durch Technologie nachhaltiger Mehrwert erzielt werden kann – für die Wirtschaft, aber auch für die breite Bevölkerung.

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Ich sehe mich nach wie vor nicht als Vertreterin der Finanzbranche, sondern als jemand, der versucht, eine Brücke zwischen Finanzinnovation, Realwirtschaft und Regulation zu bauen. 

Hinter der Swiss Stablecoin AG steckt also eher eine gesellschaftliche Vision als eine wirtschaftliche?

Auch, ja. Denn an meiner inneren Motivation hat sich nichts verändert. Die Werte, für die ich mich als Politikerin einsetzte, leiten mich auch als Unternehmerin. Im Engagement für einen digitalen Franken steckt  auch ein staatspolitischer Aspekt. Werfen wir einen Blick auf die Entwicklung, welche international im Gang ist: 93 Prozent der Zentralbanken setzen sich mit der Digitalisierung ihrer Währung auseinander. 

Auch wenn die SNB hier nicht selber tätig werden will: Aus Souveränitätsüberlegungen scheint es mir für unser Land wichtig, ein eigenes Angebot bereitzuhalten. Reguliert, breit zugänglich, aus der Schweiz und für die Schweiz. Genau daran arbeiten wir. Aus meiner Sicht kann die Schweiz kein Interesse daran haben, dieses Feld einem ausländischen Stablecoin-Anbieter zu überlassen. 

Mit dem Projekt «Helvetia» beschäftigt sich die Schweizerische Nationalbank ja bereits mit dem Wholesale-CBDC. Wie blicken Sie darauf?

Sehr positiv. Die SNB treibt im Wholesale-Bereich wichtige Projekte voran. Sie sieht aber im Retail-Bereich nicht im Lead. Man kann das bedauern – oder aber man kann den Ball auffangen und privatwirtschaftlich Verantwortung übernehmen. Ordnungspolitisch ist der SNB jedenfalls kein Vorwurf zu machen, dass sie es nicht als ihre Aufgabe betrachtet, den Bürgerinnen und Bürgern direkt einen Digitalfranken zur Verfügung zu stellen. Ich kann die Positionierung der SNB – welche übrigens in Übereinstimmung ist mit der Ablehnung der Vollgeldinitiative damals – nachvollziehen, auch wenn sie sich von jener anderer Zentralbanken wie der Europäischen Zentralbank unterscheidet. 

Umso wichtiger ist es, dass ein anderes reguliertes Schweizer Angebot diesen Platz einnimmt. Ich gebe gerne und ganz offen zu: Hätte die SNB sich anders positioniert, wäre Swiss Stablecoin nicht gegründet worden. Und von Anfang an setzten wir auf einen aktiven Dialog mit der SNB sowie weiteren relevanten Behörden.

Was glauben Sie, ist der Hauptbeweggrund dafür, dass die SNB den Retail-CBDC so zögerlich betrachtet?

Die beste Antwort darauf liefert vielleicht der Blick in den Euro-Raum: Grundsätzlich erhält der digitale Euro Zuspruch, auch von vielen Banken. Das Ausmass des Vorhabens führt nun aber je länger, je mehr zu Fragen wie: Wo haben hier die Banken ihren Platz? Führt eine Retail-CBDC in diesem Umfang nicht zu einer massiven ordnungspolitischen Verschiebung der Rollenteilung? Ich kann diese Fragen nachvollziehen. Und – mit Blick zurück in die Schweiz – in diesem Kontext auch die Positionierung der SNB. Ob diese immer so bleibt, wird die Zukunft weisen. 

Wir versuchen unser Projekt daher so zu planen, dass es auch einen Nutzen hätte, wenn die SNB sich anders ausrichten würde. Denn uns ist nicht primär wichtig, wer den Digitalfranken anbietet, sondern dass es ein entsprechendes Angebot geben wird – als ergänzende Zahlungsinfrastruktur in der Schweiz. 

Wie schätzen Sie den Zeithorizont ein, den es braucht, um in der Schweiz mit einem breit zugänglichen digitalen Franken rechnen zu können?

Wir haben ein erfolgreiches Proof of Concept hinter uns und wollen innerhalb eines Jahres das Kernprodukt technisch bereit haben. Der Zeitpunkt der Lancierung hingegen wird von den Partnerschaften aus der Realwirtschaft und Finanzindustrie abhängen. Denn für einen breit zugänglichen Digitalfranken brauchen wir Unternehmen an unserer Seite, die eine entsprechende Reichweite haben, in der ganzen Schweiz verankert sind und Vertrauen geniessen. 

Welche Rolle spielt dabei die Öffentlichkeitsarbeit?

Innovationen haben ein grosses Potential – aber nur, wenn wir die Menschen mit auf den Weg nehmen. Darum ist aktive Information und Kommunikation enorm wichtig, gerade bei komplexen Entwicklungen. Dafür habe ich mich während meiner politischen Zeit immer eingesetzt, und das gilt genauso in der Wirtschaft. Mit Schlagwörtern allein, etwa «Digitalisierung», sind die Leute nicht abzuholen. Stattdessen ist es wichtig, zu zeigen, wie die Menschen Teil davon sein können und was sie davon haben. 

 

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