Gut ausgebildete, arbeitswillige und strebsame junge Leute sind in den Unternehmen nach wie vor gefragt, allen Rezessionsängsten und flächendeckenden Personalabbaumassnahmen zum Trotz. Aus Unternehmersicht haben qualifizierte junge Mitarbeiter vier unschätzbare Vorteile gegenüber den Alteingesessenen: Sie sind flexibler, sie sind schneller, sie sind formbarer und bilden aus diesen drei Gründen die Zukunft des Unternehmens. Und viertens sind sie billiger.

Selbst Unternehmen, die aus konjunkturellen oder strukturellen Gründen in Schwierigkeiten sind, stellen deshalb ihre Suche nach hoffnungsvollem Nachwuchs keineswegs ein. Und in vielen Unternehmen, zumal in den grossen, gibt es sorgfältig ausgearbeitete Programme, mit denen die Berufseinsteiger in ihre Laufbahn eingewiesen werden.

So betreibt die Credit Suisse Group, Spitzenreiterin im diesjährigen Ranking, ihr Programm «Career Start», bei dem die Einsteiger während 12 bis 18 Monaten von einem Berater aus der Abteilung Human Resources betreut werden. Jene, die in dieser Phase als «high potentials» ausgemacht werden, erhalten auch anschliessend einen Mentor zugewiesen, der sie auf die höheren Weihen einer Bankkarriere vorbereitet.

Das alles findet im Wesentlichen on the Job statt, begleitet natürlich auch von Off-the-Job-Weiterbildungsmassnahmen. Bei der CS bemüht man sich, die jungen Mitarbeiter schnell zu integrieren und ihnen frühzeitig Verantwortung zu übertragen.

Grossbanken sind bei Ökonomen hoch im Kurs
Genau diese Betreuung ist es, was Berufseinsteiger in erster Linie erwarten. Denn so wie die Unternehmen qualifizierte, arbeitswillige und strebsame junge Mitarbeiter suchen, suchen die dergestalt Umworbenen jenen Arbeitgeber, der ihren Wünschen am besten entspricht. Dabei haben sie recht präzise Vorstellungen von ihren Anforderungen an den künftigen Arbeitgeber, und sie haben eine klare Meinung darüber, wer diese Kriterien am besten erfüllt.

Dass dem tatsächlich so ist, ergibt sich aus dem «Universum Graduate Survey 2002» (siehe «Weltweit am Puls der Studenten»). In der Schweiz wurden mehr als 1400 kurz vor Studienabschluss stehende Studenten an Hoch- und Fachhochschulen befragt, was sie von ihrem künftigen Arbeitgeber erwarten und wer dieser sein könnte. Befragt wurden je etwa zur Hälfte Studenten wirtschaftswissenschaftlicher Fachrichtung und solche aus dem Ingenieurwesen und den Naturwissenschaften (im folgenden «Techniker» genannt). Da die Berufsbilder, die sich aus diesen Studiengängen ergeben, doch sehr unterschiedlich sind und mit ihnen das Anforderungsprofil an den Arbeitgeber, macht eine Gesamtrangliste der beliebtesten Arbeitgeber wenig Sinn. Deshalb finden Sie gleich zwei Rankings mit den jeweils 20 Spitzenreitern in der Arbeitgeber-Beliebtheitsskala bei den Studenten: Back to the Roots, Banking und Consulting

Diese beiden Ranglisten und der Vergleich mit den Vorjahren offenbaren zwei scheinbar gegensätzliche Trends. Bei den Ökonomen manifestiert sich eine erstaunliche Stabilität in der Wertschätzung. Von den 20 Topunternehmen des Jahres 2002 figurierten im Vorjahr nicht weniger als 15 auch schon in den ersten zwanzig. Allen voran die Credit Suisse Group, die ihren Spitzenrang vom Vorjahr verteidigte. Und da die SAirGroup, im Vorjahr die Nummer zwei, mittlerweile nicht mehr existiert, rückt die zweite Grossbank, die UBS, auf Rang zwei vor, gefolgt von der Nestlé, die mit PricewaterhouseCoopers die Plätze tauschte.

