Man muss in der Mitte des Getümmels bleiben und jede Gelegenheit in Tore verwandeln. So würde Marco Tedeschi wohl seine Arbeitsweise beschreiben, wenn er Rugbyspieler wäre. Er hätte das passende Aussehen dafür, aber er kommt nicht aus Neuseeland. Er ist Waadtländer, selbstbewusst und mit Uhren aufgewachsen. Sein Vater leitete eine Boutique, und er verbrachte als Teenager seine Samstage damit, Markenuhren aufzuziehen. Er war fasziniert von den führenden Designern der 1990er Jahre, mit einer Vorliebe für Gérald Genta und Alain Silberstein – mit dem er kürzlich eine Kreation gemeinsam auflegte.

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Dynamik der Komplexität

Die Methode, wie im sportlichen Kampfgetümmel zu denken, hat Marco Tedeschi nicht erfunden. Im Englischen heisst es «scrum», und die Lehrer des Neo-Managements haben daraus ein zentrales Motiv gemacht. Es geht darum, Teams effizient zu koordinieren, sodass auch komplexe Produkte innerhalb kürzester Zeit entwickelt werden können. Und Projekte in die Tat umzusetzen, ohne die Kreativität zu behindern. Das Prinzip stammt aus der Informatik, Tedeschi hat es auf die Uhr übertragen. Und nicht nur auf die Uhr: Kross Studio funktioniert eher wie ein Verlagshaus für Sammlerobjekte, das nebenbei auch Uhren herstellt.

Marco Tedeschi ist der Kapitän, aber vor allem Mitglied eines zwölfköpfigen Teams, zu dem auch fünf Partner gehören. Jeder davon ist für eine Abteilung zuständig. Die Konfiguration wird sich mit der Integration weiterer Berufsgattungen schnell ändern – als Nächstes ist eine hauseigene Schreinerei im Visier: «Autonomie ist ein zentraler Bestandteil unseres Geschäftsmodells. Das Team muss in der Lage, alle Berufskenntnisse abzudecken, die wir brauchen. Und das sind nicht unbedingt die, die man normalerweise bei Uhrenmarken findet.»

Dennoch: Auch die traditionellen Uhrenberufe – Bearbeitung, Montage, Endbearbeitung – sind präsent, denn Kross Studio baut zu einem grossen Teil auf eigene Produktionskapazitäten. Kreativität und Mikroserien seien mit den Fristen der Zulieferer kaum vereinbar.

Lizenzen als Hebel

So viel zur internen Ebene, es gibt aber auch eine externe, die mit hochkarätigen Inputs verbunden ist. Kross Studio, die kleine Handwerkerwerkstatt in Gland VD, ist direkt mit der grossen Welt verbunden und hat Zugang zu den Grössen Hollywoods: Disney, Lucasfilm, Warner. Tedeschi hat eben die Lizenz mit Warner um drei Jahre verlängert – Kross Studio ist darin Teil der Sonderprojekte zum 100-Jahr-Jubiläum von Warner.

Die Lizenzen stehen im Mittelpunkt des Geschäftsmodells, welches Kross auf kreative Boulevards und vielleicht auch auf kommerzielle Autobahnen bringen soll. «Unser Konzept ist das Multikonzept», erklärt der Unternehmer: «Keine strikte Linie, keine Beschränkung auf eine Art Monoprodukt.» Das Unternehmen ist tatsächlich noch sehr jung, es wurde 2021 auf Grundlage der nicht mehr existierenden Marke RJ gegründet, doch das Inventar der Kreationen ist bereits beachtlich: Uhren, aber auch Objekte wie Uhrenbeweger, Lampen, Designer-Boxen etc. – was die Beherrschung der Mikromechanik und der Bearbeitung von Aluminium, Leder und Holz bedingt. Herzstück ist bisher ein grosses «Star Wars»-Flightcase, eine Supersammlerausgabe des zentralen Requisits der Saga. Sie wurde von einem Waadtländer Handwerker hergestellt und ist so gut gemacht, dass die Produktion das Set mit einem echten Kyberkristall vervollständigte, der die Lichtschwerter mit Strom versorgt. Er war bei den Dreharbeiten zur Episode «Rogue One» verwendet worden.

Es versteht sich beinahe von selbst, dass hier alles in Kleinstserien oder sogar als Einzelstücke hergestellt wird – mit Ausnahme der «Star Wars»-Uhrenetuis, die nicht limitiert sind. Und ebenso klar ist, dass die Uhrmacherei nicht das einzige Gebiet ist, das hier erforscht wird, auch wenn die Uhr der Motor und der Brennpunkt all dessen ist, was Kross Studio ausmacht: die Projekte, die Produktphilosophie, der Marketingansatz, das Know-how und die natürliche Vorliebe für Objekte, die dem wohlhabenden Sammler vorbehalten sind.

Death Star Tourbillon PRS1

Death Star Tourbillon PRS1

Quelle: PD

Der Stern von Darth Vader

Die Uhren selbst verwenden ein einzigartiges Kaliber, ein zentrales Tourbillon, gespickt mit Erfindungsreichtum und in einem einzigartigen Gehäuse untergebracht – kieselsteinförmig, ohne Bandanstösse, mit einer Saphirkuppel. Ein Spielfeld, auf dem das Team bereits alle möglichen Motive verewigt hat: den Basketball von Space Jam, den schwarzen Stern von Darth Vader, den Projektor von Batman und die Lotusblume von Alain Silberstein. Ganz zu schweigen von einigen Sonderanfertigungen für Sammler, die verstanden haben, dass Gland eine gute Adresse geworden ist, um sich ein lizenziertes Sammlerstück nach Mass anfertigen zu lassen.

Reservoir an Energie

Was das zentrale Tourbillon betrifft, so hat es eine Geschichte, die von Marco Tedeschi geschrieben wurde. Er wurde, wie erwähnt, ins Uhrenmilieu geboren, also entschied er sich für eine Ausbildung zum Uhrmacher. Ergänzt hat er sie durch ein Ingenieurstudium, welches er mit einer Diplomarbeit über das Zentraltourbillon abschloss.

Die Konstruktion ist so speziell, dass die Ingenieurschule das Patent mit angemeldet hat. Doch seither ist es nicht erneuert worden und mithin frei. Das Tourbillon verfügt über eine Gangreserve von sieben oder acht Tagen – bewusst auf fünf Tage begrenzt –, dank eines überdimensionierten Federhauses, das grösser als die Platine ist.

Auf der Zifferblattseite zeichnet sich das Uhrwerk neben dem Tourbillon im Zentrum durch eine grosse periphere Minuterie aus. Die gesamte Bedienung ist auf die Rückseite verlagert, wo ein versenkbarer Hebel das Federhaus aufzieht und die Uhrzeit durch Betätigen eines Drückers an der Gehäuseseite einstellt – die Uhr kommt also ohne Krone aus. Marco Tedeschi hatte das Tourbillon Jean-Claude Biver vorgeschlagen, der ihn daraufhin bei Hublot einstellte. Es wurde nicht entwickelt, aber Tedeschi blieb als Produktmanager. Dann wurde er Leiter der Märkte des Nahen Ostens und Afrikas, wechselte als Chef zur Marke RJ, bevor er mit ehemaligen RJ-Managern Kross Studio gründete.

Dieser Artikel erschien zuerst bei "Watch Around"

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