Viele, vor allem mittelgrosse Unternehmen beschränken sich in puncto finanzieller Führung vorwiegend auf das Erstellen von Bilanz und Erfolgsrechnung. Ein möglicher Grund dafür ist: Sie sehen in der finanziellen Führung eine leidige Rechenschaftspflicht mit begrenztem Wirkungsgrad.

Wer sich indes auf nur zwei oder drei Führungsinstrumente beschränkt, verschenkt Chancen. Viele der weniger bekannten Instrumente zur finanziellen Führung ermöglichen es dem Unternehmen nämlich, beispielsweise
  • Veränderungsbedarf viel früher als bisher zu erkennen,
  • das Unternehmen feiner, sprich erfolgswirksamer zu steuern,
  • Risiken zu minimieren,
  • die Mitarbeiter zu mobilisieren.
All dies müsste durchaus im Sinne eines jeden Unternehmens sein. Denn dessen übergeordnete Ziele sind die
  • Sicherung und Stärkung der Existenzfähigkeit,
  • Sicherung und Stärkung der Ertragskraft,
  • Sicherung und Stärkung der Finanzkraft.
Die Qualität der finanziellen Führung (und damit der unternehmerischen Steuerbarkeit) wird indes nicht nur von der Auswahl der Instrumente, sondern auch von deren Handhabung beeinflusst.

Nach der Einführung zum Planen und Budgetieren möchten wir deshalb zuerst auf das Management von Führungsinstrumenten eingehen und dann weitere Instrumente vorstellen, die eine sinnvolle Ergänzung zu Bilanz und Erfolgsrechnung sein können.

Planen und Budgetieren
Eine Regel besagt: «If you can’t measure it, you can’t manage it.» Dies gilt vor allem für das Planen und Budgetieren. Finanzielle Führung heisst somit zuerst: erreichbare und messbare Ziele definieren.

Natürlich stützt man sich dabei auf Annahmen und Prognosen. Jedoch auch diese lassen sich nach und nach plausibilisieren. Ein Beispiel: Die alleinige Umsatzprognose in der Höhe X, etwa in einer Plan-Erfolgsrechnung, macht nur dann Sinn, wenn diese Annahme mit plausibel erreichbaren Absatzzielen pro Segment und diese wiederum zum Beispiel mit der dafür notwendigen Kunden- oder Produkteanzahl usw. unterlegt sind.

Dass diese Annahmen und Prognosen sich der Wirklichkeit immer nur annähern können, ist selbstverständlich. Mehr wird auch nicht verlangt. Schliesslich sollen Planung und Budgetierung die Zukunft im wahrsten Sinne lediglich berechenbar machen.

Die finanzielle Planung an sich dient als Frühwarnsystem. Sie lässt also – bei richtiger Anwendung – frühzeitig erkennen, ob die Geschäftsentwicklung den einst definierten und verfolgten Zielen entspricht oder ob besondere Korrekturmassnahmen eingeleitet werden müssen.

Checkfragen zu Planen und Budgetieren:
  1. Sind in unserer Planung alle wesentlichen Posten enthalten (insbesondere auf der Aufwandseite)?
  2. Werden die einzelnen Posten zum Beispiel auf der Ertrags- und auf der Aufwandseite jeweils plausibilisiert, das heisst durch Berechnungen, Lieferantenanfragen usw. unterlegt?
  3. Werden die Schlüsselpersonen unseres Unternehmens jeweils in die Planung involviert?
  4. Bestehen jeweils Planungs-Best-Case- und Planungs-Worst-Case-Szenarien und entsprechend abgeleitete Handlungsfelder?
  5. Werden Risikofelder (Sonderprojekte, Grossprojekte, Investitionen) einer gesonderten Prüfung unterzogen?
Jedes Nein schwächt die Aussagekraft und Zuverlässigkeit und damit auch die Erfüllbarkeit der Planung.

Rechnungslegungsnormen
Transparenz ist das oberste Gebot der Planung und Rechnungslegung. Um auf die Dauer verlässliche Analysen erstellen zu können, bedarf es klar der kontinuierlichen Transparenz. Diese ist nur dann gewährleistet, wenn sich die Unternehmensleitung zu einem System von Rechnungslegungsnormen bekennt. Finanzielle Führung, die auf Obligationenrecht-(OR-)konformen, steueroptimierten Zahlen basiert, ist hingegen nicht führungsgeeignet.

Deshalb sollten Unternehmen, die sich nicht auf internationale Kapitalmärkte ausrichten, die Fachempfehlungen zur Rechnungslegung (FER) anwenden. Unternehmen, die den Zugang zu internationalen Kapitalmärkten suchen und einen Börsengang planen, sollten nach den International Accounting Standards (IAS) bilanzieren.

Für kleinere Unternehmen eignen sich auch selbst festgelegte Bewertungsgrundsätze. Entscheidend ist, dass die führungsrelevanten Informationen nach konstant angewandten betriebswirtschaftlichen Rechnungslegungsgrundsätzen aufbereitet und nicht immer wieder geändert werden. Nur dann ist gewährleistet, dass die Rechnungslegung der Steuerung des Unternehmens dient.

