Versteigerungen sind eine ernste Sache: Der Rahmen ist in der Regel gediegen, die Regeln bekannt. Es geht um viel Geld. Und oft sind Auktionen auch Orte, wo sich die bessere Gesellschaft trifft. Die Objekte, die neue Besitzerinnen und Besitzer finden wollen, sind oft selten, besonders und wertvoll. Auch bei Uhrenauktionen ist das nicht anders. Da werden normalerweise bloss rare Referenzen von edlen Häusern der Haute Horlogerie aufgerufen. Uhren von Patek Philippe etwa oder von Audemars Piguet, Vacheron Constantin und natürlich von Rolex. Zeitmesser von Marken, die keine fünfstelligen Preisschilder in ihre Schaufenster stellen, sind bei Auktionen nur sehr selten vertreten.

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Bald aber ist ausgerechnet eine Uhr des japanischen Massenmarktherstellers Casio der grosse Star einer Auktion in New York. Phillips versteigert im Dezember – neben Uhren von Patek, AP und F. P. Journe – eine G-Shock. Eine goldene G-Shock. Eine G-Shock, die es nur einmal gibt.

Wer bietet die Viertelmillion?

Bedeutsam ist dies in doppelter Hinsicht. Erstens, weil absehbar ist, dass die G-D001 die teuerste G-Shock aller Zeiten werden wird. Phillips taxiert die Uhr mit einer sehr breiten Preisspanne von 70 000 bis 140 000 Dollar. Viele Marktkenner glauben aber, dass sie für einen weit höheren Betrag verkauft werden wird. Denn auch unter den Casio-Sammlern gibt es viele, die sich sechsstellige Summen leisten können. Und wer unter ihnen wirklich der Einzige der Welt sein will, der die G-D001 tragen oder ausstellen kann, dürfte auch die Marke von 200 000 Dollar locker nehmen und weiterbieten. Es könnte also durchaus eine Viertelmillion werden.

Erinnern wird sich die Uhren-Community an die Auktion aber auch und vor allem deshalb, weil die G-Shock-Versteigerung ein Zeichen der Zeit ist. Ausserhalb der Uhrenindustrie ist Luxus längst mitten im Leben angekommen: auf der Strasse, im Club, im Gym, in der Szene. Dort, wo Menschen Spass haben. Bucherer und Sotheby’s verkaufen zusammen Sneaker, Handtaschen und Uhren. Bei Louis Vuitton drängeln sich Rap-Superstars in die erste Reihe. Hermès bietet Surfbretter und Skateboards an. Die meisten Schweizer Uhren-Maisons aber ergötzen sich weiterhin bloss daran, eine jahrhundertealte Tradition zu haben. Spass und Luxus scheinen für sie getrennte Welten zu sein. Wird die G-Shock-Auktion ein Erfolg, könnte sie daher auch als eine Art Weckruf dienen. Wenn schon Rolex Emojis auf ihren Zeitmessern anbringen kann (und damit Erfolg hat), wenn schon Casio im Luxussegement punkten kann, dann ist es einfach Zeit, traditionelle Pfade zu verlassen, um für neue Generationen relevant zu bleiben.

AI-Design

Einzigartig ist an der G-D001 übrigens nicht nur der Preis und dessen Bedeutung, sondern auch das Design. Das Team von Casio hat erstmals eine künstliche Intelligenz eingesetzt, um die Uhr zu gestalten. Und herausgekommen ist ein Modell, das es so bislang nicht gab. Paul Boutros von Phillips beschreibt sie als «wild, wunderbar und seltsam». Und gibt sich überzeugt, dass sowohl die Uhrenindustrie als auch die Sammler bereit sind, sich auf das Ungewöhnliche einzulassen.