Seit Beginn der Nullerjahre befinden wir uns in der vierten industriellen Revolution, der Digitalisierung. Diese ist geprägt durch die Vernetzung von allem mit allem. Mit dem Internet und generell den neuen Technologien entsteht eine Abhängigkeit von digitaler Infrastruktur, wie sie die Gesellschaft in dieser Form noch nie erlebt hat. Bildung, Beruf, Gesundheit und Sicherheit werden von der vierten, noch jungen industriellen Revolution mit Phänomenen konfrontiert, auf die wir vielfach noch keine Antworten haben. Mit dem neuen Ratgeber von «Beobachter» und «Handelszeitung» mit dem Titel «Digitaler Masterplan für KMU» lassen sich Digitalisierungsschübe auch für kleine Firmen mit geringem Budget schnell umsetzen. 

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Die Digitalisierung kann nach innen und nach aussen betrachtet werden, wobei die Verbindung zwischen Mensch und Maschine zentral ist. Der Blick nach innen zeigt, dass sämtliche Prozesse innerhalb eines Unternehmens vom digitalen Zeitalter betroffen sind. Nach aussen bedeutet Digitalisierung die Verknüpfung zwischen den eigenen Produkten und Dienstleistungen mit den Kundinnen und Kunden. Aus dieser Interaktion entstehen Daten, die gesammelt werden, um das bestehende Angebot zu optimieren und neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Daraus wiederum entwickeln sich neue Märkte, Geschäftsmodelle und Marktteilnehmende, die Teil einer ganzheitlichen digitalen Transformation sind.

Phasen der Transformation

Dabei ist es wichtig, zwischen den Begriffen Digitalisierung und digitale Transformation zu unterscheiden. Die Digitalisierung bezeichnet einen technischen Prozess, bei dem analoge Daten oder Abläufe in digitale umgewandelt beziehungsweise automatisiert werden. Viele Unternehmen versuchen, papierlos zu arbeiten, Dokumente zu digitalisieren, sich über Kommunikationsplattformen zu unterhalten und Arbeits- und Produktionsprozesse zu automatisieren. Doch ein Zugang zu einer Cloud-Lösung bringt noch keine Transformation. Es handelt sich dabei lediglich um eine digitale Abbildung analoger Geschäftsabläufe. Im besten Fall werden dadurch jedoch Produktionskosten reduziert und die Qualität und Geschwindigkeit erhöht.

Die digitale Transformation hingegen beschreibt eine Weiterentwicklung hin zu gegenwärtigen und künftigen Standards: Sie betrifft sowohl die Wirtschaft, die verschiedenen Funktionen innerhalb von Unternehmen, deren Geschäftsmodelle als auch die ganze Gesellschaft. Will – oder muss – sich ein Unternehmen digital transformieren, sollte sich die Geschäftsleitung also nicht in erster Linie fragen, wie sie bestehende Prozesse digitalisieren kann, sondern was das Unternehmen im digitalen Zeitalter strategisch machen muss, um weiterhin wettbewerbsfähig zu sein. Erst dann stellt sich die Frage der Digitalisierung und ob ein Prozess in der aktuellen Form überhaupt noch sinnvoll ist.

Verstehen, wo es hakt

Abhängig von der Energie, Opportunität, Risikobereitschaft und Notwendigkeit werden die Potenziale digitaler Technologien und die Handlungsfelder der digitalen Transformation unterschiedlich priorisiert, behandelt und in der Strategie verankert. Wer wissen will, wo sein eigenes KMU bei dem Prozess der Digitalisierung und digitaler Transformation steht, kann das Modell der drei Stufen zur digitalen Reife nutzen: Firmen können sich so selbst einordnen beziehungsweise eine Diskussion darüber führen, mit welcher Wirkung die digitale Strategie – als Digitalisierung oder digitale Transformation – angegangen werden soll.

