Nichts gegen die Intendanten des Schauspielhauses Zürich, aber Benjamin von Blomberg und Nicolas Stemann sollten dringend über ihr Berufsverständnis nachdenken. Worum gehts hier?

Heerscharen von Abonnenten kehren dem Schauspielhaus den Rücken, weil dort kaum noch Klassiker im Programm sind – und wenn, dann nicht mehr klassisch und texttreu (Stemann nennt das hämisch «vom Blatt») gespielt werden. Als Hintergrund unterstellen die Intendanten generelle Unlust auf Kulturveranstaltungen, auch wegen Corona, und dass viele wohl angesichts der schlimmen Zeiten «mehr vom Alten» wollten, dass ein Generationswechsel im Gang und die Kritik politisch motiviert sei, weil ihre Diversitätsprogramme manchen missfielen. Und dass Dinge eben manchmal Zeit brauchten.

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Soll heissen: Die ollen Abonnenten sind noch nicht so weit. Ich will hier nicht inhaltlich argumentieren. Mir geht es um die Weltfremdheit von Kulturmanagern. Offenbar stellt sich, wer zu 85 Prozent von anonymen Steuerzahlern alimentiert wird, nicht mehr die im Rest der Welt zentralen Fragen: Wer bezahlt mich, und bediene ich meine Kunden adäquat? Und das ist am Ende eben nicht die Zürcher Fachstelle Kultur, sondern sind die Bürger als Abonnenten und Steuerzahler.

Und sollten die nicht, wenn das ihr Wille ist, einen Schiller oder Frisch oder Dürrenmatt sehen können – im Originaltext, der nicht ohne Grund Jahrhunderte überdauert hat? Schliesslich kennt nicht jeder alles schon auswendig – und kann daher bisweilen auf zeitgeistig politisiertes Belehrungstheater verzichten!

Dass die Intendanten auf «Auszeichnungen» und «Einladungen an Festivals» verweisen, zeigt: Bisher endet ihr Sichtfeld am Rand der eigenen Bubble; Teil davon sind viele ihrer Bezugspersonen aus Kulturverwaltung und Politik.

Ich hoffe dennoch auf den Blick zum Kunden – sonst droht, analog zur SRG, so etwas wie eine Theater-Halbierungsinitiative. Die hätte sogar im linken Zürich Chancen.

Dirk Ruschmann
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