Die Karriere von Barend Fruithof hat annähernd so viele Wendungen hinter sich wie seine Kehrmaschinen auf einer Zürcher Traminsel.

Gelernter Landwirt, erfolgreicher Banker, unter anderem langjähriger Chef des Firmenkundengeschäfts der Credit Suisse, dann Präsident diverser Finanzinstitutionen, stiess er im März 2017 als CEO zum Maschinenbauer Aebi Schmidt und damit zum bodenständigen Business der Strassen- und Startbahnreinigung, zum Schneefräsen und Heusammeln. «Die Firma ist cool, und der Job macht einen Riesenspass», sagt Fruithof. Das Bankwesen, wo Fruithof dank ausgeprägtem Selbstbewusstsein hier und da aneckte, scheint er kaum zu vermissen.i

 

Saubere Margen

Die Zahlen geben definitiv Anlass zur Freude. 2016, im Geschäftsjahr vor Fruithofs Antritt, kehrte Aebi Schmidt 360 Millionen Euro Umsatz zusammen, und die operative Gewinnmarge, damals nicht ausgewiesen, soll bei rund zwei Prozent gelegen haben. Für 2023 stehen 935 Millionen Euro Umsatz in den Büchern, und die nun erstmals ausgewiesene Marge beträgt beachtliche 7,5 Prozent.

Damit hat Aebi Schmidt inzwischen die Konkurrenz klar distanziert: Der wichtigste Wettbewerber, die Schweizer Bucher Municipal, kommt bei unter 600 Millionen Franken Umsatz auf eine Marge von 6,3 Prozent, Österreichs Rosenbauer Group, die vor allem Feuerwehren ausrüstet, ist etwa gleich gross, aber muss um Betriebsgewinn regelrecht barmen.

In den USA, wo Aebi Schmidt kräftig wächst, auch mit Übernahmen, will Fruithof 2024 den Wettbewerber Douglas Dynamics überholen, den Abstand zur grösseren, margenstärkeren Alamo Group verringern; Truckausrüster The Shyft Group liegt nur punkto Volumen vor Aebi Schmidt.

 

Land of the clean

Amerika ist das Land der Hoffnung, auch für Aebi Schmidt; dort fällt bereits mehr Konzerngeschäft an als im Rest der Welt zusammen. Und auch margentechnisch ist das Business der 2021 übernommenen Firmen Monroe und Towmaster mit ihren Aufbauten für Kommunalfahrzeuge (wie Pflüge oder Salzstreuer) und Pick-ups von Handwerkern oder ihren Anhängern um einiges einträglicher als in Europa.

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Aebi Schmidt

Das Kehrblasgerät CJS-DI (l.) kann über eine halbe Million kosten.

Quelle: PD

Das jüngst zugekaufte Schneeräum-Geschäft des Milliardenkonzerns Oshkosh, mit Sitz in der gleichnamigen Kleinstadt in Wisconsin, bringt zwar nur rund 30 Millionen Umsatz auf die Waage, soll aber rund 2000 Maschinen bei Kunden in Betrieb haben; hier schielt Aebi Schmidt auf das After-Sales-Geschäft mit Wartung und Ersatzteilen – wie im Maschinenbau üblich, etwa bei den Liftbauern Otis und Schindler zu besichtigen, sind die Margen hier deutlich höher als im Neugeschäft.

Vom Börsengang, der seit Jahren im Raum steht, will Fruithof zwar nach wie vor nichts wissen, da «gibt es keine Pläne in der Schublade», aber dass man «börsenfähig» sein wolle, gesteht er immerhin zu. Und so dementiert er auch nicht die offensichtlichen Ziele: endlich die Umsatzmilliarde zu erreichen, die als Untergrenze für internationale Attraktion bei Anlegern gilt, und die Marge weiter hochzutreiben. «Wir wollen uns natürlich verbessern», sagt Fruithof, acht Prozent dürfte er im laufenden Jahr angepeilt haben.