Neben der Anwendung eines betriebswirtschaftlichen Rechnungslegungsstandards ist heutzutage auch für kleine und mittelgrosse Konzerne eine Konzernrechnung unumgänglich. Art. 663e OR schreibt die Erstellung einer konsolidierten Jahresrechnung bei der Erfüllung gewisser Kriterien sogar vor. Auch hier gilt: Die Konzernrechnung ist kein notwendiges, gesetzliches Übel, sondern ein finanzielles Führungsinstrument, da sie dem Management wichtige Informationen sowohl über die Vergangenheit (wie gut waren wir?) als auch über die Zukunft (wo haben wir Handlungsbedarf?) liefert.

Findet die Konsolidierung nur einmal jährlich statt, wird unter Umständen die Notwendigkeit von zu ergreifenden Massnahmen zu spät erkannt. Dies wiederum kann negative Auswirkungen zum Beispiel auf die Radikalität der zu ergreifenden Massnahmen und Folgekosten haben. Kurz: Eine Konsolidierung sollte vorzugsweise nicht nur einmal jährlich, sondern kontinuierlich (monatlich/quartalsweise) durchgeführt werden, insbesondere bei den wichtigen Bilanz- und Ertragsrechnungspositionen.

Checkfragen zu Rechnungslegungsnormen:
  1. Verfügt unser Unternehmen über ein kontinuierlich angewandtes System von Bewertungsnormen?
  2. Wird die Jahresrechnung häufiger als einmal einer Konsolidierung unterzogen?
  3. Werden die Informationen der mehrmals konsolidierten Jahresrechnung seriös ausgewertet und die richtigen Massnahmen daraus abgeleitet?
Jedes Nein schwächt die Aussagekraft der Rechnungslegung und vergrössert das Risiko von unternehmerischen Fehlentwicklungen.

Checkfragen zur Berichterstattung:
  1. Sind die Berichte zur finanziellen Führung selbsterklärend und für die betreffenden Personen verständlich?
  2. Werden z.B. Monatsberichte jeweils in den ersten Tagen des Folgemonats präsentiert?
  3. Können die für die Erstellung der Führungsinformationen notwendigen Daten vom Management jederzeit eingesehen werden?
Jedes Nein vergrössert das Risiko, dass Fehlentwicklungen nicht rechtzeitig erkannt und verhindert werden können.

Immaterielle Werte und Risiken
Der Wert eines Unternehmens wird heute immer weniger nur durch reale Vermögenswerte (monetäre Aktiven und Passiven, Sachanlagen) bestimmt, sondern auch durch immaterielle, organisatorische Werte (zum Beispiel Managementfähigkeit, Know-how, Markennamen, Mitarbeiterqualifikation sowie Lieferan- ten und Kundenbeziehungen, Allianzen usw.).

Zur Erfassung der immateriellen Werte taugen die traditionellen finanziellen Führungsinstrumente nur bedingt. In die finanzielle Berichterstattung sollten die immateriellen und intellektuellen Werte jedoch in jedem Fall einfliessen. Schliesslich sind sie wichtige Wertetreiber, also für die künftige Entwicklung des Unternehmens unerlässlich.

Voraussetzung ist natürlich, dass die immateriellen Faktoren messbar, das heisst, als Kennzahlen definiert und in die Führungsinstrumente integriert sind.

Die folgenden Beispiele von immateriellen Werten verdeutlichen deren Funktion als wichtige Wertetreiber.
  • Internetunternehmen: Anzahl Neukunden, Kundentreue (Churn-Rate), Besucherhäufigkeit, durchschnittliche Ausgaben pro Besuch.
  • Software-Entwicklungsunternehmen: Anzahl verkaufter Lizenzen, Wert der Supportverträge, Fertigungsstand von neuen Entwicklungen.
  • Produktionsunternehmen: Auftragsbestand, Wert von Wartungsverträgen, Wert von langfristigen Abnahme-/Lieferverträgen, Anzahl Garantiefälle, Durchlaufzeiten.
  • Dienstleistungsunternehmen: Mitarbeiterfluktuation, Anzahl Festpreisprojekte/Projekte abrechenbar nach Aufwand, durchschnittlich verrechenbarer Stundensatz, Prozent verrechenbare Stunden pro Mitarbeiter.
  • Medienunternehmen: Wert verkaufter Werbung (Fläche, Seiten, Minuten usw.), Anzahl Abonnenten/Leser/Hörer.
  • Pharma- und Chemieunternehmen: Wert von Patenten, Umsatzanteil von Neuprodukten (zum Beispiel 1 Jahr).

Den immateriellen Werten zugerechnet werden können aber auch Werte, die negativ besetzt sind, nämlich Risiken: Vor allem die Risikofelder Umweltrisiken, Prozessrisiken und Informationsrisiken sollten auch von mittelgrossen Unternehmen in der finanziellen Führung berücksichtigt werden.

