Die fränkische Kleinstadt Herzogenaurach mit ihren 22 500 Einwohnern ist Heimat gleich von drei Weltkonzernen. Die Brüder Rudolf und Adolf (Adi) Dassler gründeten in der Region um Nürnberg die von Beginn an erbittert konkurrierenden Sportartikelriesen Puma und Adidas. Doch gemessen an Umsatz und Mitarbeitenden, dominiert am Fluss Aurach längst die Familienfirma Schaeffler, der global führende Kupplungs-, Wälz- und Kugellagerkonzern.

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Bei Schaeffler kurbelt seit dem Tod des Patrons Georg Schaeffler 1996 dessen Witwe eine rasante Expansion an. Mit Wagemut riskierte Maria-Elisabeth Schaeffler (73) dabei gar das Überleben ihrer privaten Gruppe, als sie 2008 den dreimal so grossen, kotierten Autozulieferer Continental attackierte und ein Übernahmeangebot platzierte: zu 75 Euro pro Conti-Aktie. Kaum veröffentlicht, ging die Investmentbank Lehman Brothers pleite – und liess die Weltbörsen krachen. Continental tauchte bis auf gut elf Euro; Aktionäre dienten da gern und in Massen ihre Anteile den Schaefflers an – zum fast siebenfachen Kurs.

Continental im Hoch

Die Unternehmerin bewies Coolness, blieb mit Hilfe der Banken stur in der Spur – und schaffte, assistiert von Sohn Georg Schaeffler (49) und Freunden wie dem nun amtierenden Conti-Chefaufseher Wolfgang Reitzle (65), die Wende. Der Junior, der von 1986 bis 1990 in St.  Gallen Betriebswirtschaftslehre studiert hatte, stieg in der existenziellen Krise subito aus den Diensten einer US-amerikanischen Anwaltskanzlei aus und kam an die Seite seiner Mutter im Führerhaus der Familienfirma.

Bei wieder anziehenden Kursen deponierten Schaefflers peu à peu einige Millionen Conti-Wertpapiere auf dem Parkett und reduzierten ihre Bankschulden. Aktuell kontrollieren Mutter und Sohn Schaeffler 46 Prozent von Continental. Die Börsenkapitalisierung bewegt sich fast auf Höhe des Umsatzes: bei knapp 33 Milliarden Euro. Seit März 2009 hat sich der Kurs von Continental versechzehnfacht.

Bei den folgenden sechs Platzierten auf der Vermögensliste von BILANZ Deutschland fällt die Einschätzung schwieriger aus: Sowohl die Handelsmilliardäre der Aldi-Familien Karl und Theo Albrecht als auch deren schärfster Konkurrent Dieter Schwarz mit dem Filialduo Lidl und Kaufland werden ebenso als reine – und extrem diskrete – Familiengesellschaften geführt wie auch Boehringer Ingelheim, die zweitgrösste deutsche Pharmafirma. Deren Gesellschafter der Familienstämme Boehringer und von Baumbach zählen addiert mit geschätzt 24 Milliarden Euro gar das grösste Vermögen.

Unter den Milliardären in der Rangliste von BILANZ Deutschland finden sich mehr als zwei Dutzend Unternehmer, die in der Schweiz geschäften, residieren oder sogar das Schweizer Bürgerrecht erworben haben. Die Halbgeschwister Renate Reimann-Haas (62), Wolfgang Reimann (61) sowie Stefan (50) und Matthias Reimann-Andersen (49) rafften in den letzten Monaten für deutlich mehr als zehn Milliarden Franken zusammen, was weltweit an Kaffeemarken wie Jacobs oder Douwe Egberts zu schlucken war. Die Übernahme von Bally in Caslano TI durch das Reimann-Quartett war dagegen fast ein Schnäppchen.

Auf jahrzehntelange private Präsenz in der Schweiz blickt der gern so titulierte Schraubenkönig Reinhold Würth (79) zurück. Tochter Bettina Würth (52), die designierte Nachfolgerin, lernte auf den Bündner Pisten ihren heutigen Gatten Markus kennen und teilt mit ihm auch das Bürgerrecht von Appenzell.

Schweizer Bürgerrecht

Einer der ersten (Erbschaftssteuer-)Exilanten war der legendäre Baumaschinenfabrikant Hans Liebherr. Mit seinen fünf Kindern zog er 1979 nach Bulle FR. Neben den Nachkommen Willi (67) und Isolde Liebherr (65) steuern bereits Gründerenkel den prosperierenden Weltgiganten. Sie haben ebenso längst das Schweizer Bürgerrecht erworben wie die drei Söhne des Wahlthurgauer Schlossherrn August von Finck (84).

Als (deutscher) Lokalpatriot liefert hingegen der Logistikmilliardär Klaus-Michael Kühne (77) seit Monaten in Hamburg Schlagzeilen. Der kinderlose Kühne spediert zuverlässig Millionen in die Vereinskasse des serbelnden Fussballbundesligisten Hamburger Sport-Verein (HSV), freilich nicht ganz uneigennützig. Neben Transferrechten an einzelnen Kickern beansprucht der Wahlschwyzer vom Zürichsee eine Beteiligung an der neu ins Rennen geschickten HSV Fussball AG.