Zuerst kommt die digitale Befähigung: In dieser ersten Phase werden Prozesse optimiert und digitalisiert. Beispiele hierfür sind das papierlose Büro oder die Nutzung von Online-Plattformen für Meetings. Dann die digitale Optimierung: In der zweiten Phase werden Technologien auf ihre Potenziale hin untersucht und aktiv eingesetzt. Es entsteht eine Strategie, die auf digitalen Technologien beruht. Beispiele hierfür sind die Automatisierung wichtiger Geschäftsprozesse oder Internationalisierung eines KMU über globale E-Commerce-Plattformen. Und drittens die digitale Transformation: In dieser Phase erfolgt eine ganzheitliche Erneuerung des Unternehmens, indem die Potenziale von Technologien und Geschäftsmodellen in bestehenden und neuen Märkten geplant und umgesetzt werden. Beispiel hierfür ist ein bestehendes KMU in einem traditionellen Markt, das mit neuen strategischen Partnerschaften in einen neuen, sich entwickelnden Markt einstiegen will.

Unterschiedliche Anforderungen

Wenn KMU herausfinden wollen, in welchen Bereichen sie Handlungsbedarf haben, sollten sie sich an einem Praxismodell mit sieben Handlungsfeldern orientieren. Diese bieten eine Orientierungshilfe für die Strategieentwicklung im digitalen Zeitalter:

Ein erstes Handlungsfeld betrifft die konstante Kundenorientierung: Unternehmen legen einen starken Fokus auf die Kundenorientierung, personalisierte Angebote und digitale Kommunikations- und Absatzkanäle. Zweitens der Fokus auf neue Technologien: Die neuen Technologien beinhalten Plattformen und Apps. Viele Unternehmen testen die Anbindung an Industrie- und Konsumentenprodukte als Bestandteil der Industrie 4.0 beziehungsweise des Internet of Things. Drittens die Nutzung von Daten und der Cloud: Alle bisher genannten Aktivitäten bedürfen Daten sowie flexibler und von überall her zugänglicher Daten und Infrastruktur. Bei den Daten geht es primär um das operative Datenmanagement und die Datenqualität sowie die strategische Nutzung von Daten. Neue Strategien und Geschäftsmodelle ergeben sich aus den bisherigen Punkten: Die neuen Technologien treiben Firmen dazu an, bestehende Angebote zu hinterfragen, um neue oder erweiterte Leistungen zu erbringen. Hier werden neue Plattformen genutzt sowie strategische Partnerschaften eingegangen, um innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Prozesse neu denken

Das hat direkte Auswirkungen auf das Prozessmanagement, auch in KMU: Prozesse sollten standardisierter, schneller und effizienter gestaltet werden. Durch die Automatisierung beziehungsweise Digitalisierung der Prozesse können Teilaufgaben ohne Medienbrüche vernetzt werden. Dadurch gefördert wird eine moderne Arbeitswelt: Durch den digitalen Wandel wird ein Veränderungsprozess ausgelöst, der zu einer Anpassung der Führungsgrundsätze führt. Zur modernen Arbeitswelt gehören Kreativität und Innovation, der digitale und mobile Arbeitsplatz sowie neue Organisationsformen.

Abschliessend hilft digitales Marketing beim Vertrieb der Produkte: Durch die Verfügbarkeit und Analyse von Kunden-, Produkte- und Absatzdaten wird ein System geschaffen, in dem die Aktivitäten von Verkauf und Marketing laufend optimiert werden können. Dazu gehören Online-Plattformen, E-Commerce, Social Media, Suchmaschinen-Marketing und die Marketing-Automatisierung. Je nach strategischer Notwendigkeit werden digitale Projekte als Einzelmassnahmen (beispielsweise ein neues Arbeitsweltkonzept), kombiniert (zum Beispiel Daten strategisch für den Aufbau eines Ökosystems nutzen) oder ganzheitlich im Rahmen einer digitalen Strategie geplant und umgesetzt.

Wichtig für kleine und mittelgrosse Unternehmen ist, dass sie jene Felder identifizieren, in denen sie bisher wenig vorangeschritten sind oder Unterstützung benötigen. Nur so kann ein etwaiger Rückstand in der digitalen Transformation erkannt und angegangen werden.

Marc K. Peter, «Digitaler Masterplan für KMU». Beobachter-Edition, Zürich 2023. 232 S., Taschenbuch, ca. 48 Franken.