Der Kommentar reflektiert meine persönliche Meinung als Alumnus, der wie viele andere der HSG viel schuldet. Damals wie heute ist ihr Markenkern, potenzielle zukünftige Führungskräfte in Wirtschaft und Gesellschaft durch eine Kombination von akademischer Exzellenz und praxisnaher Ausbildung auf die künftigen Herausforderungen vorzubereiten. In ihrer 125-jährigen Geschichte ist es der HSG gelungen, diesem Anspruch in einem stetig wettbewerbsintensiver werdenden Umfeld nicht nur gerecht zu werden, sondern eine weit über die Schweiz hinausreichende Bedeutung zu erlangen. Eine «Iconic Institution», die international bekannt ist und respektiert wird.

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Reputationen aufzubauen, ist bekanntlich wesentlich schwieriger und langfristigerer Natur, als sie einzureissen. Das starke Fundament einer Institution wie der HSG mag ihr erlauben, kleinere Aufregungen und «Shitstorms» wegzustecken. Aber auch für sie gilt: Sie muss sich gesellschaftlicher Kritik erfolgreich stellen, ohne dabei jede kurzfristige Mode mitmachen zu müssen. Die HSG hatte nicht den einen grossen Krisenfall, vielmehr gab es in den letzten Jahren eine Reihe von Vorfällen und Vorwürfen, die an der Reputation der HSG als erfolgreicher Kaderschmiede Zweifel aufkommen lassen. Unabhängig davon, ob jeder dieser Vorwürfe auch objektiv zutrifft, erhebt die Häufung die Frage, ob dies jeweilige Einzelprobleme sind oder es tiefer sitzende strukturelle oder kulturelle Fehlentwicklungen gibt.

Über den Autor

Paul Achleitner, Ex-Aufsichtsratspräsident der Deutschen Bank und Investor, ist Präsident des Stiftungsrats der HSG, wo er von 1976 bis 1980 studiert hat.

Die HSG und ihre Führung muss sich dieser Frage stellen. Und aus ihrer Sicht tut sie dies auch in der ihr eigenen Art: gründlich und seriös. Für viele Beobachter zu langsam und reaktiv. Transparente Krisenbewältigung wird letztlich nicht daran gemessen, was die intern Verantwortlichen als «fair», sondern was die gesellschaftlichen Bezugsgruppen als «glaubwürdig» betrachten. Abgesehen von Stilfragen besteht ein Konsens, dass an einer gründlichen Aufarbeitung der Problemfelder, insbesondere was das Zusammenspiel von akademischer Freiheit, finanziellen Notwendigkeiten und betrieblichen Kontrollmechanismen angeht, kein Weg vorbeiführt. Auch wenn dies in einer öffentlich-rechtlichen, aber auf private Finanzierung angewiesenen Institution besonders herausfordernd ist, müssen Fragen der Corporate Governance, wie die Führung von Wissenschaft und Organisation aus einer Hand oder das Verhältnis einzelner Institute zur Gesamtuniversität, sorgfältig durchdacht werden. Wie kann eine effektive und effiziente Betriebsorganisation geschaffen werden, ohne akademische Freiheiten und unternehmerische Initiativen zu beschränken?

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Dabei dürfen die strategischen Fragen nicht zu kurz kommen. Digitalisierung generell und die Erfahrung des Covid-bedingten Heimstudiums im Speziellen haben die Grenzen des universitären Wettbewerbs nach den besten Talenten sowohl auf studierender als auch auf lehrender und forschender Ebene global weiter verschoben. Künstliche Intelligenz, Zugang zu Daten sowie ethische und gesellschaftspolitische Fragen revolutionieren gerade die Forschungsagenda und die Lehrinhalte.

Die amerikanischen Eliteuniversitäten verfügen dabei durch ihre privaten Fördermittel über für europäische Verhältnisse fast unvorstellbare Ressourcen. Wenige Universitäten in Europa können sich diesem Wettbewerb frontal stellen. Die HSG hat dabei – nicht zuletzt aufgrund der effektiven Kombination von öffentlicher und privater Finanzierung – bisher überproportional mitgehalten.

Um eine erfolgreiche Weiterentwicklung der HSG in dieser Transformationsphase sicherzustellen, gibt es viel zu tun. Die HSG hat es verdient, dass wir sie dabei wo immer möglich angemessen unterstützen.