Sascha Krüsi, am letzten Swiss Payment Forum im November hat Gregor von Bergen Probleme beim Zahlen an E-Ladestellen thematisiert. Ist seine Kritik berechtigt? 

Ja, das ist sie. Wenn man als E-Auto-Fahrer zu Strom kommen will, trifft man freundlich formuliert ein Chaos an. Doch für viele E-Auto-Besitzerinnen ist das momentan noch kein grosses Problem. Die tanken zuhause oder in ihrer Firma Strom. Sie laden ihren Akkus nicht ganz voll, sondern füllen ihre Batterie immer wieder in kleinen Mengen auf.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Worin besteht denn dann das Problem?

Bei den heutigen Touristen und den Leuten, die morgen ein E-Auto kaufen – das ist meine These. Wenn die E-Mobilität in die grosse Masse geht, können viele E-Auto-Besitzer nicht immer daheim laden. Das bedeutet: Zum Stromtanken ist man häufiger auf öffentliche Ladestationen angewiesen. 

Tankkundinnen und -kunden zahlen dann in den Apps der jeweiligen Anbieter.

Das ist zum Teil sehr mühsam, man muss sich registrieren, oftmals eine Kreditkarte hinterlegen und so weiter. Der Ladesäulenmarkt ist stark segmentiert, obwohl es mit dem Open Charge Point Protocol OCPP ein standardisiertes Protokoll gibt. Wenn ich beispielsweise in der Schweiz unterwegs bin, benötige ich rund sechs unterschiedliche Apps von sechs Anbietern. Als Nutzer muss ich mich ständig fragen: Welche Station verlangt welche App? Meiner Ansicht nach ist das für den Massenmarkt untauglich, weil nicht benutzerfreundlich. 

Was ist die Lösung?

Wir bei Wallee haben uns vor zwei, drei Jahren gesagt: Das geht einfacher. Unser Programmiererteam sitzt in der Schweiz. Es konnte sich schnell in die Problematik eindenken und entwickelte eine wesentlich benutzerfreundlichere Lösung. Unsere Customer-Experience orientiert sich am heutigen Tanken an Tankstellen. Die Handhabung ist allen wohl bekannt: An die Zapfstelle fahren, am Terminal die Kreditkarte, Apple oder Google-Pay hinhalten, und die Nummer der Zapfsäule eingeben, Stecker einstöpseln und laden. Wenn ich fertig bin, fahre ich wieder weg. So einfach geht das mit Pay-T.

Also kein langes Gesuche und Gefummel, um die richtige App zu finden?

Nein. Das ist bei der Lösung von Wallee nicht nötig. Es reicht, die Karte oder das Smartphone hinzuhalten. 

Wie weit ist das Startup Wallee bei der Partnersuche?

Wir sind im klassischen Payment-Bereich bereits stark gewachsen. Beim E-Strom-Projekt haben wir uns 2023 darauf konzentriert, Kooperationspartner zu finden, die ähnlich ticken wie wir. Wenn wir «matchen», nehmen wir uns Zeit, ein Pilotprojekt sauber aufzusetzen – auch um zu zeigen: Es funktioniert. Wallee läuft schon in Deutschland mit unserem Partner GLS-Mobility. In Belgien sind wir ebenfalls schon am Start. Momentan klären wir Optionen für den österreichischen Markt ab.

Und in der Schweiz?

Hier gehen wir auf mögliche Partner zu, etwa Stromkonzerne, Städte, E-Ladesäulen-Hersteller, Finanzdienstleister wie Postfinance. Wir erklären die Vorteile unserer Lösung. Auch hierzulande haben wir neue Partner gefunden: Im Riedmatt-Center in Rümlang entsteht momentan eine Ladestation unseres Partners Juice Technology mit einem Wallee-Terminal. Die Juice-Station in Bachenbülach ist bereits aktiv. 

Und in den Tourismuszentren?

Die Tourismusregionen mit ihren vielen ausländischen Touristen ist die Zielgruppe mit dem dringendsten Need für unser E-Strom-Projekt. So hat Laax als erster Tourismusort ein Wallee-Terminal für seine Juice-E-Ladestationen in Betrieb genommen. Wir machen das Stromtanken so einfach wie das Benzintanken. Bereits 20 Prozent der Terminal-Nutzer in Laax sind Touristen. Weitere Orte werden folgen. 

Wie sieht es mit der Expansion in weitere Reiseländer wie Frankreich, Italien und Spanien aus? Als Startup gilt es ja, möglichst rasch erfolgreich eine Nische zu besetzen, bevor es andere tun. 

Wir möchten nachhaltig grösser werden – ohne Wachstumsschmerzen. Deswegen stellen wir uns immer die Frage, auf was wir uns fokussieren. Die Personalressourcen sind bei einem Startup nicht unendlich gross. 2024 werden wir in den Benelux-Staaten mit einem bereits bestehenden Partner in den Markt eintreten. Und in Zypern sind wir bereits.

Steht andernorts der Einstieg bevor?

Momentan überlegen wir uns einen guten Weg, hier und dort einzusteigen. In Griechenland führen wir erste Gespräche. Spanien wäre auch sehr interessant. Dort gibt es viel Sonnenschein und Solarstrom.

Wie steht es um den Bekanntheitsgrad von Wallee?

Das Thema wird zunehmend wichtiger. Besonders im Ausland nutzen Kundinnen und Kunden Wallee, ohne zu wissen, dass sie Wallee nutzen. Wir agieren mit unserer Softwarelösung im Hintergrund, unsere Partner im Vordergrund. Mit Pay-T haben wir einen starken Partner. Natürlich suchen wir nun nach weiteren. Dabei ist unser breites Netzwerk extrem hilfreich. Oft öffnet ein Kontakt eine weitere Tür. Wir gehen Schritt für Schritt vor. Das machen wir seit unserem Start 2019 als Wallee.


Wie viele Personen stehen auf der Wallee-Payroll?

Derzeit sind es rund 130 Mitarbeitende, davon sind 70 Entwicklerinnen und Entwickler. Dazu kommen noch etwa 20 externe Freelancer.

Wächst Wallee?

Ja (lacht), wir müssen. Es gibt viel zu tun.

Nehmen wir mal an, es passiert, was bei Startups ab und zu passiert: Ein Grossunternehmen klopft an und legt ein Bündel Geld auf den Tisch. Wie gross wäre die Versuchung, zuzugreifen?

Klar, viele Startups verkaufen, wenn das Geldbündel auf dem Tisch hoch genug ist. Für uns ist das derzeit keine Option. Im Gegenteil: Wir haben uns klare Ziele gesteckt und möchten unsere Internationalisierung weiter vorantreiben.