Das Stellenangebot wird grösser, während gleichzeitig die Anzahl der Fachkräfte abnimmt. Diese Mischung freut zwar die Arbeitnehmenden, stellt aber Unternehmen vor Herausforderungen.

Lachende Dritte dieser Entwicklung sind die Online-Jobportale. Im vergangenen Jahr verzeichneten sie über einen Fünftel mehr Wachstum. Beim Marktführer Jobcloud waren es gar 21 Prozent mehr Aufträge im Jahr 2022. Die Firma mit den Portalen jobs.ch, jobup.ch, JobScout24, Jobwinner, Alpha und Topjobs gehört denn auch zu den Schwergewichten der Branche.

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Nun hat das Jahr 2023 begonnen und der Trend scheint ungebrochen, wie Jobcloud-CEO Davide Villa feststellt: «Mehr Leute haben die Absicht, den Job zu wechseln, als noch vor einem Jahr», sagt er. Die Zahl der eingehenden Bewerbungen liege ebenfalls über dem Vorjahr.

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Dieser Beitrag entstand im Rahmen des grossen Branchenüberblicks der Schweizer Personaldienstleister. Alle weiteren Beiträge finden Sie hier:

Höhere Bereitschaft, zu wechseln

Einen möglichen Grund sieht Villa beim Gehalt: Das sei den Leuten wichtiger geworden, gerade in Zeiten der Inflation. Würde eine Firma diese nicht ausgleichen, animiere das die Leute zu einem Jobwechsel.

Auch der Trend, in einem potenziell neuen Job mehr auf die Work-Life-Balance zu setzen, spielt nach Villa eine Rolle: «Wir wissen aus Studien, dass neben dem Gehalt auch die Themen Homeoffice und Flexibilität immer wichtiger werden.» Firmen profitieren also von möglichen Wechselwilligen, wenn sie ihnen gute Aussichten auf Work-Life-Balance anbieten.

Doch selbst wenn mehr Bewegung in den Arbeitsmarkt kommt, das strukturelle Problem des Fachkräftemangels bleibt bestehen und wird sich gemäss Experten gar weiter zuspitzen. Davide Villa weist darauf hin, dass sich laut einem Szenario des Bundesamtes für Statistik die Differenz zwischen den Neurentnern und den in den Arbeitsmarkt eintretenden 25-Jährigen bis in sechs Jahren verdoppeln wird.

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Branchen mit dem grössten Personalmangel

Von der historisch tiefen Arbeitslosigkeit und dem hohen Fachkräftebedarf profitieren auch die Jobportale ostjob.ch, myjob.ch und zentraljob.ch. Auch 2022 machten sie 20 Prozent mehr Umsatz als im Vorjahr. «Gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 betrug das Wachstum sogar 25 Prozent», sagt Henrik Jasek, Head of Classifieds von CH Media und Leiter von ostjob.ch.

Welche Branchen die grössten Personalmangellagen aufweisen, da sind sich Henrik Jasek und Davide Villa einig: Als Erstes nennen sie die während der Pandemie gebeutelte Gesundheitsbranche und die Gastronomie, der noch heute die Leute fehlen. «Auch Polymechaniker, Elektrikerinnen und Schreinerinnen werden verzweifelt gesucht», betont Henrik Jasek. «Die Unternehmen versuchen mittlerweile schon, Ungelernte in die Betriebe zu holen.»

Neue Plattformen mit regionalem Fokus

Als Gegenmassnahme geht Jasek neue Wege und setzt auf eine Strategie der Regionalisierung. Im Vergleich mit anderen Ländern ist die Schweiz klein und überschaubar und die Pendelwege kurz. Aber genau hier sieht er noch Potenzial: «Wir bieten auch überregionale Suchen an, aber es gibt die Tendenz, dass regionale KMU sich in erster Linie Mitarbeitende aus der Region wünschen.»

Das führte zu neuen, lokal orientierten Produkten: Im Sommer 2022 lancierte Jasek die neuen Online-Jobportale jobbasel.ch, jobbern.ch und jobmittelland.ch. Die geografische Fokussierung hat auch den Vorteil, dass Arbeitgeber gezielter auf anderen Kanälen wie auch auf Social-Media-Plattformen inserieren und suchen können, so etwa regionale Printmedien, Radio oder öffentlicher Verkehr.

Mit dem Rücken zur Wand

Weil es nicht mehr reicht, einfach Stelleninserate zu platzieren, forcierte CH Media im vergangenen Jahr auch das Thema Active Sourcing und ging Partnerschaften mit Active-Sourcing-Anbietern ein. «Wenn die Unternehmen mit dem Rücken zur Wand stehen, müssen sie aktiv suchen», erklärt der Experte. Zudem haben Angestellte heute ein ganz anderes Selbstbewusstsein als früher. Mussten Wechselwillige früher selber neue Stellen suchen, lassen sie sich heute finden und umwerben.

Es lohnt sich gemäss Jasek für Unternehmen also, in Employer Branding zu investieren: «Es wird wichtiger für Firmen, sich zu fragen, was müssen wir tun, damit die Mitarbeitenden zu uns wechseln?»

Herausforderungen für Jobplattformen

Doch nicht nur Firmen sind gefordert, sich selber zu vermarkten, um attraktiv zu sein. Auch die Jobplattformen selbst sind einem Wandel unterworfen: Während früher nach Laufzeit der Inserate abgerechnet wurde, steht heute bei den Plattformen von Jobcloud das Bezahlmodell nach Performance im Vordergrund. Das heisst, bezahlt wird, wenn geliefert wurde. Gleichzeitig erhöhten die Plattformen die Dauer von aufgeschalteten Inseraten.

Jobcloud-CEO Davide Villa ist zufrieden mit dem bisherigen Feedback: «Das Angebot kommt gut an. Auf diese Weise können Unternehmen länger online bleiben.» So vergrössern sich die Chancen, auch Personen zu erreichen, die nicht intensiv auf Jobsuche sind und etwas mehr Zeit brauchen, um sich vorzubereiten. Ein gutes Geschäftsmodell in einer Zeit, in der es immer schwieriger und langwieriger ist, eine Stelle zu besetzen.

Grossunternehmen stellen langsam ein, KMU drehen weiter

Wie sich das Geschäft weiterentwickeln wird, wird auch vom Zeitgeschehen abhängen. «Im Herbst 2022 wurden Grossunternehmen und internationale Unternehmen vorsichtiger und brauchten mehr Zeit, um Jahresverträge zu unterschreiben», gibt Davide Villa zu bedenken. Aber schon Anfang 2023 hätten sie wieder «Vollgas gegeben».

Bei den KMU zeigte sich ein anderes Bild: Sie zeigten sich durchwegs aktiv und einstellungsfreudig. Henrik Jasek ist der Meinung, dass selbst eine stärkere konjunkturelle Abkühlung nichts am Arbeitskräftemangel ändern würde: «Er würde dadurch etwas abgedämpft, aber ich bin für die Schweizer Wirtschaft sehr zuversichtlich.»