Booking.com ist ein digitaler Riese. Auf der Onlineplattform werden täglich 1,5 Millionen Übernachtungen gebucht. Weltweit bietet sie 29 Millionen Unterkünfte an, davon 15'800 in der Schweiz. SonntagsBlick traf CEO Gillian Tans (49) am Hauptsitz in Amsterdam.

Wie machen Sie Ferien? Luxushotel oder Camping?
Gillian Tans: Wenn wir mit unseren drei Kindern reisen, nehmen wir am liebsten eine Wohnung in der Stadt. Dann hat man Platz. Wenn ich geschäftlich unterwegs bin, ist es mir wichtig, die verschiedensten Arten von Unterkünften zu sehen. Ich liebe Abwechslung. In der Schweiz bleibe ich bei meinen Eltern, die im Wallis leben.

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Welche Erfahrung macht Booking mit Schweizer Gästen?
In vielem unterscheiden sie sich nicht von anderen Nationalitäten. Ein Merkmal sticht hervor: Schweizer sind sehr aktive Feriengäste. Outdoor-Aktivitäten stehen hoch im Kurs, sie sind an alternativen Unterkünften wie Berghütten, Safarizelten oder Schlosshotels interessiert. Ein individueller Zuschnitt ist ihnen wichtig.

Der Schweizer Tourismus steht unter Druck. Was tut Booking, um zu helfen?
Viel! Wir haben 28 Mitarbeiter in der Schweiz. Die arbeiten direkt mit der Branche, aber auch mit den Tourismusbehörden in diversen Projekten. Der Grossteil der Betriebe, mit denen wir in der Schweiz zusammenarbeiten, hat weniger als zehn Zimmer. Gerade für solche kleine Unternehmen ist diese Hilfe wesentlich.

 

Können Sie Beispiele nennen?
Eine wichtige Frage lautet: Was kann man tun, damit im Sommer mehr Leute in die Berggebiete kommen? Da kooperieren wir mit lokalen Anbietern. Viele Schweizer Orte verzeichnen seither einen Anstieg der Übernachtungszahlen im Sommer. Vor allem Südostasien, China, die USA und Indien sind derzeit Wachstumsmärkte. Es gibt also Good News für die Schweizer Hotellerie.

Digitale Plattformen wie Booking haben die Ferienplanung verändert. Haben sie auch die Ferien an sich verändert?
Oh ja! Als ich 2002 bei Booking startete, informierten sich die Leute per Telefon oder Ferienkatalog. Im Prospekt war dann ein kleines Bild, nach dem man seine Unterkunft wählte. Mit dem Resultat, dass Erwartung und Realität oft weit auseinanderklafften. Durch die Digitalisierung hat sich das enorm verbessert.

 

Die persönliche Beratung des Reisebüros verschwindet. Onlineplattformen erscheinen vielen gesichtslos. Verstehen Sie das Unbehagen?
Sehr gut sogar. Aber auch bei uns arbeiten viele Menschen täglich daran, die Erfahrungen für die Gäste zu verbessern. Wir haben Mitarbeiter, die unseren Kunden helfen, die Entwicklung in ihren Ländern zu verbessern. Für die Gäste ist sehr vieles einfacher geworden: Über 50 Prozent unserer Buchungen werden heute über das Smartphone gemacht.

 

Dabei sammeln Sie gigantische Mengen an Informationen. Können Sie den Datenschutz garantieren?
Das Vertrauen unserer Partner und Kunden ist unser Kapital. Wir verkaufen keine Daten oder geben sie sonst wie weiter. Wir verwenden sie einzig dazu, unseren Service zu optimieren. Und dafür, dass Gastgeber besser wissen, was Gäste wollen. Dass wir den Datenschutz sehr ernst nehmen, haben wir mehrfach bewiesen.

 

Das Schweizer Parlament kritisiert Ihre Bestpreis-Garantie – das seien «Knebelverträge», weil die Hoteliers auf ihrer Website keinen tieferen Preis als jenen auf Booking.com anbieten dürfen.
Wir haben ein ziemlich einfaches Geschäftsmodell: Wir verlangen von den Gastgebern weder Vorauszahlungen noch eine monatliche Pauschale. Wir verlangen einzig eine Kommission, wenn ein Gast wirklich in der Unterkunft übernachtet. Im Gegenzug betreibt Booking weltweit sehr viel Marketing – auch für die Schweiz. Darf ich ein Beispiel nennen?

 

Bitte ...
Im Walliser Dorf meiner Eltern war früher kaum je ein Tourist anzutreffen. Dank Booking besucht ein neuer Typ von Gästen den Ort. Plötzlich tauchen Touristen aus Japan und anderen asiatischen Ländern auf. Booking bringt also auch einen Vorteil, von dem die Schweiz als Reisedestination profitiert. Aber alles hat seinen Preis.

 

Auch der Preisüberwacher untersucht Ihre Verträge.
Nochmals: Wir werben weltweit für unsere Unterkünfte. Das setzt aber voraus, dass die Menschen ihre Ferien über Booking buchen. Es würde schwierig, wenn Booking gezwungen würde, den Preis zu senken. Und ein entfesselter Preiskampf kann auch nicht im Interesse der Gastgeber sein. Da ziehen Hoteliers und Booking gemeinsam an einem Strick.

 

Die SP will, um Sie herauszufordern, eine staatliche Buchungsplattform etablieren.
Interessant. Das wirkt auf mich nicht sehr schweizerisch.

 

Wieso?
Ich nehme die Schweiz als liberales, wettbewerbsfähiges, innovatives Land wahr. Eine staatliche Buchungsplattform, welche die Hotelbranche in dieser Form abhängig von den Steuerzahlern machen würde, passt meiner Meinung nach nicht unbedingt dazu.

 

Sie sind in der Schweiz der Platzhirsch der Reisebranche. Zahlen Sie hier auch Steuern?
Natürlich! Wir versteuern unsere lokalen Gewinne gemäss geltendem Gesetz. Der Grossteil dessen, was eine Buchung auf Booking in einem Schweizer Hotel schafft, bleibt dort als Ertrag im Hotel. Lediglich die Kommission, die das Hotel uns entrichtet, fliesst in die Niederlande, wo wir seit Gründung unseren Hauptsitz haben.

 

Sie beschleunigen das Business und stärken den Massentourismus. Orte wie Venedig oder Barcelona leiden daran.
Oder Amsterdam! Aber wir entscheiden ja nicht, wohin die Leute gehen wollen. Das können wir nicht kontrollieren. Der Grund für die Entwicklung ist, dass sich immer mehr Menschen das Reisen leisten können. Darum arbeiten wir mit den Destinationen an Lösungen. Wir sind zum Beispiel mit der Verwaltung von Amsterdam im Gespräch, um zu sehen, ob wir ihnen mehr Daten geben können, damit die Stadt die Besucherströme besser managen kann.

 

Reden wir über das Klima: Was tun Sie für nachhaltigeren Tourismus?
Uns ist wichtig, dass jede Destination auch für kommende Generationen noch da sein wird. Deswegen haben wir «Booking Cares» und «Booking Booster» gegründet. Wir helfen Start-ups vor Ort, die nachhaltigen Tourismus fördern. Booking kann aber nicht alleine die Welt verbessern. Es braucht mehr Kooperation auf allen Ebenen.

Dieser Artikel wurde zuerst im Wirtschaftsressort des «Blick» veröffentlicht.