Letzte Woche war ich am Grand Prix de l’Horlogerie de Genève (GPHG) mit dabei, kurz davor bei den Temporis International Awards (TIA) in Zürich. Beide Events haben zum Ziel, das jeweils Beste aus dem aktuellen Uhrenschaffen herauszufiltern und mit einer Trophäe zu adeln. Dann sind die Gemeinsamkeiten aber auch schon erschöpft.

Der grösste Unterschied: Am GPHG melden die Uhrenmarken Zeitmesser kostenpflichtig für den Wettbewerb an. Die GPHG-Akademie mit 827 Mitgliedern – Uhrenkenner aus aller Welt – nominiert jeweils sechs Uhren pro Kategorie, insgesamt 90. Daraus bestimmt schliesslich eine 30-köpfige Jury, welcher Zeitmesser die begehrte Trophäe – sie gilt als Oscar der Uhrenbranche – erhält. 

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Bei den TIA hingegen bestimmen 23 unabhängige Fachleute die interessantesten Modelle in 12 Kategorien, darunter zeitgeistige wie «Start up» und «Nachhaltigkeit», aber auch Tieffliegendes wie «Smartwatches» und «Die beste Quarzuhr für Damen». Über die beiden letzteren mögen Puristen die Nase rümpfen, auf dem Weltmarkt sind beide Schwergewichte, mindestens in Sachen Umsatz. Am Ende bestimmt das Publikum in jeder Kategorie die Siegeruhr. 

Am diesjährigen TIA kamen neben Luxusuhrenherstellern wie Patek Philippe (die Luxusmarke aus Genf nimmt wie auch Rolex und alle Swatch-Group-Marken nie am GPHG teil), Chopard, IWC, Parmigiani und TAG Heuer auch Marken wie Frédérique Constant, Longines und Seiko zu Ehren. Alle Gewinneruhren sehen Sie hier. Im Interview erklärt der TIA-Initiator Dan Vardie das Konzept der Awards. Der 59-jährige lancierte vor 13 Jahren in seiner Heimat Rumänien die Zeitschrift «Temporis», mit der er gemäss Medienmitteilung ein unabhängiges und authentisches Medium in Europa auf den Markt bringen wollte mit dem erklärten Ziel, Fans zu befeuern und Novizen in die Uhrmacherei zu locken. 

Was ist die Idee hinter den Temporis International Awards?

Einen globalen Wettbewerb für alle Uhren der Welt mit einem zeitgenössischen Ansatz zu veranstalten.

Wie sind Sie darauf gekommen? 

Wir haben erkannt, dass sich die Branche in Richtung Modernität entwickelt. Die grossartigsten Komplikationen werden zeitgeistig interpretiert. Auch wollten wir Kategorien, die näher am Alltag der Mehrheit Menschen sind, die Uhren kaufen – und tragen. Wir prämieren beispielsweise die «Beste Herrenuhr für den Alltag» und auch die «Beste Damenuhr für den Alltag». 

Das heisst, Sie stellen Uhren für ganz gewöhnliche Menschen ins Scheinwerferlicht und nicht nur Uhren für Sammler und Connaisseurs. Wer wählt die Uhren aus, die aufs Ticket kommen?

Eine völlig unabhängige Jury, Sponsoring durch die Uhrenindustrie haben wir in jeder Phase des Wettbewerbs ausgeschlossen. Die Jury nominiert in jeder unserer Kategorien sechs Uhren fürs Finale. Das letzte Wort hat schliesslich das Publikum: Uhrenbegeisterte Menschen aus der ganzen Welt stimmen ab und bestimmen schliesslich die Siegeruhr pro Kategorie. Dieser Wettbewerb ist in erster Linie für die Konsumentinnen und Konsumenten gedacht, für Menschen, die sich für Uhren aus der ganzen Welt begeistern und die wie wir alle dafür arbeiten, sich eine Uhr leisten zu können.  

Was für ein Standing haben Ihre Awards in der Branche? 

Die Reaktion der Branche auf die Preise war von Anfang an sehr positiv.

Warum?

Weil das Konzept, dass Fachleute Uhren nominieren und dann die Öffentlichkeit die Gewinner bestimmt, einzigartig sowie weit und breit der objektivste und unabhängigste Ansatz ist. 

Wie steht es um den Respekt in der Branche?

Die Antwort gibt unsere «Hall of Fame» mit 28 Koryphäen. Sie sind die besten Uhrmachermeister, Designer und Erfinder der Haute Horlogerie, allesamt Legenden. Einige dieser Persönlichkeiten sind auch Mitglieder der Jury, wie Philippe Dufour, Romain Gauthier, Kari Voutilainen oder Jean-Marc Wiederrecht. Mit ihnen im Boot erlangt unser Konzept Jahr für Jahr mehr Renommée. 

Was ist das Beste an den TIA? 

Uhrenliebhaber wissen es zu schätzen, dass es einen Wettbewerb gibt, der ihre Meinung, ihre Sichtweise und Perspektive auf Uhren berücksichtigt und dass ihre Stimme zählt wie in einer Demokratie. Man wird gefragt, stimmt ab. Im Unterschied zur Politik, wo manchmal nicht die Besten zur Wahl stehen, ist unsere Selektion dank unserer Jury «kugelsicher». 

Was für ein Verhältnis haben Sie und Ihre Awards zum GPHG? 

Ich persönlich bin Mitglied der GPHG-Akademie. Wir von den TIA haben grossen Respekt vor dem GPHG, der ein älterer Wettbewerb ist als unserer und auch ein völlig anderes Konzept hat. Die Formel ist anders und teils auch die Perspektive. Trotzdem enden unsere Wettbewerbe nicht nur mit unterschiedlichen Ergebnissen, sondern immer wieder mit ähnlichen, gar gleichen.

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