Nestlé schafft bei den Studenten einen Imagewechsel
Bei den Technikern zeigt sich der andere Trend: Etliche Unternehmen, die in Bereichen tätig sind, die mit der New Economy zu tun haben, sind aus den top zwanzig herausgefallen, eher traditionelle Unternehmen aus langfristig stabilen Branchen haben die Oberhand gewonnen: allen voran die ABB, die ihren aktuellen Schwierigkeiten zum Trotz immer noch als der beste Arbeitgeber für angehende Ingenieure und Naturwissenschaftler gilt, aber auch Siemens, BMW, IBM und Novartis.

Und sozusagen einen Sonderfall bildet der Nahrungsmittelmulti Nestlé, der sowohl bei den Ökonomen (Rang drei) als auch bei den Technikern (Rang zwei) zur absoluten Spitze zählt. Das freut natürlich Paul Broeckx, den Personaldirektor der Nestlé. Denn Nestlé hat sich in den letzten Jahren alle Mühe gegeben, das zwar unverdiente, aber dennoch verbreitete Image eines eher langweiligen, wenig dynamischen Unternehmens loszuwerden.

«Jetzt haben wir es offenbar geschafft, Nestlé als attraktives Unternehmen für junge Menschen zu positionieren», sagt Broeckx und führt das auf eine Vielzahl von Faktoren zurück. Früher schickte man zu Präsentationen bei Hochschülern hoch gestellte Kader, die dann von ihren Erfahrungen bei Nestlé erzählten. Nur lagen deren Einsteigererfahrungen meist schon etliche Jahre zurück und hatten mit dem Erwartungshorizont der Studenten wenig zu tun. «Heute schicken wir unsere Jungen zu solchen Präsentationen, deren Erfahrungen näher bei jenen der Studenten liegen.»

Schweizer Wurzeln sind gefragt
Überdies hat es Nestlé mittlerweile geschafft, das multinationalste und multikulturellste Unternehmen der Welt nicht nur zu sein, sondern diese Botschaft auch rüberzubringen. Dazu beigetragen haben zum einen Sponsoring-Aktionen, die auf ein jüngeres Publikum zielen, die vermehrte Bereitstellung von Unterlagen für Fallstudien aus dem Hause Nestlé, aber auch die deutliche Botschaft, die das Projekt «Globe» vermittelt, mit dem Nestlé vom Konglomerat unzähliger nationaler Märkte und Produktgruppen zum weltweit verknüpften Unternehmensnetzwerk werden will – und dafür Milliardenbeträge investiert. Für dieses Projekt werden weltweit Hunderte von Spezialisten aus allen möglichen Bereichen benötigt, vermehrt auch aus Hightechbranchen.

Kommt hinzu, dass die New Economy durch die Turbulenzen der letzten Jahre massiv an Attraktivität verloren hat. Die Studenten suchen heute zwar immer noch die technologische Herausforderung, verbunden aber mit dem dringenden Wunsch nach internationalen Einsatzmöglichkeiten und mit einem zunehmenden Bedürfnis nach Sicherheit – «ein erfolgreiches, internationales, kapitalkräftiges Unternehmen mit Schweizer Wurzeln und einer hohen Reputation», wie das die CS Group beschreibt und damit auch sich selber meint.

Die Studie gibt weiter darüber Auskunft, welche Präferenzen die angehenden Berufseinsteiger haben. Hohe Priorität geniessen dabei die flexible Arbeitszeit (rund 90 Prozent), die Möglichkeit zu vielen externen Kontakten (80 Prozent), das Arbeiten in Teams (80 Prozent) und die projektorientierte Arbeit (79 Prozent).

Die absolute Grösse des Unternehmens ist eher zweitrangig; dafür legen 85 Prozent der Befragten grossen Wert auf flache Hierarchien und mehr als 70 Prozent auf den Hauptsitz im Heimatland. Zwei Drittel der Befragten möchten in Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern arbeiten und fast 80 Prozent eher im Stadtzentrum als draussen in der Agglomeration.

Keine überrissenen Lohnvorstellungen
Diese Anforderungen an den künftigen Arbeitgeber haben ganz offensichtlich mit dem wichtigsten Karriereziel zu tun, das 55 Prozent der Befragten innerhalb der ersten drei Jahre ihres Berufslebens verwirklichen wollen: ein Gleichgewicht zwischen dem Privatleben und der Karriere zu finden. Dieses Ziel rangiert noch vor dem Wunsch, international tätig zu sein (46 Prozent), und weit vor dem Ziel, eine solide finanzielle Basis zu schaffen (25 Prozent).

