Der Gegenstand von Managemententscheiden wird zunehmend komplexer. Neue Technologien, neue Märkte oder neue Konkurrenten erfordern genaue Analysen und rasche Entscheide. Die Kombination dieser beiden Faktoren (sorgfältige Analyse und rasche Entscheide) wird oft mit den Begriffen «Komplexitätsfalle» oder «Zeitschere» umschrieben. Die gängige Lösung für dieses Problem liegt in der Delegation der Entscheidungsvorbereitung an Spezialisten, welche die Komplexität eines Problems auf Grund ihres Vorwissens (zum Beispiel Expertise über eine Technologie oder einen Markt) besser bewältigen können.

Diese Entscheidungsvorbereiter kämpfen jedoch mit dem Problem, ihr Wissen in möglichst kurzer Zeit dem Management zu vermitteln, sodass dieses möglichst informierte Entscheide treffen kann. Dass dies sehr oft nicht gelingt, liegt an zwei Mechanismen: dem so genannten Expertenparadox und dem Information-Overload-Effekt.

Das Expertenparadox bezeichnet die Unfähigkeit vieler Spezialisten, ihr Wissen auf den Punkt zu bringen. Die Forschung in den Bereichen künstliche Intelligenz und Knowledge-Management hat gezeigt, dass es Experten oft schwerfällt, sich in die Rolle eines Nichtexperten zu versetzen und ihr Wissen entsprechend zu vereinfachen. Das Paradox lässt sich demnach wie folgt formulieren: Je mehr eine Person weiss, desto schwieriger ist es für sie, dieses Wissen rasch weiterzugeben. Einige typische Fehler, die Experten in Managementpräsentationen oder Berichten unterlaufen, illustrieren dieses Paradox. Sie sind im nachfolgenden Kasten exemplarisch aufgeführt.

Typische Kommunikationsfehler von Experten:
  1. Der Abstraktionsgrad wird nicht gehalten: Der Experte taucht zu schnell in die Details einer Materie ein, ohne einen ausreichenden Überblick gegeben zu haben.
  2. Die Ausdrucksweise ist unverständlich: Der Experte verwendet Abkürzungen, ohne sie zu erklären, oder technische Begriffe beziehungsweise Fremdwörter, ohne sie zu erläutern.
  3. Der Kontext einer Information bleibt unklar: Der Experte präsentiert seine Resultate ohne auf deren Gewichtung, auf den methodischen Hintergrund oder auf die Konsequenzen für die Entscheidungslage einzugehen.
  4. Die inhaltliche Fokussierung fehlt: Der Experte geht nicht ausreichend auf die Situation der Zuhörer ein und verharrt zu lange bei nicht relevanten Bereichen, die ihn persönlich faszinieren.
  5. Die Zeitdisziplin fehlt: Der Experte erschlägt die Zuhörer mit einer Fülle an Informationen und hat am Schluss keine Zeit mehr, die wichtigsten Resultate mit illustrativen Beispielen zusammenzufassen.
Der Information-Overload-Effekt konnte bereits in vielen Managementsituationen empirisch nachgewiesen werden. Er beruht auf der Tatsache, dass jede Person ein begrenztes Aufnahmevermögen für Informationen besitzt. Ist dieser Punkt überschritten, so nimmt die Entscheidungsqualität (das heisst die Objektivität und Geschwindigkeit der Managemententscheide) rapide ab, weil so genannte kognitive Tunnel oder Vereinfachungsstrategien auftreten, so zum Beispiel das Ausblenden von Quellen, das Verharren beim Status quo, das Überbewerten der letzten Information oder das Zusammenfassen von zusammenhanglosen Aussagen. Das folgende Diagramm illustriert diesen Sachverhalt. Es zeigt, dass ein Mehr an (relevanter) Information die Entscheidungsqualität verbessern kann, dies aber nur bis zu einem bestimmten Punkt. Ist dieser überschritten, so führen die zusätzlich zu verarbeitenden Informationen zu falschen Prioritäten oder Interpretationen und somit zu einer niedrigeren Entscheidungsqualität. Manager, die sich dieses Problems bewusst sind, beschreiben es mit Metaphern wie etwa «den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen», «im Informationsdschungel verloren sein» oder «in der Informationsflut untergehen».

Von Information-Overload (Informationsüberflutung) besonders gefährdet sind dabei Manager, die
  • komplexe (das heisst umfangreiche und vieldeutige) Informationen
  • aus unterschiedlichen Quellen
  • in einer hohen Kadenz
  • unter konstanter Ablenkung
  • in niedriger Qualität (das heisst ohne Zusammenfassungen und Verdichtungen) verarbeiten müssen.
Manager in derartigen Situationen leiden unter Stress und neigen dazu, den Überblick zu verlieren, Prioritäten falsch zu setzen, leichtgläubig zu sein oder generell Risiken und Nebenziele zu unterschätzen. Es fällt ihnen zudem schwer, die Informationssuche und -analyse abzuschliessen. Sie leiden deshalb oft unter einer so genannten «Paralyse durch Analyse».

