In seinem Lehrbuch der menschlichen Anatomie beschrieb der Innsbrucker Professor Felix Sieglbauer die männliche Topografie auch ohne den Beizug von Bildern höchst anschaulich: «Peniswurzel, Samenleiter und Aufhängung des Hodensacks liegen in unmittelbarer Nachbarschaft vor der Symphyse. Dadurch war es in der Antike möglich, die Mitglieder besiegter Heere mittels jeweils eines einzigen Schwertstreichs zu entmannen.»

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Bei uns macht das die Versammlung der vom Volk gewählten Interessenvertreter zwar umständlicher, aber genauso nachhaltig. Jüngst setzte eine Zweckgemeinschaft von isolationistischen Fundamentalisten und netten Träumern die Operation Atalanta aufs Riff. 16 Elitesoldaten sowie einige Ärztinnen und Beamten sollten helfen, unsere Schiffe vor den somalischen Barfuss-Seeräubern zu schützen. Die Juristen wussten nicht, ob das überhaupt erlaubt sei, die Fundis sahen die Schweiz in ihren Grundfesten bedroht, und die Grünen wollten die Lage der Seeräuberfamilien verbessern. Ausserdem wusste man nicht so recht, wo Somalia liegt, der Zuger SVP-Mann Marcel Scherer ortete den Notstand im Atlantik. Da ist er in hübscher Gesellschaft, schliesslich gibt es Schweizer Miss-Kandidatinnen, die das Matterhorn nicht kennen. Und auch der stramme Verteidigungsminister war offensichtlich erleichtert, sich keine realen Tests der besten Armee der Welt mit ansehen zu müssen.

Unser eunuchoider Nationalrat – und damit die Schweiz – signalisierte der Welt, dass wir uns nicht selbst gegen Kriminelle wehren wollen oder können, dass wir Potenz delegieren und das Dasein als Schmarotzer aktivem Handeln vorziehen. Dies ist eher Ausdruck von Feigheit und Unsicherheit als der christlichen Haltung, auch die andere Wange zum Schlag hinzuhalten. Wir sind trotz Krise so vollgefressen, dass kaum mehr der Schwellkörper, sondern nur noch das Bauchfett schwillt. Seit Wilhelm Tell und seinen Habsburger Räubern sind wir einen langen Weg gegangen.

Da wären einmal mehr Reformatoren, Revolutionäre und Führer mit Saft im Ranzen gefragt. Richten wir aber hilfesuchend unseren Blick auf die oberste Führung, so werden wir auch dort nicht fündig. Die Truppe der sieben Gebeugten wird von einem weiterhin strikt von den Banken kontrollierten «survivor of sudden death» angeführt. Auch hier drängen sich biblische Analogien wie jene der Blinden und Lahmen auf. Ein Tram dürfte der derzeitige CEO wegen seiner Anamnese (Krankheitsvorgeschichte) nicht mehr führen, für die Schweiz aber langt es allemal.

Da weckt natürlich jeder Neuzuzüger Hoffnung, vor allem wenn er wie Clint Eastwood wirkt und sich über dieses Image freut. Allerdings erledigte Eastwood echte und vermeintliche Gegner nicht mittels Zensur oder indem er sie zu unerwünschten Personen erklärte. Letzte Woche wurde der potenzielle Unruhestifter und notorische Kritiker Roger Köppel von der ersten TV-«Arena» mit dem coolen neuen Bundesrat ausgeschlossen. So vermied dieser zusammen mit der FDP, Potenzprobleme zur Schau stellen zu müssen. Der Neue signalisiert, dass er Konflikte und Diskussionen vermeiden will, sodass alles, ob im Gesundheitswesen oder in den Lobbyistenversammlungen, weiterhin schön gemächlich dahinfilzen kann.

Alles bleibt ruhig, die Lage ist hoffnungslos schlapp erstarrt, aber nicht ernst. Die Walliser Katholiken gelangen zurzeit an den Papst, das Gelübde aus dem 17.  Jahrhundert aufzuheben, das sie verpflichtet, für einen Gletscherschwund zu beten. Nun wollen sie für Gletscherwachstum beten. Einmal mehr: «Auch wenn es Wahnsinn ist, so hat es doch Methode» (Ophelias Vater Polonius in Shakespeares «Hamlet»).

Prof. Dr. med. Oswald Oelz war bis Ende Juli 2006 Chefarzt für Innere Medizin am Triemli-Spital Zürich. Der Bergsteiger und Buchautor liess sich mit 63 Jahren pensionieren.