«Austreibung der Mundart aus dem Unterricht»: So betitelt der Anführer des Vereins Schweizerdeutsch in der «NZZ» seinen Artikel zum Bildungsratsentscheid zu Gunsten von Standarddeutsch als Unterrichtssprache. Austreibung des Teufels oder der Gemütlichkeit? Die etwas handfesteren Kollegen nannten diesen Beschluss gar «hirnrissig».

Dabei wollte der besorgte Bildungsrat nur die Kommunikationsfähigkeit unserer Jungen verbessern, unsere Minderwertigkeitsgefühle gegenüber den Deutschen mit ihrem geschliffenen Schnelldeutsch reduzieren, nächstes Mal bei Pisa besser dastehen und den Dialog im Lande verbessern. Und sogar ein dem Volksohr so nahe stehender Journalist wie Peter Rothenbühler beklagt die Unfähigkeit der Deutschschweizer, mit ihren welschen und Tessiner Kompatrioten zu kommunizieren. «Das wichtigste kulturelle Anliegen der französischsprachigen Bevölkerung findet seit Jahren überhaupt kein Gehör: Welsche wünschen, dass überall dort, wo sie als Partner oder Zuhörer dabei sind, grundsätzlich hochdeutsch gesprochen wird, zum Beispiel an Pressekonferenzen, in Parlamenten, in Sitzungen und vor allem in wichtigen Informationssendungen und Magazinen der Deutschschweizer SRG-Sender», so Rothenbühler. Und auch die «Arena» mit ihren mindestens zehn kuriosen Deutschschweizer Dialekten sei für die Welschen nicht mitzuverfolgen. Ob dies allerdings ein Nachteil ist, vermochte Rothenbühler nicht zu sagen … Aber die Deutschschweizer mögen eben kein Hochdeutsch, und darum können sie es auch nicht. Und so bleibt der Dialog auf der Strecke.

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Dies haben auch die Beamten der Stadt Zürich erkannt – und ebenso die Notwendigkeit verbesserter Kommunikation. Dankenswerterweise haben sie radikal Remedur geschaffen: Wohl auf Grund eigener sprachlicher Mängel haben sie zum Beispiel das Personalamt der Stadt Zürich in «Human-Resources-Management» umgetauft und sind dabei dem leuchtenden Beispiel der Schweizerischen Nationalbank gefolgt. So werden wir subalternen Ressourcen künftig zwar nicht effizienter, aber im World-Esperanto verständlicher gemanagt werden.

Und per Dekret (auch das ist eine Kommunikationsform!) wurde allen ärztlichen Kadern der Zürcher Stadtspitäler sowie später auch dem Fussvolk Kommunikationstraining verordnet. Endlich, nach 37 Jahren Gesprächen mit Patienten, darf ich von einem Kommunikationsprofi lernen, wie diese eigentlich hätten stattfinden sollen.

Kommunikation soll auch die schönste Sache der Welt noch weiter verbessern, wie ich einer Einladung zu einer Ärztefortbildung entnehme: In der Veranstaltung «Klinische Sexologie» für Ärztinnen und Ärzte wird mir das sexuelle Erleben als «Interaktion physiologischer und intrapsychischer Vorgänge» schmackhaft gemacht und versprochen, dass ich künftig meine Sexualberatung in der ärztlichen Praxis verbessern kann. Schliesslich lockt man mich auch noch mit der Anregung, dass eventuell die eigenen erotischen Fähigkeiten bereichert werden können.

Kurzum: Kommunikation wird allerorten gefördert und funktioniert deshalb immer weniger. Alle schwatzen, keiner kann reden. Schauen Sie sich zum Beispiel mal Ihr E-Mail-Eingangskonto an: Alle mailen – aber hauptsächlich Schrott!

Aus diesem Grund ist eine Förderung der averbalen Kommunikation wünschenswert, und da hätten wir leuchtende Lehrmeister in unseren Politikern. Verbal haben sie Mühe, in einer beliebigen Rede einen erkennbaren Inhalt zu formulieren. Hören Sie nur einem neu gewählten Fraktionspräsidenten oder einem Stadtrat zu, der sein Programm, seinen Führungsstil oder seine Werkstatt beschreibt! Dafür brillieren sie averbal, da sind sie die Meister einfach verständlicher Botschaften. Zum Beispiel verfolgen das eidgenössische Parlament und die Exekutive gnadenlos jeden kleinen Hanfbauern und schliessen die einschlägigen Läden. An der Spitze der ehrenwerten Gesellschaft aber thronte letztes Jahr ein Tabakbauer.

Und beim Weihnachtsessen in einem Zürcher Stadtspital im letzten Jahr rauchte ein Vorsteher eines Gesundheitsbetriebs unter lauter Nichtrauchern mit genüsslich-trotziger Miene seine Zigaretten. Was averbal so viel bedeutet wie: Quod licet Jovi, non licet bovi. Oder: Ihr könnt mich mal. Oder was?