Dieser Mann ist der grosse Unsichtbare der Schweizer Wirtschaft: Josef Felder, der am 25.  April 62 Jahre alt wird und am Tag zuvor zum Verwaltungsratspräsidenten der Flughafen Zürich AG gewählt worden sein sollte – sofern nicht alles schiefgeht, womit aber kaum zu rechnen ist. Felder ist der Wunschkandidat des Verwaltungsrats, dem er selbst bereits seit 2017 angehört.

Er soll dem Langzeitpräsidenten Andreas Schmid nachfolgen, der methusalemische 23 Jahre dem Flughafen vorsass. Nachfolger Felder kommt mit viel Aviatik-Erfahrung an die Spitze; er war einst für acht Jahre CEO des Flughafens, der sich damals auf der Suche nach etwas Weltläufigkeit «Unique» nannte.

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Auch das Grounding der Swissair erlebte er, kurz nach seinem Amtstantritt, aus nächster Nähe mit. Trotz zahlreicher Mandate ist Felder in der Öffentlichkeit, jedenfalls seit seinem Abtritt als Flughafen-CEO, wenig bekannt. Auftritte an Anlässen haben Seltenheitswert, Interviews sind noch rarer, auch für dieses «Machtnetz» beharrte Felder auf seiner notorischen Schweigsamkeit – für jemanden, der das Präsidium einer börsenkotierten Gesellschaft anstrebt, die zudem staatliche Grossaktionäre hat und viel öffentliches Interesse auf sich zieht, eine aussergewöhnliche Haltung. Davon abgesehen gilt er als perfekte Wahl.

Das Private

Gemeinsam mit seinem langjährigen Partner Werner Wildhaber lebt Felder heute in Seenähe in Luzern, nachdem die beiden ein Jahrzehnt als «Schlossherren» betitelt worden waren: Felder hatte 2007 das Schloss Oetlishausen in Hohentannen TG gekauft. Es gehörte zuvor der Stadt Zürich und wurde als Veranstaltungsort für Hauswirtschaftskurse genutzt. Felder investierte enorme Summen in die Renovierung, in Küche, Weinkeller und Reithalle: Er kaufte das Areal für 2,8 Millionen Franken, 2018 soll er es für 16 Millionen verkauft haben. In einer Grossfamilie mit sechs Geschwistern aufgewachsen, engagierte er sich viele Jahre in der Stiftung Pro Juventute, auch fürs Kloster Einsiedeln.

Die Karriere

In Felders CV, für das er sechs Seiten benötigt, sind gleich mehrere Berufswege angelegt. Er liess sich zunächst zum Detailhandelsspezialisten ausbilden, anschliessend zum jeweils eidgenössisch diplomierten Buchhalter und Experten für Rechnungswesen, absolvierte berufsbegleitend später ein Management-Programm in Harvard und zuletzt, von 2019 bis 2o2o, ein Zertifikat «Verwaltungsrat» am Institut für Finanzdienstleistungen Zug. Nach ersten Jahren als Geschäftsleitungsassistent und Buchhalter in kleineren Firmen war er im Management der Hapimag und Chef der Buchhaltung bei Rohstoffikone Marc Rich.

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Anschliessend, 1989, stieg er bei der Crossair von Moritz Suter ein und bis zu seinem Ausscheiden 1998 auf zum stellvertretenden Direktor. In jenem Jahr wechselte er als CEO zu dessen Immobiliengesellschaft FIG Zürich, bereits als «designierter Gesamtleiter», was er 2000 mit der Privatisierung dann auch wurde, bereits seit damals arbeitet er mit Andreas Schmid zusammen. 2008 trat er ab und verdingt sich seitdem als Profi-Verwaltungsrat. Zu den bekannteren Wirkstätten seiner zahlreichen Mandate gehörten Skibauer Stöckli, die Luzerner Kantonalbank, Zigarrendreher Davidoff, Ferienflieger Edelweiss oder Schulthess. Die grössten aktuellen Namen sind Circus Knie, die Amag und eben der Flughafen.

Die Wegbegleiter

Der wichtigste und wohl langfristigste Mitstreiter Felders dürfte Andreas Schmid sein. Nicht nur am Flughafen, wo sie acht Jahre lang als CEO und VRP kooperierten; Schmid war auch viele Jahre Präsident des Zigarrenherstellers Oettinger Davidoff, zudem Miteigentümer. Und in dessen Schwesterfirma Zino Davidoff amtete Felder von 2012 bis 2018 als Mitglied und Präsident des Verwaltungsrats; ein Jahr zuvor war Schmid bei Oettinger als VRP ausgeschieden. Bei der Crossair lernte er neben Übervater Moritz Suter auch die Schweizer Luftfahrt-Legende André Dosé kennen, und in immerhin zwölf Jahren als VR der Edelweiss Air arbeitete er mit den langjährigen CEOs Karl «Charly» Kistler und Bernd Bauer zusammen und sass in VR-Sitzungen mit den früheren Swiss-Bossen Harry Hohmeister und Thomas Klühr.

