Selbsterkenntnis, goldne Gabe, wunderbare, jüngende Kraft … Was Christian Morgenstern vor mehr als einem Jahrhundert bereits wusste, hat heute auch die Mannen (und Frauen, klar) von Autobauer Audi gestreift. Denn was bei den Testfahrten auffiel, war hier und da im Innenraum etwas zu viel Hartplastik, nicht unbedingt störend in Sichtbereichen, aber dennoch fühlbar in jener Umgebung, wo sich die Fahrpersonen nun mal die meiste Zeit aufhalten – und im Fall des Handschuhfachs auch hörbar. So etwas kennt man gerade von Audi nicht, und deshalb fällt es auf: Wer etwa einmal im A7 der ersten Generation sass, erinnert sich an ein Interieur, das haptisch mit Omas Vollholz-Schrankwand verwandt war, massiv, wie aus dem Vollen gefräst. BMW und Mercedes, auch das sei gesagt, kennen ähnliche Schwankungen in Sachen Verarbeitung. Nun ist eben Audi mal dran.
Dirk Ruschmann fährt seit 25 Jahren Auto. Er schreibt über Unternehmen, Manager, Autos und andere bewegliche Teile.
Was die Audi-Leute aber auszeichnet: Sie wissen darum, sprechen es auf Nachfrage auch offen aus und haben bereits Besserung gelobt. Spätestens mit dem nächsten Facelift, vielleicht schon bei kommenden Neupräsentationen würden die alten Qualitäten wieder aufleben, lassen die Audianer wissen. Zumal Audi-Chef Gernot Döllner ohnehin eine Runderneuerung der Firma und der Modellpolitik eingeleitet hat. Dass Sparrunden manchmal einen Mikrometer zu weit reichen, gehört zur Natur der Sache. Hauptsache, das Pendel kommt wieder zurück.
Ich will hier jetzt nicht allzu wirtschaftlich werden; immerhin steht nun das wohl wichtigste neue Modell der Marke mit den vier Ringen am Start, und die Kritik konnte überhaupt nur deshalb entstehen, weil eben Audi als State of the Art punkto Innenraum gilt. Premium ist das Auto natürlich nach wie vor. Man kann auch auf hohem Niveau noch klagen.
Am Steuer macht der Q5 richtig Freude. Ich bin die Motorisierungen SQ5 mit Sechszylinder und 367 überholfreudigen Pferdchen gefahren sowie den Zwei-Liter-Diesel mit 204 PS, der auch richtig gut geht – und für Heavy User oder passionierte Langstreckler die Ideallösung sein dürfte. Mildhybride liefern Zusatzleistung und senken die Verbräuche. Neue Fahrzeugplattform, neue Motoren, Fahrwerk sportlich-komfortabel, Infotainment ohne Abendkurs bedienbar: Two thumbs up.
Dass ausserdem im SUV (nicht im Sportback) die Rücksitzbank geneigt und in Längsrichtung verschoben werden kann, darf man als durchdachte Nutzenstiftung für die Kunden feiern.
Die Optik gefällt bei beiden Varianten, doch der Sportback sieht ein Stück schärfer aus und bietet kaum weniger Stauraum; den würde ich empfehlen, dazu die mächtigen 21-Zoll-Räder. Die passen zur markanten Front. Das Exterieur ist definitiv die Schokoladenseite des Q5.
Audi Q5
Antrieb: 2-Liter-R4-Diesel
Verbrauch: 6,7 Liter Diesel
Leistung: 204 PS (150 kW)
0–100 km/h: 7,4 s
Vmax: 226 km/h
Preis: ab 73'200 Fr. (Sportback), der SQ5 Sportback startet bei 103'900 Fr.