Die Situation für Stipendien in der Schweiz ist problematisch. Vom Bund kommt nur sporadische Unterstützung. Im Übrigen treibt der Kantönligeist sein Unwesen: Jeder Kanton entscheidet über Anzahl und Höhe der Stipendien – dabei gibt es krasse Unterschiede. Insgesamt werden die Summen für Stipendien immer kleiner. Daher sehen viele Studierende keinen anderen Ausweg, als sich zur Finanzierung ihres Studiums zu verschulden oder auf anderen Wegen zu Geld zu kommen.

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Seit neuestem bietet sich eine private Alternative an. Der gemeinnützige Verein Studienaktie.org ermöglicht es Studierenden, die Finanzierung ihres Studiums mit Hilfe von Aktien zu sichern. Nach Abschluss des Bildungsprojektes lassen sie die Investoren an ihrem Erfolg teilhaben. Ein langfristiger Vertrag mit einer jährlichen Rendite bindet nämlich Investoren und sogenannte Aspiranten bis zu einem vereinbarten Rückzahlungszeitpunkt. Für die Studierenden entsteht ein Anreiz, die Summe möglichst schnell zurückzuzahlen; die Investorenseite soll durch die jährliche Zinsaddierung von der vorzeitigen Beendigung des Verhältnisses abgehalten werden. Mit diesem Investment ist ein gewisses Risiko verbunden, das sich jedoch unter Umständen auszahlt. Ist nämlich das zukünftige Gehalt des Aspiranten höher als im Lebensentwurf berechnet, der mit Unterstützung von Studienaktie.org erstellt wurde, dann erhöht sich die jährliche Rendite.

Allerdings steht für viele Investoren der finanzielle Aspekt nicht an erster Stelle. Einerseits können sie ihre Erfahrungen in das Bildungsprojekt einfliessen lassen und geniessen den persönlichen Austausch mit den Aspiranten. Andererseits haben sie die Gewissheit, ihr Geld in einem nachhaltigen und gesellschaftstragenden Modell angelegt zu haben.

Zwar wurden von verschiedenen Seiten ethische Bedenken geäussert. Kritiker verglichen das Modell von Studienaktie.org sogar mit Organhandel und Sklaverei. Etwas moderater fragte «Prisma» nach, ob die Initiative nicht zur Elitenförderung tendiere. «Eben gerade nicht», erwidert Lars Stein, Präsident von Studienaktie.org. «Es werden nicht nur universitäre Projekte unterstützt.» Zum Beispiel fand der Lebenstraum eines Schreiners Unterstützung: Er interessierte sich schon immer für Akupunktur und kann sich nun in Kinesiologie weiterbilden.

Studienaktie.org bietet somit individuelle, massgeschneiderte Lösungen für Bildungswillige an, die nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügen. Für Studierende stellt die Initiative eine unternehmerische Ergänzung zum lückenhaften schweizerischen Stipendiensystem dar.

Interview mit Lars Stein

Lars, du giltst als geistiger Vater von Studienaktie.org. Wie kam dir die Idee?

Ich habe im Laufe meines Lizenziats an der HSG gemerkt, dass mir das Geld etwas knapp wurde. Da überlegte ich mir, einigen Bekannten eine Aktie meines zukünftigen Einkommens zu verkaufen. Die Rendite berechnete ich mit der altbekannten Methode Handgelenk mal Pi. Bald hatte sich mein Investorenkreis auf 15 Leute ausgedehnt, und meine Finanzierung war gesichert.

Unter den gutbetuchten BWL-Studenten warst du damit sicher ein Aussenseiter.

Ja, möglicherweise. Ich glaube aber, dass es an der HSG viel mehr Studierende mit wenig Vermögen gibt, als man gemeinhin glaubt. Sich damit zu outen, fällt aber nicht leicht – das weiss ich aus eigener Erfahrung. Wir sind froh, wenn die Leute sich bei uns melden und wir helfen können.

Was ist die Zukunft des Schweizer Stipendienwesens? Wird Studienaktie.org dieses ablösen?

Es gibt zwar Stimmen, die unser Modell auch auf die staatliche Vergabe von Unterstützung anwenden wollen. Ich sehe uns allerdings eher als Komplement zu dieser. Meine Vision wäre ein staatliches Grundeinkommen, mit dem sich die Studierenden ihr Studium finanzieren könnten.

Weitere Informationen: www.studienaktie.org