Das Angebot des CEO-Postens bei der Luxusuhrenmarke Audemars Piguet (AP) kam für Ilaria Resta (50) zur Unzeit: Sie hatte beim fusionierten Duftstoffhersteller DSM-Firmenich erst gerade in der Konzernleitung Platz genommen – als eine der wenigen Firmenich-Überlebenden. Anderseits ging für sie damit der Traum in Erfüllung, endlich die höchste Stufe auf der Karriereleiter zu erklimmen. Resta übernimmt AP nach einer Dekade rasanten Wachstums und in Höchstform. Sie hat angekündigt, das Unternehmen erst einmal festigen zu wollen und die Marke für Frauen und die Generation Z attraktiver zu machen. Wer sie kennt, traut ihr das alles zu, schwärmt von ihrer Strahlkraft, beschreibt sie als ambitioniert, aber nicht stur, als führungsstark, aber nicht dominant. Sie selbst sagt, sie sei ein offenes Buch und was sie für die Höchstform brauche, seien «Love, Learn and Legacy». Das mit der Liebe ist Teil der DNA von AP. Zu lernen gibt es für die Quereinsteigerin viel. Ihre «Legacy» dürfte für sie, die das ganze Leben lang Konsumgüter gepusht hat, aber zur Geduldsprobe werden: Bei Uhrmacherei auf AP-Niveau ist vieles eine Frage der Zeit. Was ihr im neuen Job von früher fraglos zugutekommt: Sie hat gelernt, Dinge, die eigentlich niemand braucht, begehrenswert zu machen.

Die Familie

Ilaria Resta, italienisch-schweizerische Doppelbürgerin, ist verheiratet mit dem Italiener Sandro Grigolli (57). Er verantwortet als Executive Vice President der Global Semiconductor Alliance, eines Verbunds der globalen Halbleiterindustrie, die Aktivitäten in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika. Die beiden haben zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter im Teenageralter. Resta wohnt seit 20 Jahren in der Schweiz und hat sich mit ihrer Familie in der Genferseeregion niedergelassen. Die gemeinsame Leidenschaft des Quartetts: Reisen, insbesondere nach Asien, und das nicht mit fünf Sternen, sondern mit Backpack. Das erzählt sie nicht selbst – ihr Privatleben hält die 50-jährige AP-Chefin privat –, sondern Leute aus ihrem Bekanntenkreis. Zudem: Resta ist offenbar eine passionierte Tennisspielerin. Den Sport betreibt sie seit vielen Jahren und beherrscht ihn dem Vernehmen nach nicht nur ganz ordentlich, sondern nimmt sich auch regelmässig die Zeit dafür.

 

Die Mitstreiter

Da Ilaria Resta ausserhalb der Branche Karriere gemacht hat, startet sie in die Uhrenwelt ohne Connections und frei von Verstrickungen. Den Job hat sie weder leichtfertig angenommen noch bekommen: Ihrer Wahl sind unzählige Gespräche vorausgegangen zwecks gegenseitigen Kennenlernens. Heute weiss die 50-Jährige den Verwaltungsrat unter Präsident Alessandro Bogliolo – er hat den Posten von Jasmine Audemars 2022 übernommen, davor war er CEO von Tiffany – sowie auch die AP-Besitzerfamilie, vertreten durch Olivier Audemars, geschlossen hinter sich. Resta ist in guter Frauengesellschaft: In Nord- und Südamerika lenkt seit 2021 Ginny Wright, eine Quereinsteigerin, die von L’Oréal kam. Auch im Fernen Osten ist AP in Frauenhand: Stefanie Ng führt den südostasiatischen Markt, Peggy Hu ist CEO in Hongkong und Greater China. Einen ihrer Mitstreiter kannte Resta schon, als sie letzten August unter den Fittichen von François-Henry Bennahmias bei AP startete: Eric Saracchi. Er ist Chief Digital Transformation and Information Officer. Das war er auch bei Firmenich: Er hat den Dufthersteller ins Digitale übergeführt. Dieses Know-how dürfte für Restas Zukunft bei AP Gold wert sein. Seitens AP bestehen enge Banden zu Richard Mille, da an der Marke beteiligt. Resta wird weiter mit Starbotschaftern wie Mark Ronson und Serena Williams arbeiten sowie Kollaborationen wie jene mit John Mayer oder Tamara Ralph pflegen und natürlich mit dem Montreux Jazz Festival von CEO Mathieu Jaton. AP ist da globaler Partner.

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Alessandro Bogliolo, Eric Saracchi, Olivier Audemars (v.l.).