Das Jahr 2024 ist mit Auftragseingängen in Rekordumfang gestartet, Fruithof hat also ausreichend zu tun. Dennoch war er zeitweilig im Gespräch als Chairman beim kriselnden Stahlkocher Swiss Steel, wo er für Grossaktionär Peter Spuhler im Board sass, bis vor Tagen. Spuhler und der zweite Grossaktionär, Amag-Eigentümer Martin Haefner, hatten sich über Wochen medial beharkt, zuletzt in zunehmender Schärfe.

Resultat: Spuhler hat den «geordneten Ausstieg» als Aktionär bei Swiss Steel angekündigt, Fruithof sich aus dem VR verabschiedet. Durch diesen Eklat bleibt Fruithof immerhin erspart, im Sandwich seiner Arbeitgeber (Fruithof sitzt auch im VR von Haefners Amag Leasing) den Stahlpräsidenten zu geben. Das wäre eine Gratwanderung der Ehrenkategorie geworden.

Der Schweizer habe der Gruppe Effizienz und Kostenbewusstsein eingehämmert, raunen die Angestellten im wichtigsten Werk in St. Blasien im Schwarzwald. Hier war Firmenteil Schmidt zu Hause, einst im heutigen Kerngeschäft Schneeräumung und Kehrgeräte aktiv, den die Grossaktionäre, Bahn-Baron Peter Spuhler und Investor Gero Büttiker, 2007 mit dem Burgdorfer Landtechnikhersteller Aebi vermählten, den sie im Vorjahr übernommen hatten.

Vor allem Spuhler bringt sich seitdem stark ein bei Aebi Schmidt und unterstützt mit Macht den Wachstumskurs – als Haupteigentümer, der insgesamt 66 Prozent der Anteile hält, lockt ihn ein künftiger Börsengang, genau wie Büttiker, der 26 Prozent besitzt, und CEO Fruithof, der auf sechs Prozent kommt; der kleine Rest liegt bei den Angestellten.

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Verkaufsschlager eSwingo 200 putzt elektrisch, zehn Stunden lang.

Quelle: PD

Ohne Spuhler und Büttiker hätten womöglich weder Aebi noch die lange Zeit schlingernde Schmidt überlebt. Spuhler installierte einen Manager seines Bahnbauers Stadler Rail, Walter Vogel, als Präsidenten und Geschäftsführer, der in den Folgejahren die Integration mitsamt IT-Zusammenlegung abwickelte.

 

Vom Monat zur Woche

Fruithof erhöhte ab 2017 die Schlagzahl, von monatlicher Erfolgskontrolle stellte er auf wöchentlich um. Freitags um 14 Uhr gibt es einen Call mit allen Verantwortlichen, auch in den USA, dort werden Produktivität, Neuaufträge, Fertigungsdaten und Projekte diskutiert; montags früh um 7 Uhr, alle zwei Wochen, gibt es zudem ein Meeting zu den aktuellen Wasserständen bei Ausschreibungsverfahren.

Monatlich meldet sich Fruithof via «CEO-Letter» bei seinen 3000 Mitarbeitern, an Betriebsversammlungen nimmt er regelmässig teil.

Früher habe man nur entlang dem Umsatz geplant, so ein Kader in St. Blasien, und die Zahlen oft genug nicht erreicht. Waren es damals 140 000 Arbeitsstunden pro Jahr, sagt Deutschland-Chef Thomas Berger, leiste das Werk nun weit über 200 000 Stunden; die Arbeitszeit kann bei Bedarf vorübergehend flexibel angehoben werden.

Budgetiert wird dafür konservativ: Aebi Schmidt hat keinen Goodwill auf den Büchern und aktiviert die Kosten für Forschung und Entwicklung nicht – die ordentlich zugelegt haben: Allein in St. Blasien tüfteln 60 Ingenieure am Reinigungswesen der Zukunft. Auf dass dereinst auch Kleinanleger ihre Lust auf Landebahnreinigung befriedigen können.

 

Dirk Ruschmann
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