Checkfragen zu immateriellen Werten und Risiken:
  1. Werden in unserem Unternehmen auch immaterielle Werte gemessen, und sind sie Bestandteil der finanziellen Führung?
  2. Werden in unserem Unternehmen Risiken gemessen, und finden sie Eingang in die finanzielle Führung?
  3. Werden unsere Mitarbeiter über Kennzahlen immaterieller Werte (zum Beispiel Kundentreue, Auftragsbestand, Anzahl Garantiefälle usw.) informiert?
Jedes Nein zeigt, dass das Unternehmen über Potenzial zur besseren Ausschöpfung von Wertetreibern verfügt.

Die Instrumente zur finanziellen Führung
Vorgängig sind die gängigsten Instrumente zur finanziellen Führung beschrieben: Bilanz und Erfolgsrechnung sind nach wie vor, aber nicht nur tragende Elemente einer transparenten Rechnungslegung.

Beide Seiten der Stichtagsbilanz geben sehr schnell Auskunft über die Vergangenheit und über die Zukunftsmöglichkeiten: Eine prall gefüllte Kriegskasse auf der Aktivseite lässt Optionen offen für Expansionen, Neuentwicklungen usw. «Nicht betriebsnotwendige Liegenschaften» können im entscheidenden Zeitpunkt zur Altlast werden.

Die Mittelflussrechnung (Bewegungsbilanz) ergänzt die stichtagsbezogene Bilanz und die periodenbe- zogene Erfolgsrechnung in geradezu idealer Weise: Sie zeigt die Geldflüsse aus der jeweiligen Geschäftstätigkeit, aus der Investitionstätigkeit und der Finanzierungstätigkeit.

Die Bilanz und die Mittelflussrechnung eignen sich nicht nur für bilanzanalytische Zwecke, sondern dienen auch als hervorragende Grundlage für die mittel- und langfristige Finanzplanung.

Betriebsinterne Werteflüsse werden in der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung dargestellt. Diese bilden auch die Grundlage zur Delegation von Führungsverantwortung auf Teilbereiche und Teilziele, aber auch als Grundlage für Kalkulation und Preisbildung.

Zur Prüfung, ob das investierte Kapital voraussichtlich angemessen verzinst werden wird, eignet sich die Gewinnbedarfsrechnung.

Eine rechtzeitige Steuerplanung hilft, spezifische Vorkehrungen zu entwickeln und zu treffen, und schützt vor Überraschungen.

Ein Businessplan ist immer dann erforderlich, wenn komplexe und mit Chancen und Risiken behaftete Entwicklungsschritte bevorstehen (Neugründung eines Unternehmens, Produktentwicklung, Expansionsvorhaben, Unternehmenskauf, Investitionsfinanzierung usw.). Zwar gibt es diverse Businessplan-Modelle. Sie unterscheiden sich jedoch meist nur bezüglich Randaspekten. In den Kernpunkten gleichen sie sich meist.

Die Erstellung eines Businessplans kann durchaus gewisse Probleme bereiten: Es braucht dazu – neben der Idee – eine gewisse Disziplin, Durchhaltewillen und Sorgfalt. Insbesondere bei Neuprojekten besteht jedoch die Gefahr, betriebsblind zu planen, also nach und nach die kritische Distanz zu verlieren. Die eingehende Prüfung des Dokuments durch einen externen Sparringpartner (bevor zum Beispiel die Bank oder andere Investoren den Businessplan erhalten) ist gerade im Sinne des «An alles gedacht» und im Sinne des «Alles zu Ende gedacht» mehr als empfehlenswert.

Balanced Scorecard
In den vergangenen Jahren hat das Führungsinstrument der Balanced Scorecard vor allem in Grossunternehmen Einzug gehalten. Aber auch mittelgrosse Unternehmen können davon ausserordentlich profitieren. Die Balanced Scorecard ist nämlich weit mehr als nur ein blosses Controllinginstrument.
  • Sie unterstützt die Unternehmensleitung unter anderem bei der Verankerung und Umsetzung der Strategie.
  • Sie erleichtert die Steuerung des jeweiligen Unternehmens und seiner Prozesse.
  • Sie verschafft dem Management rasch Transparenz; die regelmässige Auswertung von Frühindikatoren-Feldern ermöglicht das Erkennen von Risiken.
  • Einzelne Scorecard-Erfolgskennzahlen eignen sich sehr gut für die Mitarbeiterkommunikation. Die verständliche und zielgruppengerechte Information über wichtige Erfolgskennzahlen steigert in der Regel die Motivation der Belegschaft.
Die Rolle des Chief Financial Officers (CFO)
Wertorientierung und Investorenbeziehungen, die Unterstützung bei der Definition neuer Geschäftsmodelle und die Berücksichtigung neuer Risiken stehen immer häufiger im Zentrum der CFO-Tätigkeit, auch bei mittelgrossen Unternehmen.

Die Rolle des Chief Financial Officers (CFO) wandelt sich also. Er wird sukzessive zum Chief Value Officer (CVO) und damit zum Zentrum für jegliche Managementinformationen.

Im Vordergrund seiner Tätigkeit stehen nicht mehr alleine die klassischen Kenngrössen Substanzwert und Ertragswert. Die «Werte» von Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten, Partnernetzwerken und der Organisation an sich müssen ermittelt und interpretiert werden. Daraus ergeben sich neue Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten.
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