Am Swiss Payment Forum in Zürich haben die beiden Postfinance-Manager Bernhard Lachenmaier und David Kauer gestern über die Entwicklungen bei der Postfinance und über ihre Visionen für die nahe Zukunft gesprochen. Tokenisiertes Payment ist auch für die gelbe Bank ein Thema.

Nicht die Grösse ist entscheidend

Lachenmeier stellte zuerst die Ausgangslage im Payment-Bereich dar: «Was in den letzten Jahren alles zusammengekauft wurde, war extrem.» Übrig geblieben seien nur die ganz grossen Firmen, die nur eine einziges Anliegen gehabt hätten: «Skalieren und noch mal skalieren.» Dies habe den Eindruck hinterlassen: Nur wer gross und mächtig ist, kann im Payment-Geschäft überleben. Gross und mächtig sind die fusionierten Konzerne wie etwa Worldline, «doch an der Börse wurde diese Strategie meist abgestraft», zeigte sich Lachenmeier am Swiss Payment Forum überzeugt.

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Weg vom Zinsgeschäft, hin zur Kundin

Die anvisierten Skaleneffekte konnten bisher noch nicht erreicht werden. Vielmehr seien es die jungen, innovativen, in den Markt drängenden Fintech-Firmen wie etwa Revolut, die überzeugten. Die Postfinance habe nicht zuletzt wegen des tiefen Zinsgeschäfts in den letzten Jahren versucht, sich unabhängiger vom traditionellen Bankzinsgeschäft zu lösen: «Wir stärken unsere Erträge abseits des Zinsgeschäfts», so Lachenmeier. Doch den Weg mutet sich die Postfinance alleine nicht zu. Lachenmeier meinte: «Längst können Banken nicht mehr alles alleine erledigen. Es braucht Partner.» Als Beispiel führte er die Zusammenarbeit im E-Commerce-Bereich mit Wallee an.

Grosses Potenzial

Das Bankgeschäft mit 300’000 Geschäftskunden der Postfinance hat ein grosses Potenzial. Nur ist die Frage: Wie geht das am effizientesten? Im Point-of-Sale-Bereich, dem Präsenzgeschäft, ging es bei der Postfinance darum, ob man ein eigenes Acquiring mühsam ausbauen soll. Im Management ist man gemäss Lachenmeier zum Schluss gekommen, man komme besser ans Ziel, wenn man mit einem starken Partner zusammenspannt. Die Postfinance hat sich für die Zusammenarbeit mit Worldline entschieden. 

Näher ran an den Kunden

«Payment ist bei den Kunden und Kundinnen kein Bedürfnis», rief Lachenmeier in den Saal in Zürich – und erntete prompt einiges Stirnrunzeln. Und darauf starkes Kopfnicken, als er hinzufügte: «Vielmehr wollen Kunden und Kundinnen sicher und einfach zahlen können.» Der steile Aufstieg von Twint sei genauso zu interpretieren, stellte Lachenmeier fest. Die Kundschaft favorisiere einfache Zahlungsarten, keine Abbrüche während der Zahlung. Ausserdem müsse die Transaktion schnell und sicher vonstattengehen. Die Entwicklung hin zu neuen Payment-Möglichkeiten werde also nicht vom Handel, sondern von den Kundinnen und Kunden gesteuert und nachgefragt. «Wir haben punkto Service und Support als Finanzindustrie total versagt», resümierte Lachenmeier.

Die Postfinance habe zunächst Kundenbeziehungen aufbauen müssen, um anschliessend für diese Kundinnen und Kunden ihre Dienste weiterzuentwickeln. Nun werde die Service- und Supportorganisation langsam an die Bedürfnisse der Kundschaft herangefahren. «Denn nun haben wir bei der Postfinance eine solide Basis, um Innovationen zu lancieren.» Damit reichte er das Mikrofon weiter an den Postfinance-Mann, der seit zwei Jahrzehnten bei der gelben Bank für Innovationen steht: David Kauer.