Man kann den Information-Overload-Effekt demnach wie folgt zusammenfassen: Je mehr Information auf einen Manager eintrifft, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser sie falsch (oder gar nicht) interpretiert beziehungsweise umsetzt.

Was also kann man tun? Unsere Forschungsarbeiten an den Universitäten Genf und St. Gallen weisen darauf hin, dass die Qualität der bereitgestellten Information ein Schlüsselelement für gute Managemententscheide ist. Gerade bei komplexen Fragestellungen ist zudem Zuhörkompetenz auf der Managementseite und Verdichtungskompetenz beim Spezialisten notwendig. Zuhörkompetenz heisst in diesem Kontext, die richtigen Fragen zu stellen und gezielt die Schwachpunkte einer Argumentation aufzudecken. Verdichtungskompetenz bezeichnet die gezielte Reduktion auf wesentliche Problemtreiber und das in einer Form, die für die Zielgruppe nachvollziehbar und bewertbar ist.

Im Folgenden möchten wir einige Hinweise darauf geben, wie die Qualität von Managementinformation gesteigert werden kann, um das Problem der Wissensasymmetrie zu lösen.

Prinzipien zur Steigerung der Informationsqualität im Management
Mit dem Begriff Informationsqualität wird der Nutzen von Information für bestimmte Zielgruppen bezeichnet. Ist die Information relevant, korrekt, aktuell, verständlich, konzis und konsistent sowie informativ und nützlich, so ist die Qualität gegeben. Ist sie hingegen fehlerhaft, unvollständig, veraltet, schwer interpretierbar und abschweifend, so spricht man von Informationsqualitätsmängeln. Um den Nutzen von Information für Managemententscheide zu steigern, stehen dem Spezialisten oder Entscheidungsvorbereiter vier zentrale Prinzipien zur Verfügung:
  1. Das Verdichtungsprinzip: Es stellt sicher, dass ein Information-Overload beim Manager verhindert wird.
  2. Das Validierungsprinzip: Es erlaubt dem Management, die präsentierten Informationen zu bewerten.
  3. Das Verortungsprinzip: Es zeigt den Kontext der Information auf sowie deren Gewichtung und Funktion.
  4. Das Verankerungsprinzip: Es hilft, die Information anzuwenden und in Erinnerung zu behalten.
Diese vier Prinzipien beruhen auf folgender Logik: Damit ein Manager auf Grund der vorliegenden Informationen optimale Entscheide treffen kann, muss er in der Lage sein, diese zu überblicken (Verdichtungsprinzip), sie zu bewerten (Validierungsprinzip), sie richtig zu interpretieren (Verortungsprinzip) sowie später richtig umzusetzen (Verankerungsprinzip). Wie diese vier Prinzipien konkret eingesetzt werden können, wird in der nebenstehenden Tabelle gezeigt. Sie gibt Umsetzungshinweise sowie Tipps für Werkzeuge zur Steigerung der Informationsqualität.

Werden diese vier V-Prinzipien beim Wissenstransfer zwischen Experten und Managern berücksichtigt, so lässt sich die Qualität der Entscheide nachhaltig verbessern, weil ein Information-Overload vermieden werden kann. Durch die Verdichtung, Validierung, Verortung und Verankerung bleibt das Vorgeschlagene nicht nur zusammenhangslose Information, sondern wird zu Wissen, das kompetente Entscheide ermöglicht.

Zum Abschluss nun noch einige Leitfragen zur Verankerung der Hinweise in diesem Artikel für Spezialisten und Manager:

Kontrollfragen für Spezialisten vor einem Management-Briefing
  1. Was ist meine Hauptaussage, und wie unterstütze ich sie durch illustrative Beispiele? (Verdichtung)
  2. Ist klar ersichtlich, wie meine Empfehlungen zu Stande kamen und wo ich mir wie sicher bin? (Validierung)
  3. Teile ich mit, wie die Analyse zu interpretieren ist und wo ihre Grenzen liegen? Unterscheide ich Zentrales klar von Nebensächlichem? (Verortung)
  4. Helfe ich dem Management, sich wichtige Kernaussagen durch Anekdoten, Metaphern oder Bilder zu merken? Befolge ich die Siebnerregel, das heisst, habe ich bei keiner Aufzählung mehr als sieben Punkte? (Verankerung)
Kontrollfragen für Manager während eines Management-Briefings
  1. Was sind die Hauptaussagen der Analyse? Was bedeuten diese für meine Handlungsoptionen? (Verdichtung)
  2. Wie kamen die Resultate zu Stande? Welche Methode, welche Quellen stehen dahinter? Ist die Argumentation des Spezialisten nachvollziehbar? (Validierung)
  3. Wie muss ich die erhaltenen Informationen interpretieren? Was muss ich genau verstehen, wo muss ich nur die Hauptaussage mitnehmen? (Verortung)
  4. Was sollte ich mir für die Zukunft unbedingt merken? Wie kann ich es mir einfacher und besser merken? (Verankerung)
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