Mit Hohmeister dürfte er es nun als Flughafen-Präsident erneut zu tun haben; er ist heute Chef der Lufthansa-Edeltöchter und damit auch für Swiss und deren Wünsche bezüglich Flugverbindungen und neuer Flugzeuge eine Instanz. Als enger Wegbegleiter Felders gilt der zeitgleich mit seinem eigenen Wechsel auf den VRP-Sessel abtretende Flughafen-CEO Stephan Widrig, den als interner Nachfolger CFO Lukas Brosi beerbt. Felder hatte früh in seiner CEO-Zeit Widrig eingestellt, dieser wechselt zu einer Immobiliengesellschaft. Weiter geschäften, nun aber als Präsident, muss Felder mit den politischen Vertretern in VR und Aktionariat, vor allem mit der Volkswirtschaftsdirektorin des Kantons, Carmen Walker Späh, und der Stadtpräsidentin Zürichs, Corine Mauch. Aber man kennt sich lange und schätzt sich – und gegen den Willen der Damen hätte Felder ohnehin nicht zum Chairman aufsteigen können.

kj

Carmen Walker Späh.

Quelle: André Springer

Die Gegenspieler

2014 trat er aus dem VR der Hotelkette Victoria-Jungfrau ab, als die neuen Eigentümer um die Granden Michel Reybier und Antoine Hubert einzogen. Als Präsident der Vierwaldstättersee-Schifffahrtsgesellschaft buhlt er um Touristen im Wettbewerb mit seinem Zürichsee-Pendant Peter Weber. Als Amag-VR muss er Marktanteile der Frey-Gruppe von Walter Frey oder von Karin Stübers Merbag möglichst klein halten. Am Airport steckt er mit den Chefs der Heimatfluglinie Swiss unter VRP Reto Francioni in einer Zwangsgemeinschaft, die bisweilen sogar funktioniert. Mit Zirkusdirektorin Géraldine Knie, der Felder als VR hilft, steht er im Wettbewerb mit alternativen Unterhaltungsformen, etwa der zwangsfinanzierten SRG von Nathalie Wappler.

Die neue SRF-Direktorin Nathalie Wappler posiert nach der Medienkonferenz, aufgenommen am Montag, 5. November 2018 in Zuerich. (KEYSTONE/Ennio Leanza)

SRF-Direktorin Nathalie Wappler.

Quelle: Keystone

Die Amag-Connection

2008, nach seinem Abgang beim Flughafen, trat Felder zweifach als Verwaltungsrat bei der Amag ein: im Autogeschäft und in der damals separaten Immobilienholding Careal. Anfangs gab er sich zurückhaltend, lernte, hörte zu, erinnert sich ein damaliger Kollege. Nach etwa einem Jahr habe Felder dann mit smarten Beiträgen, guten Nachfragen und intensiver Vorbereitung in Sitzungen geglänzt, alles in ruhig-sachlicher Art. So soll Felder auch die heikle Trennung der Erben-Geschwister Martin Haefner und Eva Maria Bucher-Haefner, die ihre Hälfte am Familienunternehmen ihrem Bruder verkaufte, erfolgreich moderiert haben. Bei der Amag soll auch das Verhältnis zum langjährigen CEO Morten Hannesbo gut und eng gewesen sein, Ähnliches gelte für die Zusammenarbeit mit Hannesbos Nachfolger Helmut Ruhl. Felder soll dank seiner jahrelangen loyalen Unterstützung Martin Haefners Vertrauen geniessen. Im Verwaltungsrat trifft Felder zudem auf Anwaltsgrösse Peter Widmer von Homburger, Banker Raymond Bär sowie auf die Industrie-affine Profi-VR Anita Hauser, die auch bei Roche im Board ist. Dabei gilt Felder nicht als angefressener Autofahrer oder gar PS-Junkie, soll aber gern gemütlich, je nach Quelle in einem alten Bentley oder Rolls-Royce, durch die Landschaften gleiten.

Roger Hofstetter

Eva Maria Bucher-Haefner.

Quelle: Roger Hofstetter