Sie kennen es bestimmt – und ich als Anwältin umso mehr: drei Anwälte, drei Meinungen. Bei einer Frage dürften sich jedoch zumindest die Finanzmarktrechtler in der Schweizer Anwaltswelt einig sein: Eine der grössten Veränderungen der letzten Jahre brachte die Einführung der Bewilligungspflicht für unabhängige Vermögensverwalter, sogenannte uVV, mit sich. Ziel war, damit ein «Level Playing Field» für sämtliche Finanzmarktteilnehmende zu schaffen und die Integrität des Finanzplatzes zu stärken.

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Die neue Bewilligungspflicht im Finanzinstitutsgesetz (Finig) war mit einer grosszügigen Übergangsfrist für bereits gewerbsmässig tätige Vermögensverwalter verbunden: Diese konnten ihre Tätigkeit bis Ende 2022 ohne Bewilligung weiterführen. Damit sie aber ab 2023 weiter aktiv sein dürfen, mussten sie ihr Bewilligungsgesuch bei der Finma bis Ende Dezember 2022 einreichen.

 

Zweistufiges Modell wirft Fragen auf

Der Zeitpunkt der Gesuchseinreichung bei der Finma war sodann auch von einem externen Faktor abhängig: Bevor das Gesuch überhaupt zur Finma gelangte, musste es von einer sogenannten Aufsichtsorganisation grünes Licht erhalten. Von verschiedenen Playern wurde dieses zweistufige Modell gewünscht, insbesondere um nicht direkt von der Finma beaufsichtigt zu werden. Dass diese doppelte Prüfung selbstredend auch zusätzliche Kosten, längere Wartezeiten und teils Widersprüche zwischen Aufsichtsorganisation und Finma mit sich bringt, waren sich beim Lobbyieren zum Finig vermutlich nicht alle bewusst.

Ebenso wenig Beachtung fand die rechtlich unklare Einordnung der Aufsichtsorganisationen: Inwiefern ist das Handeln der Aufsichtsorganisation als hoheitlich einzustufen? Hat die Aufsichtsorganisation die grundrechtlichen Ansprüche, beispielsweise auf Verhältnismässigkeit bei ihren Entscheiden, zu wahren? Wenn nicht – ist das dann tatsächlich im Interesse der Finanzmarktteilnehmenden? Abschliessend geklärt sind diese Fragen (noch) nicht.

1700 eingereichte Gesuche

Rund 1700 Vermögensverwalter haben mittlerweile bei der Finma ein Bewilligungsgesuch eingereicht, über die Hälfte davon verfügte per Anfang 2023 jedoch noch nicht über das Gütesiegel der Finma – was regulatorisch auch nicht zwingend ist, da einzig die Gesuchseinreichung per 31. Dezember 2022 für die Einhaltung der Vorschriften ausschlaggebend war. Heikel wird es daher für jene Institute, die trotz entsprechender Pflicht kein Bewilligungsgesuch einreichten und dennoch über Dezember 2022 hinaus weiter tätig sind: Diese haben nicht nur ein verwaltungsrechtliches Enforcement-Verfahren der Finma zu befürchten, auch droht den Verantwortlichen gar ein Strafverfahren wegen unbewilligter Tätigkeit.

Nachdem der Branche lange eine düstere Zukunft vorausgesagt worden ist aufgrund der neuen regulatorischen Vorgaben, zeugt die hohe Anzahl an Gesuchen und bereits bewilligten Instituten davon, dass die Vermögensverwalter agil und durchaus in der Lage sind, sich auf die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen einzustellen. Dieses positive Zeichen des Schweizer Finanzplatzes spricht zweifelsohne für dessen Zukunftsfähigkeit – und gerade die erfreuliche Zunahme von Neugründungen zeigt, dass die Finanzbranche entgegen allen negativen Befürchtungen weiterhin mit neuen Ideen und Innovationen aufwartet.

Lea Hungerbühler ist Rechtsanwältin im Bereich Finanzmarktrecht. Sie hat an der Universität St. Gallen und an der Harvard Law School Rechtswissenschaften studiert.

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