Seine Forschung hat etwas Futuristisches. Als Fernziel verfolgt Maurizio Gullo (46) die Herstellung von Körperteilen wie künstlichen Zähnen oder Herzen – und zwar mit dem Bioprinter, dem 3-D-Drucker für organisches Material. An der Hochschule für Life Sciences der Fachhochschule Nordwestschweiz leitet der Burgdorfer derzeit das Biofabrication-Labor. Geforscht wird an der Verschmelzung von Technik und Biologie. Am Anfang seiner wissenschaftlichen Laufbahn standen jedoch erst einmal Zahlen.

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Am Gymnasium in Burgdorf faszinierten Gullo besonders Mathematik und Physik. «Ich interessierte mich besonders für Computer wie den damals aufkommenden Commodore 64.» Und weil die Universität Neuenburg spezialisiert war auf Computertechnik und Halbleiter, schrieb er sich dort für ein angewandtes Physikstudium ein.

In seiner Doktorarbeit forschte Gullo schliesslich an einer Komponente des Rasterkraftmikroskops, mit dem sich etwa die Oberflächen von Proteinen abbilden lassen. So kam er mit der Biologie in Berührung. «Mir gefiel, dass die Zellen einen noch viel grösseren Baukasten bieten als Mikrochips, mit denen ich mich davor befasst hatte.»

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Foto: Marco Aste für Bilanz
Foto: Marco Aste für Bilanz

Zwischen 2013 und 2016 forschte er an der Universität in Tokio und vertiefte sich an der Schnittstelle zwischen Mikrotechnik und Biologie, was ihn 2017 zurück in die Schweiz führte. Einen Erfolg feierte Gullo etwa mit dem «Origami-Projekt»: Mit seinem Team entwickelte er zusammen mit einem Industriepartner ein dem Herzen nachempfundenes Origami-Papier, auf dem sie lebendige Herzzellen züchteten. Dank der Faltung wurde das Papier flexibel, was den Zellen ein natürliches Wachstum ermöglichte. Und worauf sich nun Gewebe herstellen lässt, das nach einem Herzinfarkt wie ein Pflaster auf die beschädigte Stelle angebracht werden könnte.

Bis zum kompletten künstlichen Herzen dürfte es aber noch einige Jahre dauern. Schneller gehen sollte es mit Zähnen aus dem Bioprinter. «Wir haben eine natürliche Tinte entwickelt, die von alleine härtet.» Damit könne man den inneren Teil des Zahns nachbilden, das Dentin. «Es liefert die Grundlage für einen ganzen Zahn aus dem 3-D-Drucker.»

Gullo sieht sogar eine Möglichkeit, dass der künstliche Zahn dereinst Nervenzellen erhält – und sich damit wie ein echter anfühlt. Angestrebt würden nun Zulassung und Kommerzialisierung dieser disruptiven Technologie.