Investmentbanken haben es wieder einmal verstanden, den Zorn auf sich zu ziehen. Speziell in der Schweiz, wo beide Grossbanken auch Investment Banking betreiben, ist die Empörung beträchtlich, die grösste Boulevardzeitung fabulierte gar: «Die globalisierte Finanzwirtschaft ist das lukrativste armselige Geschäft, das die Geschichte je kannte.» Andere riefen dringend zur Abspaltung des verlustreichen Investment Banking vom Grossbankengeschäft auf, und generell wurden das Investment Banking und alle, die dazugehören, als suspekt oder gar als teuflisch dargestellt. Nachdem die letzte Hexenverbrennung bei uns vor 226 Jahren – Anna Göldin, Glarus – stattgefunden hat, versteht man die Erregung, sollte sie aber nicht zu ernst nehmen.

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Konzentrieren wir uns auf die Fakten: In den letzten zwölf Monaten mussten die grössten Investmentbanken rund 200 Milliarden Franken abschreiben, Geschäftsbanken über 100 Milliarden. Das Paradoxe an dieser Geschichte ist, dass Investmentbanken die besten Bankfachleute haben und die besten Universitätsabgänger einstellen. Deshalb ist die Enttäuschung derart gross.

Die ungeheuerlichen Verluste sind nur mit der Gier nach grösseren Gewinnen, gepaart mit überfordertem oder unfähigem Management, zu erklären. Das ist aber noch lange kein Grund, das Kind mit dem Bade auszuschütten: Ohne die Investmentbanken gäbe es viel weniger Fortschritt im Bankgeschäft. Die rasante Globalisierung der Industrie der letzten 15 Jahre, die Hunderte von Millionen Arbeitsplätze bei uns und in den Schwellenländern schuf, hätte ohne sie nie in diesem Ausmass stattgefunden. Infrastrukturprojekte in der ganzen Welt, die die Finanzierung von Hunderten von Milliarden erforderten, wären nicht zustande gekommen. Sinnvolle Fusionen oder die Finanzierung effizienter Produktionsprozesse wären nicht möglich gewesen. Die schnelle Rückführung von Überschusskapital aus rohstoff- und energieexportierenden Ländern in unsere Industriewirtschaft – ohne Investmentbanken undenkbar. Das nur ein paar Beispiele, wie uns die Branche Wachstum brachte und die Welt zu einem angenehmeren Platz machte.

Alle globalen Banken brauchen und haben eine Investmentbank oder eine Investment-Banking-Sparte. Zu verlangen, dieses Geschäft wegen der Verluste zu verkaufen oder einzustellen, ist gleich clever, wie wenn man beschliesst, den Fussballclub zu verkaufen, weil der Trainer nichts taugt.

Im Bankgeschäft geht es wie in jeder anderen Branche darum, es richtig und kompetent zu managen – und gerade da liegt das Problem. Viele globale Banken tun sich schwer damit. Die Gründe reichen von der Komplexität des Geschäftes bis zum Personalmanagement. Investment Bankers sind die bestbezahlten Bankangestellten und somit die unabhängigsten und die am schwierigsten zu führenden. Dass das Investment Banking hochprofitabel ist und für Aktionäre eine hohe Rendite erwirtschaften kann, ist bekannt, und einige Investmentbanken haben das auch in der gegenwärtigen Krise bewiesen. Gerade für die Schweiz mit ihrem starken Marktanteil im globalen Private Banking ist Investment Banking unverzichtbar. Die kleineren Privatbanken kaufen die Kundenbedürfnisse einfach im Markt. Die Grossbanken aber kommen nicht darum herum, ihr eigenes Investment Banking zu führen, denn ihre Kunden erwarten und verlangen dies. Es ist wie Asset Management Bestandteil eines modernen Private Banking für die Kunden der Grossbanken. Was natürlich noch lange nicht rechtfertigt, übergrosse Handelsrisiken und Bilanzen zu führen. Die Kreditkontraktion wird noch lange anhalten, und die Handelsabteilungen in den Investmentbanken wären gut beraten, ihre zu hohen Handelspositionen zügig abzubauen. Es ist keine Frage: Das Investment Banking hat seine Glaubwürdigkeit in den letzten Monaten verloren. Doch die wichtigsten Investmentbanken haben dies erkannt und werden entsprechend handeln.

Oswald J. Grübel arbeitete 40 Jahre für die Credit Suisse, zuletzt während fünf Jahren als Konzernchef. Anfang Mai 2007 trat er in den Ruhestand.