Das wird auch in den Erwartungen der Studenten in Bezug auf die materiellen Rahmenbedingungen ihrer künftigen Berufs- arbeit deutlich. Ihre Lohnvorstellungen sind zwar nicht übermässig bescheiden – man kennt seinen Wert –, aber auch alles andere als überrissen.



Im Durchschnitt erwarten die akademischen Berufseinsteiger ein Jahressalär von 76 500 Franken, das innerhalb von drei Jahren auf fast 100 000 Franken steigen sollte. Dabei sind die Männer deutlich anspruchsvoller als die Frauen: 67 Prozent der Männer, aber nur 55 Prozent der Frauen erwarten als Anfangslohn mehr als 73 000 Franken. Und wenn man diese Differenzierung nach Studienrichtung macht, so stellt sich heraus, dass die Techniker bescheidener sind als die Ökonomen: 71 Prozent der Ökonomen erwarten mehr als 73 000 Franken, aber nur 58 Prozent der Ingenieure und Naturwissenschaftler.

Für diesen Lohn sind die Studenten auch bereit, viel zu arbeiten. Nur eine Minderheit (31 Prozent der Frauen, 27 Prozent der Männer) möchte maximal 40 Stunden in der Woche arbeiten, die grosse Mehrheit ist bereit, deutlich übertarifliche Stundenzahlen zu leisten (58 Prozent der Männer zwischen 41 und 50 Stunden), und immerhin zehn Prozent gehen davon aus, dass sie über 56 Stunden am Arbeitsplatz verbringen müssen.

Wie sich da die Balance zwischen Privatleben und Karriere einstellen soll beziehungsweise wie der Verzicht darauf zu kompensieren sei, auch darüber haben die Studenten ziemlich klare Vorstellungen. Auf die Frage, welche Zusatzleistungen zum monatlichen Gehalt denn angebracht wären, steht sowohl für die Ökonomen (61 Prozent) als auch für die Techniker (55 Prozent) die Weiterbildung auf Firmenkosten im Vordergrund.



Und direkt auf eine Ausweitung der privat verfügbaren freien Zeit zielt der dringende Wunsch (42 Prozent der Ökonomen, 44 Prozent der Techniker), zusätzliche Urlaubstage in Anspruch nehmen zu dürfen.

Der Wissensrohstoff muss gepflegt werden
Das Wunschbild der Unternehmen vom jungen Mitarbeiter findet also in den Erwartungen des akademischen Nachwuchses seine Entsprechung. Die Jungen sind bereit, viel Zeit in die Arbeit zu investieren, sie wollen sich weiterbilden, sie sind bereit zu internationaler Tätigkeit, also zu Auslandeinsätzen, sie wollen schnell Verantwortung übertragen bekommen, sie sind in ihren materiellen Erwartungen zwar nicht übermässig bescheiden, aber auch keineswegs gierig. Aber sie erwarten dafür vom Arbeitgeber, dass er ein kreativitätsförderndes Umfeld bereitet: flache Hierarchien, teambezogene Arbeit, projektorientiertes Wirken.

Diesen durch die Umfrageergebnisse erzeugten Eindruck bestätigt auch Nestlé-Personalchef Paul Broeckx: «Die jungen Leute in der Schweiz sind nicht bequem geworden, wie man ihnen das oft vorhält. Im Gegenteil: Sie sind leistungsbereit, und sie haben, wie etliche Generationen vor ihnen, immer noch Pioniergeist.»

Broeckx bezeichnet die Schweiz als eines von drei Ländern in Europa, in denen die jungen Leute überdurchschnittlich neugierig auf andere Kulturen sind und geradezu darauf brennen, auch im Ausland zu arbeiten – die anderen beiden Länder sind England und Holland.

Die Unternehmen tun gut daran, die Wünsche des akademischen Nachwuchses ernst zu nehmen. Damit tun sie nicht nur sich selbst einen Gefallen, indem sie ihre eigene, sich immer schneller verändernde Zukunft erfolgreich gestalten. Sie nützen damit auch der ganzen Volkswirtschaft. Denn der einzige Rohstoff, über den die Schweiz verfügt, ist das Wissen ihrer Bewohner. Und das gedeiht nur in einem Umfeld, in dem es gehegt und gepflegt wird und sich entfalten kann.

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