Kennen Sie die «Five stages of grief»? Vereinfacht gesagt, geht es darum, wie wir mit Verlust umgehen. Und dass wir den Verlust erst anerkennen und akzeptieren müssen, um uns auf eine neue Realität einzustellen. Daran dachte ich in den letzten Monaten oft, wenn ich das Wunschkonzert um die Credit Suisse verfolgte.

Die brutale Realität ist: Die Credit Suisse hats gelupft, wie man so schön sagt. Die UBS – irgendwo zwischen Opportunismus und Aufopferung – übernimmt die marode Bank, um den ganz grossen Kollaps im Bankensystem zu verhindern, der zweifellos viele andere mit sich heruntergezogen hätte. Und um selber zu wachsen.

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Und doch verbreitete sich ziemlich schnell der Wunschtraum, die UBS könne nach der Stabilisierung die gerettete Credit Suisse wieder auslagern und überleben lassen. Als Schweizer Universalbank, als 25. Kantonalbank, als Konkurrentin jener Bank, die sie gerade gerettet hatte. «You dreamer, du», müsste man da in den Worten einer grossen Philosophin antworten. Träumt weiter!

Eine Rumpf-CS wäre nicht überlebensfähig

Die Credit Suisse 2.0 wird es nicht geben. So wenig, wie es eine Volksbank gab nach der Übernahme durch die damalige Kreditanstalt, so wenig, wie es heute noch eine Bank Leu oder eine Neue Aargauer Bank gibt. Der Grund ist einfach: Es würde sich nicht rechnen – und wohl auch volkswirtschaftlich wenig Sinn machen.

Die Rumpf-CS wäre viel zu klein, um all die Wünsche zu erfüllen, die an sie herangetragen wurden. Die heutige Informatik wäre zu alt und zu teuer, der Overhead zu gross. Die Firmenkunden wären ohne Anbindung an weltweite Devisengeschäfte und an eine Investmentbank nicht mehr lange bei der neuen CS, und alle anderen haben schon heute genug Banken, aus denen sie auswählen können. Warum sollte eine neue Credit Suisse funktionieren, die ohne die lukrativen Perlen auskommen müsste, die in der UBS aufgehen?

Die UBS hat am Montag mit der harten Arbeit der Konsolidierung begonnen, und Bank-Chef Sergio Ermotti wird integrieren, was für die UBS Sinn macht. Das wurde angekündigt, und alles andere machte auch wenig Sinn. Vielleicht überlebt am Ende noch die Digitalschiene CSX – ob unter dem eigenen Dach oder unter jenem einer anderen Bank. Vielleicht wird irgendwo noch ein kleiner Geschäftsbereich verkauft, auch wenn er nicht zur Abwrackeinheit Investmentbank gehört.

Aber ziemlich sicher dürfte am Ende dieses Prozesses eine grössere, stärkere UBS stehen, in der die meisten Teile der CS aufgegangen sind. Ziemlich sicher wird es keine Credit Suisse mehr geben, die mehr ist als eine Erinnerung an eine Marke. Und das ist auch gut so.

Michael Heim Handelszeitung
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