Wenn Ökonomen die Arbeit eines Sinfonieorchesters optimieren müssten, würden sie wahrscheinlich die Pausen in Beethovens Konzerten streichen – weil diese den Gang der Dinge bremsen und Musiker sonst fürs Nichtspielen bezahlt würden. Mit diesem Gleichnis gibt der verstorbene tschechische Staatspräsident Václav Havel schon im Vorwort die Gangart vor.

Tomáš Sedlácˇ ek, früher Berater des Präsidenten, heute Chefökonom einer Bank und Professor, macht in seinem Buch eine Reise durch die Geschichte der Ökonomie. Für die Gegenwart kommt er zur Erkenntnis: «Die zeitgenössische Ökonomie sollte einige neue Ideen aufgeben und zu vielen alten zurückkehren.» Sie sollte sich zum Beispiel die Maxime Alfred Marshalls zu Herzen nehmen, der forderte, dass man Mathematik zwar betreiben, dann aber das Papier verbrennen sollte. Sie sollte sich auf ihre Ursprünge in der Ethik und der Moralphilosophie besinnen. Sie sollte aufhören, unvorhersagbare Dinge vorauszusagen. Oder dabei Demut walten lassen – etwa indem sie sich auf den Talmud berufe: «Wir sehen die Dinge nicht so, wie sie sind, sondern so, wie wir sind.»

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Sedlácˇ eks Buch ist ein begeisterndes, überaus gescheites Lesevergnügen. Für Ökonomen zur Selbsterkenntnis; für Nicht-Ökonomen, um die Hohepriester der Märkte für einmal ohne Kleider zu sehen. 

Tomáš Sedlácek
Die Ökonomie von Gut und Böse
Hanser, Bern, 447 Seiten, Fr. 34.90

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