Seitdem die Signa Holding Ende November die Insolvenz in Eigenverantwortung beantragt hat, ist René Benko abgetaucht. Offiziell hat nun Sanierungsverwalter Christof Stapf das Sagen: Jeder Entscheid der Holding muss von ihm genehmigt werden. De facto sieht es anders aus: Ohne Benko geht weiterhin nichts.

Der 47-Jährige hat zwar – wie die letzten Jahre auch – keine offizielle Funktion. Doch seine engsten Vertrauten sitzen weiterhin an den Schalthebeln. Etwa Marcus Mühlberger, Benkos erster Angestellter und heute Geschäftsführer sowie Chief Compliance Officer der Holding. Er hat jahrelang die Verträge der Signa unterzeichnet – weil er gleichzeitig Geschäftsführer in zahllosen Signa-Tochtergesellschaften ist, häufig auf beiden Seiten. Zudem ist er Vorstand in der René-Benko-Privatstiftung, mit 66 Prozent grösster Aktionär der Holding. Oder Manuel Pirolt. Er war Benkos dritter Mitarbeiter, ist nicht nur CFO der Holding, sondern ebenfalls Geschäftsführer in Dutzenden Signa-Töchtern, ausserdem Benkos privater Buchhalter und Vorstand in dessen Laura-Privatstiftung. Er gilt als jene Person, die Signas Schattenreich mit über tausend Gesellschaften aufbaute und als Einziger neben Benko durchblickt. Pirolt und Mühlberger sitzen – nachdem die edlen Repräsentanzen in den Wiener Palais Harrach und Palais Ferstl aufgelöst worden sind – nebeneinander in den Büros der Holding im Kaufhaus Tyrol in Innsbruck. An ihrer Seite: Wirtschaftsprüferin Karin Fuhrmann, nebenher Geschäftsführerin der René-Benko-Privatstiftung.

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Stapf hat zwar seinen Kanzleikollegen Michael Neuhauser sowie Wirtschaftsprüfer und Anwälte von Deloitte an seiner Seite. Dennoch gilt er angesichts der Komplexität der Strukturen und der gegenseitigen Schulden und Forderungen der Gesellschaften als hoffnungslos überfordert. Mangels Durchblick muss er dem Narrativ von Mühlberger und Pirolt glauben. «Die fahren mit ihm Schlitten», hört man aus Innsbruck. Vor allem ist zu befürchten, dass sie angesichts ihrer Rollen in Benkos Privat- bzw. Familienstiftung dessen Interessen verfolgen.

Woher sie aber die rund fünf Milliarden Euro nehmen wollen, um die Gläubiger der Holding zu befriedigen, ist völlig unklar. So scheiterte auch der bislang letzte Versuch, zusätzliches Kapital einzusammeln, unterschrieben von Signa-Vorstand Erhard Grossnigg. Der 77-Jährige bettelte Bestandesinvestoren am 23. Dezember um Geld an («Wir benötigen EUR 350 Mio. schnell»). Konkret: 300 Millionen Euro für die Tochter Signa Prime, 50 Millionen für die Tochter Signa Development. Mindesteinlage: 5 Millionen. Am 3. Januar legte Grossnigg noch einmal nach: «Wir sind überzeugt, dass unser Vorhaben zwei wesentliche Wünsche abdeckt: Einerseits den Vermögenserhalt und andererseits eine erfreuliche Renditemöglichkeit.» Später reduzierte er die Zielsumme auf 150 Millionen. Vergebens: Kein einziger Investor wollte Geld nachschiessen, trotz lukrativer 9 Prozent Zinsen. Es ist nun damit zu rechnen, dass aus der Insolvenz in Eigenverantwortung sehr bald ein Konkursverfahren mit Zerschlagung wird. Am Steuer wäre dann aller Voraussicht weiterhin: Christof Stapf. Nur, ohne dass ihn Benkos Vertraute fernsteuern können.

Marc Kowalsky
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