Es war ein später Triumph: Als die Finma am 19.  Oktober die Ergebnisse ihres Enforcement-Verfahrens gegen die Credit Suisse in der Beschattungsaffäre um ihren Ex-Banker Iqbal Khan veröffentlichte, galt bei Thomas Werlen: Freude herrscht.

Der Schweizer Vormann der US-Kanzlei Quinn Emanuel war von der Finma gegen heftigen Widerstand der Credit Suisse als externer Prüfbeauftragter bestellt worden und hatte mit seinem Team die Beschattungs-Machenschaften des CS-Managements aufgespürt und dokumentiert. Öffentlich äussern darf sich der 56-Jährige dazu auch heute nicht. Doch dass die Zahl der Beschattungen nicht wie bislang bekannt bei zwei Fällen, sondern bei sieben liegt, ist in dem geheimen Bericht offenbar sauber aufgelistet. Werlen hatte ihn im letzten Sommer nach neun Monaten akribischer Arbeit bei der Finma eingereicht und damit das Enforcement-Verfahren ausgelöst.

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Ex-Präsident Urs Rohner und der damalige (und heutige) Rechtschef Romeo Cerutti wussten offenbar, warum sie mit aller Macht den Anwalt Werlen als Finma-Prüfbeauftragten verhindern wollten. Offizielle Begründung: Quinn Emanuel sei befangen, da die Kanzlei in den USA bereits gegen die CS geklagt habe. Die Eingabe ging über das Bundesverwaltungsgericht bis zum Bundesgericht, das im Februar jedoch die Rechtmässigkeit der Einsetzung Werlens bestätigte.

Ein Ziel hatte Rohner damit zumindest erreicht: Er konnte eine Veröffentlichung des Finma-Verdikts noch vor seinem Abtritt Ende April verhindern. Wäre er noch im Amt gewesen, wäre seine Glaubwürdigkeit endgültig erschüttert gewesen. Im Oktober 2019 stellte er in einer eilends einberufenen Pressekonferenz die Beschattung Khans als «isolierten Einzelfall» dar. Stimmte nicht ganz. Es gilt wieder einmal das klassische Lose-lose-Dilemma: Wusste der Präsident von den sieben Fällen, hat er an der Pressekonferenz gelogen. Wusste er nicht Bescheid, war er ahnungslos. Beides nicht schön.

Thomas Werlen

EINER GEGEN ZWEI: Thomas Werlen (im Bild) erstellte den Prüfbericht, der Urs Rohner und Flavio Romerio schlecht aussehen lässt.

Quelle: Paolo Dutto

Die Rivalität zwischen Rohner und Werlen geht lange zurück: Sie waren einst zusammen bei Lenz & Staehelin, arbeiteten dort aber nicht an gemeinsamen Fällen, wie die Finma abklärte. Beide waren sie auch in New York – der fünf Jahre jüngere Werlen aber bei der angeseheneren Kanzlei: Er arbeitete für Cravath, Swaine  &  Moore, Vorbild für die US-Anwaltsserie «Suits», Rohner bei Sullivan  &  Cromwell.

Und auch einem anderen hoch dotierten Anwalt verpasst der Bericht Werlens heftige Schrammen. «Die Untersuchung hat bis heute keine Hinweise ergeben, dass die Credit Suisse weitere austretende Mitarbeiter überwachen liess», hiess es in der Untersuchung, die Homburger-Vormann Flavio Romerio zur Beschattungsaffäre veröffentlichte.

Affäre Khan: Finma findet schwere Mängel bei der Credit Suisse

In der Beschattungsaffäre um Star-Manager Iqbal Khan werden zwei Personen gerügt und gegen drei weitere wird ein Enforcementverfahren eröffnet. Zum Bericht. 

Bei der Pressekonferenz vom Oktober 2019 sass er neben Rohner und bestätigte dem Auftraggeber brav das gewünschte Resultat. 150 Anwälte beschäftigt sein Team, mehr als das Zehnfache von Quinn Emanuel. Doch die Werlen-Kanzlei verdient ihr Geld eben damit, auf die Grosskonzerne loszugehen. Homburger dagegen macht als eine der Big Four – neben Bär  &  Karrer, Lenz  &  Staehelin und Niederer Kraft Frey – lieber Geschäfte mit ihnen. Deshalb fielen alle vier Kanzleien bei der Finma für die CS-Untersuchung wegen Befangenheit aus.

Die Ermittlungen liefen teilweise abenteuerlich ab: Ein grosser Teil des Austauschs lief per physischer Post mit der von der CS mandatierten Kanzlei Niederer Kraft Frey. Jegliche Datenlecks sollten ausgeschlossen werden. Beim Honorar musste Werlen abspecken. Statt der üblichen 1000 Franken Stundensatz bezog er 750 Franken, was allerdings noch deutlich über den behördlichen Standardsätzen von 400 bis 500 Franken liegt. Doch vor allem bringt ihm der Abschluss des Verfahrens einen Reputationsgewinn. 

Dirk Schütz
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