Omni-Channel bei der Postfinance

David Kauer erinnerte ans letzte Swiss Payment Forum, als er den modularen Servicebaukasten, Postfinance Pay, vorgestellt hatte: «Nun geht die Reise weiter. Postfinance Pay ist nicht irgendeine E-Commerce-Zahlungsart, sondern ein Framework für den Handel.» Die Händler können einzelne Komponenten daraus zusammenstellen und benutzen, um Zahlungen abzuwickeln oder Zahlungsarten zu registrieren, um Tokens zu bekommen. «On top können die Händler auch Lieferrechnungsadressen anfragen, beispielsweise indem sie Postfinance Pay als Express-Check-out einsetzen», so Kauer. Hinzu könnten Händler das Geburtsdatum eines Kunden in Erfahrung bringen, wenn dies für einen Verkauf etwa von Wein oder anderen alkoholischen Getränke relevant sei (Age Verification).

Zwei Fliegen auf einen Streich

Das Framework der Postfinance ist nicht nur im E-Commerce-Geschäft, sondern auch im Präsenzgeschäft etabliert. Die Migros-Subito-Läden, das SBB-Zugticketgeschäft, auch die Zahlungen an Publibike werden von der Postfinance mit Elementen des neuen Servicebaukastens abgewickelt. Gegenwärtig läuft das Roll-out des Frameworks. «Und ich mache es kurz», so Kauer, «die Kunden und Kundinnen finden unser Tool gut. Die Shopper sagen: Das funktioniert und ist einfach zu bedienen, so wie es sein soll.»

Weg vom traditionellen Banking

Allerdings stiessen traditionelle Bankingsysteme bei vielen Payment-Angeboten an ihre Grenzen. Schiere Grösse helfe da nicht. Gemäss Kauer ist die Lösung einmal mehr Innovation. «Nur Banken, die sich schnell genug anpassen, werden auf dem Markt bestehen – oder aussterben wie die Dinosaurier.» Kauer räumte ein, dass sich die Postfinance, wie er es ausdrückte, «oft eine blutige Nase geholt hat». Doch am Ende habe sich dies gelohnt. «Schauen Sie sich Twint an – eine riesige Erfolgsgeschichte und auch eine Lösung aus unserem Haus.» Jede Oma, jeder Hipster, jeder Hofladen habe heute Twint. «Und da wollen wir mit Postfinance Pay auch hin», bekräftigte Kauer vor rund 200 Zuhörerinnen und Zuhörern am Swiss Payment Forum.

Weiterer Meilenstein für Synergien

Mit Postfinance Pay will Kauer nun die beiden bisher getrennten Bereiche Shopping-Solution und Banking-Solution verschmelzen. Diese historisch gewachsenen Silos gelte es aufzubrechen und miteinander zu kombinieren. Mit der Banking-App hat die Postfinance einen ersten Schritt dorthin gemacht. «Wir sind die erste und die einzige Bank in der Schweiz, die das macht. In Holland ist das jedoch ganz normal.» Für die Postfinance sei dies nur ein weiterer Schritt, um in der Folge noch mehr Bausteine hinzuzufügen.

Einfacher Zahlungen abwickeln

Die Händler und die Shopperinnen will Kauer in naher Zukunft noch näher zusammenbringen. So sollen Postfinance-App-Shopper in Zukunft erfahren, welche Händler eine Registrierung von Zahlungsinstrumenten ermöglichen. Die Händler machen dies heute über ein Tool-Verfahren. Die Kundinnen und Kunden registrieren das Zahlungsmittel, danach werden sie vom Händler zu einem Zahlungsanbieter weitergereicht. Dieser teilt dann dem Händler mit, ob alles okay ist, und retourniert einen Token an den Händler. Laut Kauer ist das alles kalter Kaffee.

Digitale Post-ID

Kauer will Payment mit der Postfinance-App vereinfachen. Der Postfinance-Manager stellt nichts Geringeres in Aussicht als die «Demokratisierung der Customer Journey». Zahlungen sollen dann noch einfacher und direkter ablaufen, da sich die Kundin aus der App heraus beim Händler registrieren lassen kann. Die zentrale Postfinance-Registrierung kann einmal vorgenommen werden und von den Kundinnen und Kunden anschliessend für alle möglichen Händler benutzt werden. Verschiedene Zahlungsarten und -Tools können laut Kauer dann hinterlegt sein, selbst biometrische Daten des Kunden sind nutzbar. Die Postfinance führt also digitale IDs über ihre App mit einem Token zusammen. Kauer betont: «Und es kann noch viel mehr als nur Payment.»