Alle Firmen, besonders aber Dienstleistungsunternehmen unterscheiden sich primär durch die Qualität ihrer Führung. Personalentscheide sind aber nie ohne Risiko und stellen höchste Anforderungen. Die Korrektur allfälliger Fehlentscheide gehört zu den schwierigsten und oft auch schmerzlichsten Aufgaben eines Managers. Es ist gilt deshalb sicherzustellen, dass im Verwaltungsrat die notwendigen Kompetenzen, aber auch Entscheidungsstärke vorhanden sind. Dem Human Capital auf oberster Führungsebene gehört deshalb die volle Aufmerksamkeit.

Wie gut planen Firmen die Nachfolge ihrer Führungskräfte? Wie proaktiv wird dieses heisse Thema behandelt? Wartet man auf die Katastrophe, bevor man agiert? Oder ist man vorbereitet auf überraschende Wechsel, weil man die Gewissheit hat, dass er oder sie eine starke Nummer zwei hinter sich weiss? Welche Personalentscheide trifft der Verwaltungsrat?

Der Verwaltungsrat konstituiert sich selbst, und er ist verantwortlich für die Besetzung der CEO-Position. In der Schweiz ist es Usanz, dass der Verwaltungsrat auch die Empfehlungen des CEO bei der Wahl der ihm direkt Unterstellten überprüft und gegebenenfalls sanktioniert. Der Verwaltungsrat ist gut beraten, wenn er diese strategisch wichtigen Aufgaben mit klar formulierten Zielen an einen Verwaltungsratsausschuss delegiert. Eine kürzlich veröffentlichte Studie von Heindrick & Struggles hält fest, dass die Mehrheit aller börsenkotierten Firmen Europas über ein solches Komitee verfügt. In der Regel werden diese Aufgaben dem Nomination-Committee und/oder dem Compensation-Committee übertragen.

Der «war for talent» erhöht zusätzlich die Bedeutung der richtigen Rekrutierung und selbstverständlich auch der Pflege beziehungsweise Entwicklung der Führungskräfte.

Der Verwaltungsrat als Change-Agent
Die Debatte über Corporate Governance hat die Arbeit der Verwaltungsräte gerade auch in der Schweiz ins Rampenlicht gerückt. Aktionäre, Mitarbeiter und weitere interessierte Kreise erwarten vom Verwaltungsrat Professionalität, klare Zuordnung der Verantwortlichkeit und Entscheidungsfreude. Institutionelle Investoren (Pensionskassen) sind sich ihrer Macht und auch ihrer Verantwortung gegenüber ihren Kunden immer mehr bewusst und setzen durchaus Druck auf, wenn es darum geht, einen Verwaltungsrat, zur Verantwortung zu ziehen. Der VR ist kein Sanktionsgremium (mehr), sondern oberste strategische Instanz. Fredmund Malik spricht vom Verwaltungsrat, der etwas «bewirkt» und nicht nur «verhindert».

Amtszeitbeschränkungen für Verwaltungsräte
Anders als bei internationalen Sportverbänden ist die Zeit vorbei, als Verwaltungsräte nur im Fall einer Force majeure abgelöst wurden. Vieles spricht für Amtszeitbeschränkungen. Eine Untersuchung von Heidrick & Struggles in Deutschland hat ergeben, dass einerseits eine Tendenz zu kürzeren Amtsperioden (von fünf auf drei Jahre) festzustellen ist, andererseits Verwaltungsräte nach drei, maximal vier Amtsperioden abgelöst werden sollten. Eine gesamte Amtszeit von zehn Jahren gilt als Obergrenze. Älter als 70 Jahre sollte kein Verwaltungsrat sein – der Altersabstand zum Management wird ganz einfach zu gross.

Eine ganz wesentliche Voraussetzung für das gute Funktionieren von Verwaltungsräten ist deren Unabhängigkeit, die Eigenschaft auch unbequeme Fragen zu stellen und die Geschäftsleitung damit zu fordern. Gerade Betriebsblindheit sollte man im Verwaltungsrat vermeiden, und dies tut man am besten mit einer geplanten Rotation. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass der Verwaltungsrat für Stabilität zu sorgen hat. Im Gegenteil, er soll die Geschäftsleitung zu Veränderungsbereitschaft und -wille auffordern.