Quelle: François Wavre/lundi13

Die Gegenspieler

Wer sich eine AP leisten kann, zieht auch eine Uhr von Thierry Stern, Inhaber von Patek Philippe, Louis Ferla, CEO von Vacheron Constantin, oder Guido Terreni, CEO von Parmigiani, in Betracht. Dass die Nachfrage nach APs das Angebot chronisch übertrifft, spielt der anderen Frau an der Spitze einer Luxusuhrenmarke, Catherine Rénier, CEO von Jaeger-LeCoultre, ebenso in die Karten wie Benjamin Comar, CEO von Piaget. Erfolgreich sind auch Cyrille Vigneron, CEO von Cartier, und Raynald Aeschlimann, CEO von Omega. Unter die Top 5 will erklärtermassen Georges Kern, CEO von Breitling, und auch bei TAG Heuer sitzt mit Julien Tornare neu höchste Ambition am Hebel. Über ihnen allen thront Jean-Frédéric Dufour, CEO von Rolex.

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Catherine Rénier, Jean-Frédéric Dufour (M.), Thierry Stern.

Quelle: François Wavre / lundi13

Das Erbe

Es war François-Henry Bennahmias, aka FHB, der aus der Marke aus Le Brassus das gemacht hat, was sie heute ist: Gemäss Morgan Stanley und LuxeConsult erwirtschaftet AP inzwischen einen Umsatz von 2,35 Milliarden Franken und ist die viertstärkste Marke im Land. FHB hat 2012 von der Präsidentin Jasmine Audemars das Zepter erhalten mit dem Auftrag, AP gross zu machen, was er selbst gern als «mutig» bezeichnete. Die Patronne liess ihn dann auch eigene Wege einschlagen. Ein paar Schlaglichter: Er ist aus der Uhrenmesse (damals SIHH, heute Watches & Wonders) ausgestiegen, hat das Vertriebsnetz von 373 auf weltweit 92 Outlets miniaturisiert, darunter 20 «AP House» genannte Monobrand-Stores, wo AP heute rund 90 Prozent des Umsatzes erzielt. Den Umsatz hat er vervierfacht, die Belegschaft auf knapp 3000 Mitarbeitende verdoppelt. AP stellt im Jahr 50 000 Uhren her. In der bald fertiggestellten Fabrik «The Arc» in Le Brassus, wo mehrere Produktionsstätten unter einem Dach vereint werden, kann der Output auf 70 000 Stück steigen: fast alle vom Modell Royal Oak, das rund 90 Prozent des Umsatzes einspielt, die 2019 eingeführte Zweitmarke Code 11.59 gut zehn Prozent. Resta siehts positiv: «Mir ist lieber, nach so jemandem zu übernehmen als nach jemandem, der ein Ruinenfeld hinterlässt.»

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François-Henry Bennahmias, Jasmine Audemars.

Quelle: François Wavre / lundi13

 

Die Karriere

Ilaria Resta ist in Neapel geboren und aufgewachsen, hat dort an der Uni Wirtschaftswissenschaften und Marketing studiert und mit einem Master of Financial Mathematics abgeschlossen. Danach machte sie während 22 Jahren und sieben Monaten bei Procter & Gamble (P&G) Karriere. Sie kümmerte sich mitunter um die Vermarktung von Waschmitteln und Pflegeprodukten, restrukturierte Duracell und schaffte in den USA als Vice President Hair Care den lang ersehnten Turnaround. Sie pflegt enge Beziehungen aus dieser Zeit, etwa zu Patrice Louvet, damals Chef der P&G-Beauty-Division und heute CEO von Ralph Lauren, oder zu Stefano Volpetti, heute Präsident der Smoke-free-Division von Philip Morris. 2020 wechselte sie zu Firmenich. In Genf arbeitete sie eng mit dem damaligen CEO, Gilbert Ghostine (heute VRP von Sandoz), sowie dem Präsidenten Patrick Firmenich zusammen und kreierte für Jean-Christophe Babin, CEO von Bulgari, Parfums wie auch für den Estée-Lauder-Konzern, der von ihrem langjährigen Bekannten Fabrizio Freda, wie sie bei P&G gross geworden, geführt wird. Nach der Fusion von Firmenich mit DSM wurde Resta Chefin des weltweiten Parfum- und Beauty-Geschäfts. Von da holte sie Cornelia Tänzler, Managing Director bei Russell Reynolds, dann zu AP.

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Patrice Louvet (l.), Jean-Christophe Babin.

Quelle: François Wavre / lundi13
Iris Kuhn Spogat
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