Für UBS-Fusionsarchitekt Marcel Ospel war es ein eisernes Gesetz: Weder der Chef selbst noch die Mitglieder der Konzernleitung durften in Verwaltungsräte von grossen Schweizer Firmen einziehen. Da der Marktführer mit praktisch jedem grossen Player eine Geschäftsbeziehung hatte, fürchtete Ospel Interessenskonflikte.

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Heute sieht man das nicht mehr so eng. Mit der Nominierung der Schweiz-Chefin Sabine Keller-Busse für den «Zurich»-Verwaltungsrat tritt nach Ex-Chef Sergio Ermotti bereits das zweite Konzernleitungsmitglied in das Aufsichtsgremium einer SMI-Firma ein. Die Doppelrolle Ermottis war jedoch klar als Übergangslösung deklariert: Sein Abschied bei der UBS stand fest, die Überschneidung mit seinem neuen Swiss-Re-Mandat dauerte gerade sechs Monate.

Keller-Busse hat dagegen gerade erst die Führung des Schweiz-Geschäfts übernommen. «Heikel» sei ein solches Mandat, befindet Christophe Volonté von der Corporate-Governance-Beratung Inrate. Wenn eine Geschäftsbeziehung bestehe oder die Firmen im selben Markt tätig seien, sei die betreffende Person eventuell «nicht mehr unabhängig».

Als Chefin des gesamten Schweiz-Geschäfts ist Keller-Busse in die Geschäftsbeziehungen mit allen heimischen Kunden involviert. Dass sie der Zürich besonders verpflichtet ist, dürfte die Beziehungen zu Rivalen von Axa bis Swiss Life kaum fördern.

Gerade hat die UBS Schweiz auch in Zusammenarbeit mit der Swiss-Re-Tochter Iptiq ein Lebensversicherungsangebot lanciert – damit tritt sie in Konkurrenz zur Zürich, was wiederum der neuen Verwaltungsrätin eigentlich nicht passen dürfte. Im Kampf um Anlagegelder und Hypothekarvergaben sind UBS und Zürich im Heimmarkt Rivalen – und die UBS-Frau sitzt auf beiden Seiten.

Dass Konzernleitungsmitglieder ein VR-Mandat bei einem börsenkotierten Konzern annehmen dürfen, führte die Bank nach der Umwandlung zur UBS Group AG im Jahr 2014 ein. Bislang wurde aber – mit Ausnahme Ermottis – noch niemandem der Einzug in einen SMI-VR gestattet. Für Zürich-Präsident Michel Liès ist die Rekrutierung der operationell starken Finanzmanagerin zweifellos ein Erfolg.

Doch die Rolle der UBS als Corporate-Governance-Musterknabe leidet darunter. Bei der CS, in Organisationsfragen traditionell leichtfüssiger unterwegs, sitzt kein Konzernleitungsmitglied im Verwaltungsrat eines SMI-Konzerns. Als einziges börsenkotiertes Mandat gönnt sich Rechtschef Romeo Cerutti einen Sitz bei der Pharmafirma Vifor.

Dirk Schütz
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