Amtszeitbeschränkung für CEOs?
Vorbei sind auch die Zeiten, in denen der CEO erst wieder am Tage seiner Pensionierung, die sich beliebig hinauszögern lässt, abgelöst wurde. Es müssen bei uns nicht gleich amerikanische Verhältnisse herrschen, wo auf Grund einer kürzlich gemachten Analyse die Amtszeit eines CEO kaum mehr drei Jahre beträgt.

Viele Beispiele zeigen aber auch, dass besondere Zeiten besondere Manager erfordern. Es gibt viele Beispiele von erfolgreichen Führungskräften, die den idealen Abgang gleichsam wie viele Berufssportler verpassen und so ihr Lebenswerk mit zu langem Ausharren zerstören.

Die Globalisierung, die zunehmende Hektik und die Komplexität der Prozesse bewirken zweifelsohne, dass Führungskräfte früher ausbrennen. Das Burnout-Syndrom ist keine amerikanische Erfindung, es ist mittlerweile auch bei uns bekannt.

Beispielhaft sind jene Firmen, die es ihrem CEO ermöglichen, mit 57 oder 58 Jahren kürzer zu treten. Lobenswert die Firmen wie ABB oder IBM, die ihren Topmanagern die Gelegenheit gewähren, ihre grosse Erfahrung in einer Beratungsfunktion für das Wohl der Kunden und des Unternehmens einzubringen. Neben einem geradezu idealen Know-how-Transfer ermöglicht ein solcher Schritt eine durchaus erwünschte Etappierung des Ausstiegs aus dem Erwerbsleben.

Warum sind Stellvertreter selten gute Nachfolger?
Als Percy Barnevik von ABB seinen langjährigen Weggefährten zum Nachfolger machte, zeigte sich die ganze Problematik einer fehlgeschlagenen Nachfolgeplanung. War es an sich schwierig, das Vakuum des Führungsgenies Barnevik gleichwertig zu füllen, standen die Erfolgschancen für seinen ehemaligen direkten Mitarbeiter besonders ungünstig.

Des Öfteren steht die Nummer zwei im Schatten des «grossen Vorsitzenden». Es ist nur zu verständlich, wenn die Umgebung die ersten selbstständigen Schritte des Nachfolgers überkritisch beobachtet. Entscheidungshemmungen, aber oft auch übersteigerter Aktionismus sind die Folgen. Selbstverständlich bestätigt auch hier die Ausnahme die Regel.

Heidrick & Struggles hat die Neubesetzung von 250 europäischen CEO-Positionen untersucht und kommt zu folgenden Informationen bezüglich deren Herkunft:
Zwar stammen 61 Prozent aller kürzlich berufenen CEOs aus den eigenen Reihen. Den Sprung in die oberste Führungsfunktion macht, was nicht weiter überrascht, in den weitaus meisten Fällen (78 Prozent) ein Manager, der entweder intern oder extern bereits eine ähnlich bedeutende Führungsfunktion wahrnimmt. Interne Kandidaten sind oft erfolgreiche Niederlassungsleiter oder Business-Unit-Manager im selben Unternehmen.

Empfehlungen an den Verwaltungsrat
Es ist wohl unbestritten, dass die Anforderungen an den CEO der Zukunft anders sind als heute. Globalisierung, Mergers, der Zwang zum ständigen Wandel, um marktfähig zu bleiben, und die relativ kleine Zahl fähiger und williger Manager haben einen hart umstrittenen Markt für Führungskräfte geschaffen. Dieser Herausforderung muss der Verwaltungsrat gewachsen sein. Die Umfrage von Heindrick & Struggles hat ergeben, dass dies in der Regel nicht der Fall ist.

Die Verwaltungsräte müssten deshalb dringend einige Empfehlungen beherzigen:
Nachfolgeplanung wird zum ständigen Traktandum im Verwaltungsrat. Damit wird der übliche Stress verhindert, der entsteht, wenn ein Mitglied des VR oder der CEO das Unternehmen überraschend verlässt.

Der Verwaltungsrat sollte willens und in der Lage sein, die eigenen Führungskräfte an denjenigen der Konkurrenz zu messen (Benchmarking). «Talent spotting» gehört in das Pflichtenhaft jedes Verwaltungsrates.

Der Verwaltungsrat stellt sicher, dass im Unternehmen Talente auf allen Stufen identifiziert, gefördert und für Führungspositionen vorbereitet werden. Es kann nie zu viele qualifizierte Kandidaten geben!
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