Die Deutsche Bank will ihre Erträge aus dem Privatkundengeschäft in Asien innerhalb von fünf Jahren massiv erhöhen, indem sie sich verstärkt um die sehr wohlhabenden Kundinnen und Kunden der Region bemüht. Die Strategie, die auch andere grosse Finanzinstitute fahren: aus dem Beinahezusammenbruch der Credit Suisse zu profitieren.

Die Deutsche Bank zielt auf Unternehmerinnen und Unternehmer mit einem investierbaren Vermögen von mindestens 50 Millionen Euro ab, wie Jin Yee Young in ihrem ersten Interview seit ihrem Wechsel zur Deutschen Bank gegenüber Bloomberg sagte. Sie verantwortet seit diesem Januar die Vermögensverwaltung Asien-Pazifik beim deutschen Bankinstitut.

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«Unser Ziel ist, unsere Erträge bis 2027 zu verdoppeln, und das bei einem Anstieg der Zahl unserer Kundenbetreuerinnen und -betreuer um nur 30 Prozent», so Young, die zuvor rund zwanzig Jahre lang bei der Credit Suisse tätig war, zuletzt als Nummer zwei des asiatischen CS-Vermögensverwaltungsgeschäfts. Jeder Betreuer, jede Betreuerin müsse mehr für seine oder ihre Kundschaft tun, so Young.

Jin Yee Young ist Leiterin der Internationalen Privatkundenbank Asien-Pazifik bei der Deutschen Bank.

Nach zwanzig Jahren bei der Credit Suisse wechselte Jin Yee Young Anfang Jahr zur Deutschen Bank.

Quelle: Deutsche Bank

Ihr Boss ist ein weiterer Ex-CS-Banker

Anlässlich ihrer ersten hundert Tage bei der in Frankfurt ansässigen Bank veranstaltete Young am Dienstag in Hongkong ein internes Townhall, um die Strategie vorzustellen. Hunderte von Mitarbeitenden aus dem Grossraum China, Singapur, Indien und Dubai waren zugeschaltet. Die Deutsche Bank hat in Asien, einem der am schnellsten wachsenden Märkte, leitende Angestellte für das Vermögensverwaltungsgeschäft rekrutiert.

2021 lag die Deutsche Bank auf der Liste der Asian Private Banker für Asien ohne das chinesische Festland auf Platz 14, basierend auf einem Vermögen von 79 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Die CS verwaltete damals 239 Milliarden Dollar.

Young berichtet an Claudio de Sanctis, den Leiter der internationalen Privatbank, zu der auch die Vermögensverwaltung gehört. Er wechselte 2018 zur Deutschen Bank – nach fünf Jahren bei der Credit Suisse und einer längeren Tätigkeit bei der UBS. Die Zusammenführung des Duos unterstreicht die Ambitionen der Deutschen Bank, zu den Konkurrentinnen aus der Schweiz und den USA aufzuschliessen, die die Vermögensverwaltungsbranche lange Zeit dominiert haben. Young, 48, war die Nummer zwei im asiatischen Vermögensverwaltungsgeschäft der Schweizer Bank. 

Das Vorhaben der Deutschen Bank ist auch ein Angriff auf die UBS

«Wir wollen sicherstellen, dass wir in den nächsten fünf Jahren und darüber hinaus als die beste Privatbank für den asiatischen Raum gelten», sagte Young, die aus Singapur stammt und dort wohnt. «Die Grösse spielt keine Rolle. Wir wollen die Bank sein, bei der die Kundschaft ihre Bankgeschäfte machen will, insbesondere für Unternehmerinnen und Unternehmer und ihre Familien.» Die Deutsche Bank verfügt über ein Firmenkundengeschäft, das Kredite an Unternehmen in Asien vergibt.

Youngs Strategie spiegelt die ihres früheren Arbeitgebers wider. Unter dem früheren CEO Tidjane Thiam warb die Credit Suisse um reiche Unternehmer und Unternehmerinnen, um deren Privatvermögen zu verwalten und ihre Unternehmen bei Börsengängen oder Übernahmen zu unterstützen.

Die Deutsche Bank wird mit der UBS konkurrieren müssen, dem weltweit grössten Vermögensverwalter. Unter den ausländischen Banken dominiert die UBS die meisten Vermögensverwaltungsmärkte in der Region, einschliesslich des Grossraums China und Südostasien. Zu den anderen Vermögensverwaltern mit grossen Niederlassungen und Mitarbeitendenzahlen in Asien gehören die Citigroup und die HSBC.

Die Banken stürzen sich auf die Vermögenswerte der CS

Verschiedene Banken – etwa HSBC, DBS Group Holdings und die China Merchants Bank – haben seit dem CS-UBS-Deal an Vermögenswerten dazugewonnen, so Sharnie Wong, Senior-Analystin bei Bloomberg Intelligence, in einem Bericht.  Es gebe viele ehemalige Credit-Suisse-Vermögenswerte, die zum Verkauf stünden. Laut «Morningstar» zogen CS-Kunden und -Kundinnen bereits 4,4 Milliarden Dollar aus US-amerikanischen und europäischen Fonds ab, seit die Bank der Übernahme durch die UBS zugestimmt hat. Die Zahlen umfassen nur Fonds, die tägliche Zahlen melden, und repräsentieren nicht das gesamte Universum der Vermögensverwaltung der Credit Suisse.

Schon vor dem eilig eingefädelten Deal mit der UBS hatte die Credit Suisse einen stetigen Exodus von Top-Private-Bankern und einen Trommelwirbel von Vermögensabflüssen zu verzeichnen. Allein im vierten Quartal 2022 verlor die CS 110 Milliarden Dollar.

Die Deutsche Bank will für Asien 13 neue Kundenberaterinnen und Kundenberater pro Jahr einstellen

Die Deutsche Bank werde im Rahmen dieses Vorstosses keine massiven Neueinstellungen vornehmen, sondern selektiv neue Mitarbeitende einstellen, so Young. Basierend auf einer Schätzung von Asian Private Banker über die Anzahl der Kundenbetreuerinnen und -betreuer der Deutschen Bank würde ein Anstieg von 30 Prozent über fünf Jahre etwa 13 Neueinstellungen pro Jahr bedeuten.

Die Deutsche Bank prüfe auch, ob sie die Mindestgrenze für das Vermögen, das die Kundinnen und Kunden bei der Bank in Asien halten müssen, anheben soll, so Young. «Die meisten unserer Kunden und Kundinnen sind vermögend, sie sind im Vermögensbildungsmodus. Sie brauchen Finanzierungen, und da sind wir sehr stark.»

In den drei asiatischen Kernmärkten, zu denen Nordasien, Indien sowie Südostasien gehören, wurde mit der Einstellung von Mitarbeitenden begonnen, so Young. Nordasien ist der grösste der drei Märkte, auf den etwa 40 Prozent der von der Deutschen Bank im asiatisch-pazifischen Raum verwalteten Vermögenswerte entfallen.

Johanes Oeni, ein ehemaliger Managing Director der Credit Suisse, hat diesen Monat für seine neue Arbeitgeberin Deutsche Bank damit begonnen, Südostasien, die kleinste der drei Regionen in Bezug auf Vermögen und Erträge, aufzubauen. Oeni war der ranghöchste Privatbankier der Schweizer Bank für Indonesien. Young sagte, sie stelle neue Mitarbeitende für das Südostasien-Team ein, lehnte es aber ab, eine konkrete Zahl zu nennen.

Wachsen um des Wachsens willen sei nicht das Ziel, so Young. «Dann können Dinge durch die Maschen fallen.»

(Bloomberg/mth)