Claudio D’Amore, Designer und Gründer der Marke Code41, hat eine klare Meinung. Zum Beispiel wenn er danach gefragt wird, was Risikobereitschaft für ihn bedeute: «Man muss die Dinge so tun, wie man das Gefühl hat, dass sie getan werden müssen», sagt er. «Eine Vision kann man nicht erfinden. Ich warte nicht auf andere, ich gehe dorthin, wo ich denke, dass ich etwas beitragen kann.» So sei er mit dem im Einklang, was er tue – «und erst dann schaue ich, ob es auch anderen gefällt». Aufgefallen sei ihm, so fügt er bei, dass immer dann, wenn von «Vision» gesprochen werde, auch die Rede von «Nischen» sei – und dass man dabei stets von einem «spezifischen Publikum» ausgehe.

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Sein Publikum ist zumindest in Zahlen klar definiert: eine virtuelle Gemeinschaft von 500’000 Mitgliedern und ein Club von 20’000 Kunden, von denen die ersten 889 an der Kickstarter-Aktion Nummer eins teilnahmen. Sie fand am 16. Dezember 2016 statt und schloss mit einem Ertrag von 543’150 Franken ab. Das erste Produkt war eine Drei-Zeiger-Uhr, die wahlweise mit einem asiatischen oder einem Schweizer Kaliber ausgestattet war, zwischen 600 und 1000 Franken im Preis, je nach Option. Das Geschäft begann wie ein Coup, mit einer provokanten Kommunikation über die Werte des Swiss made und über Preistransparenz.

Gründer von Code41 Claudio D'Amore

Claudio D'Amore, Gründer von Code41: Ein Mann mit klaren Meinungen.

Quelle: ZVG

Die Geschichte hätte damit enden können, aber sechs Jahre später hat Code41 bereits einen beachtlichen Weg hinter sich. Dies mit einer abgestimmten Entwicklung der Produkte, die immer stärker das Markenimage prägen und zunehmend an uhrmacherischem Inhalt gewinnen. Die Marke hat übrigens gerade einen Schritt in die Innovation vollzogen, mit dem Modell Mecascape, einer Art Hybrid aus Taschenuhr und Smartphone, der Name steht für «Mechanical Landscape». Ein Objekt, welches preislich die Schwelle von 10’000 Franken durchbricht und damit weit über das übliche Geschäftsfeld von Code41 hinausgeht.

Die Vision Mecascape

Dieses Objekt sei das Ergebnis einer «Vision», sagt Claudio D’Amore. Eine Vision, die der Unternehmer auf die Jahrzehntwende 2010 zurückführt, als er als noch als unabhängiger Designer für Drittmarken tätig war. Damals begann die Geschichte von Code41 mit dem, was Claudio D’Amore für wesentlich hielt: «Am Anfang ging es mir vor allem um Transparenz und um einen partizipativen Ansatz.» Er startete mit einem Produkt, das so gut wie möglich das verkörpern sollte, was er demonstrieren wollte: «Das Preis-Leistungs-Verhältnis und die Magie.» Ein Produkt, das sich vorab auf das Gehäuse konzentrierte, mit einem anspruchsvollen Design, das der Haute Horlogerie entlehnt ist, aber wesentlich weniger kostet.

Schon der erste Versuch war ein Erfolg. Code41 testete ihr Modell weiter aus, Projekt für Projekt. Jede Uhr war ein Test. Und jeder Test ermöglichte es, die äussere Wahrnehmung der Marke zu verorten. Ziel war eine kohärente Entwicklung vom Kommunikationsprodukt zum reinen, uhrmacherisch anspruchsvolleren Produkt, also von der 600-Franken-Uhr mit Miyota-Uhrwerk zum proprietären Swiss-made-Kaliber und schliesslich zu einer mechanischen Entwicklung mit «97 Prozent Schweizer Anteil», der erwähnten Mecascape.

Mecascape Sublimation

Die Mecascape von Code41: Das uhrmacherische Objekt, das ohne Handgelenk auskommt.

Quelle: ZVG

Bisher hat sich das Eingehen von Risiken stets ausgezahlt. Das Unternehmen eilte von Erfolg zu Erfolg, Claudio D’Amore ist zufrieden: «Ich freue mich über diese Entwicklung, und ich kann das Risiko verantworten, dass es auch mal schiefgehen kann.»

Es folgen: Ein Modell mit Tourbillon, eine Taucheruhr

Risiko als Leitmotiv: «Ohne Risiko gibt es keine Innovation. Ohne Risiko weiss ich nicht, wohin ich gehe.» Das Risiko, so erklärt er, bleibe allerdings durchaus begrenzt. Auch bei einem Objekt wie der Mecascape: «Selbst wenn die Markteinführung ein kommerzieller Misserfolg wird, bleibt am Ende ein Image-Gewinn.» Wenn die Verkaufszahlen nicht den Erwartungen entsprechen, müsse man eben die richtigen Schlüsse ziehen: «Dann muss man schnell mit einem Plan B fortfahren» – zum Beispiel mit dem seit langem geplanten Projekt einer Tourbillon-Uhr oder einer Taucheruhr, beide in der Pipeline. Die Gleichung dahinter ist elementar: ohne Kreationen kein Cashflow, ohne Cashflow keine Kreationen. Und Cash braucht man schon ein bisschen, denn Code41 hat heute 28 Mitarbeitende.

Jedes Produkt hat eine spezifische Botschaft, und all diese Botschaften führen zum Kern von Code41: «Wir arbeiten nicht nach Marketingpositionierung, sondern nach Projekten. Mit einer Kundengemeinschaft, die sich mit dem, was wir anbieten, weiterentwickelt.» Für den Unternehmer ist das Epizentrum von Code41 die Entwicklung. 6 der 28 Mitarbeiter sind damit beschäftigt, nächstes Jahr sollen es schon 10 sein.

Code41 lebt von ihren Markteinführungen, die Marke arbeitet ohne Lagerbestand und auf Vorbestellung. Eine leichte Abweichung der reinen Lehre ist für 2023 geplant, mit einer kleinen Vorproduktion des Bestsellers X41.

Die Berechnung ist recht einfach, zum Beispiel für die Mecascape: Der Vorbestellungspreis beträgt 9950 Franken, die Produktionskosten lägen bei 4812 Franken – sofern mindestens etwa 200 Stück gebaut werden. Eine erste Auflage von 150 Stück konnte seit dem 2. November vorbestellt werden. Eine Woche später war etwas mehr als die Hälfte der 150 Exemplare verkauft.

Dieser Artikel erschien zuerst bei «Watch around».

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