Verbessert eine grössere Vielfalt in den Geschäftsleitungen die finanzielle Performance der Unternehmen?

Es gibt viele wissenschaftliche Arbeiten, welche die positive Korrelation zwischen einer grösseren Vielfalt in den Vorständen und einer besseren finanziellen Performance der Unternehmen belegen. Beispielsweise haben Unternehmen, die in Bezug auf die Geschlechtervielfalt im Führungsteam im obersten Quartil liegen, laut der 2020 veröffentlichten McKinsey-Studie «Diversity Wins, How Inclusion Matters» eine 25-prozentige höhere Wahrscheinlichkeit, eine höhere Gewinnspanne zu erzielen. Es ist jedoch wichtig, hervorzuheben, dass es aktuell keine stichhaltigen Beweise für die Kausalität zwischen einer hohen Geschlechtervielfalt in den Geschäftsleitungen und einer positiven finanziellen Performance der Unternehmen gibt.

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Die Gesprächspartnerin

Fondsmanagerin Julie Bech, Co-Portfoliomanagerin des Nordea 1 – Global Diversity Engagement Fund.

Wie wählen Sie Aktien aus und entscheiden, wie vielfältig das Unternehmen ist?

Wir messen das Diversitätsprofil jedes Unternehmens, indem wir den Grad der Diversität auf verschiedenen Organisationsebenen untersuchen. Ausserdem betrachten wir das Diversitätsniveau des Unternehmens im Verhältnis zur Vielfalt in der Belegschaft. Zudem werden die jüngsten Veränderungen in Bezug auf die Vielfalt gemessen, während wir auch prüfen, ob das Unternehmen über unterstützende Diversitäts- und Inklusions-Richtlinien, -Initiativen und -Ziele verfügt. Schliesslich werden die Unternehmen im Vergleich zu ihrer Branche und den regionalen Wettbewerbern bewertet.

Welche Sektoren sind in Bezug auf die Vielfalt auf Managementebene führend, und welche Sektoren hinken hinterher?

Der Grundstoffsektor und die Industrie zeichnen sich im Vergleich zu anderen Branchen durch eine deutlich tiefere Geschlechtervielfalt auf den oberen Führungsetagen aus. Auch im restlichen Teil der Belegschaft ist die Diversität deutlich unterdurchschnittlich. Am anderen Ende der Skala befinden sich beispielsweise das Gesundheitswesen und der Finanzsektor – und zwar sowohl was die Vielfalt in den oberen Führungsebenen als auch jene in der Belegschaft betrifft.

Ist die Vielfalt in grossen Unternehmen tendenziell grösser als in kleineren?

Ja. Bei Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung ist die Geschlechtervielfalt in der Regel tiefer als bei grösseren Unternehmen.

Was sind Beispiele für Unternehmen, die im Hinblick auf die Geschlechtervielfalt besonders gut abschneiden?

L'Oréal befindet sich in einem globalen Kontext im Spitzenfeld, was die Diversität betrifft. Das Unternehmen setzt sich seit langem für die Gleichstellung der Geschlechter auf allen Unternehmensebenen und in allen Funktionen ein. L'Oréal hat ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in der Geschäftsleitung und im oberen Management sowie auf der mittleren Managementebene – je nach Führungsebene liegt der Frauenanteil zwischen 30 und 60 Prozent. Mithilfe verschiedener unterstützender Massnahmen und Initiativen setzt sich L’Oréal intern für eine höhere Geschlechterdiversität ein, gleichzeitig setzt sich das Unternehmen auch bei externen Lieferanten und Geschäftspartnern für die Gleichstellung der Geschlechter ein.

Der multinationale Gesundheitsriese Merck, der von der weiblichen CEO Belén Garijo geleitet wird, macht ebenfalls grosse Fortschritte. Inzwischen sind mehr als 38 Prozent der Führungspositionen bei Merck mit Frauen besetzt. Das sind 11 Prozentpunkte mehr als noch 2015. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 über alle Führungspositionen hinweg gleich viele Frauen wie Männer zu beschäftigen. Um diesen Prozess zu beschleunigen, nehmen die Führungskräfte von Merck – sowohl Frauen als auch Männer – an verschiedenen Entwicklungs- und Mentoring-Programmen sowie an zahlreichen anderen Schulungsinitiativen zur Geschlechtervielfalt teil.

Gibt es bestimmte Sektoren und/oder Regionen, die in Bezug auf die Geschlechtervielfalt ein besonders günstiges Profil aufweisen?

Aufgrund historischer und kultureller Unterschiede gibt es grosse Unterschiede zwischen den Sektoren und Ländern. Im Allgemeinen sind die Industrienationen weiter als die Schwellenländer, doch auch innerhalb der beiden Gruppen gibt es grosse Unterschiede. Länder wie Frankreich, Norwegen und auch Australien sind mit Blick auf die Geschlechtervielfalt bereits weit, während Japan noch stark hinterherhinkt.

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